Breitband-Werbung

Kabel Deutschland: Brief-Werbung "an alle Bewohner" teilweise unzulässig

Nachdem Kabel Deutschland in einem Wohngebiet das TV-Kabelnetz mit schnellem Internet nachgerüstet hat, erhalten die Anwohner Werbebriefe mit der Adressierung "An alle Bewohner des Hauses...". Das OLG München hat diese Praxis nun in einem Fall für unzulässig erklärt.
Von

Beispiel für einen teiladressierten Werbe-Brief mit beiliegendem Prospekt Beispiel für einen teiladressierten Werbe-Brief mit beiliegendem Prospekt
Grafik: Kabel Deutschland, Scan: teltarif.de / Alexander Kuch
Der Kampf um potenzielle Breitbandkunden treibt manchmal seltsame Blüten. Einer der wichtigsten Konkurrenten der Telekom und anderer Provider, die das Telefonnetz mit VDSL aufrüsten, ist Kabel Deutschland. Der TV-Kabelprovider hat mittlerweile über 90 Prozent seiner TV-Kabelanschlüsse internetfähig gemacht und darum natürlich auch ein wirtschaftliches Interesse, möglichst viele dieser potenziellen Kunden für sein Breitband-Internet-Angebot mit bis zu 100 MBit/s zu gewinnen.

Insbesondere nach der Umrüstung auf schnelles Internet landen in den Briefkästen der Anwohner im Ausbaugebiet Briefe mit der Aufschrift "An die Bewohner des Hauses..." ohne die Angabe eines Namens. Danach folgen die exakte Straße mit Hausnummer sowie Postleitzahl und Wohnort. Zugestellt werden die Briefe vom Briefträger der Deutschen Post. Doch was passiert, wenn ein Verbraucher dieser Werbung widerspricht? Das OLG München hat nun in einem aktuellen Fall entschieden.

Unzufriedener Anwohner hat Werbung per E-Mail widersprochen

Beispiel für einen teiladressierten Werbe-Brief mit beiliegendem Prospekt Beispiel für einen teiladressierten Werbe-Brief mit beiliegendem Prospekt
Grafik: Kabel Deutschland, Scan: teltarif.de / Alexander Kuch
Am 5. Dezember befasste sich das Oberlandesgericht München unter dem Aktenzeichen 29 U 2881/13 mit der Sache. Das Gericht verurteilte Kabel Deutschland dazu, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, weiterhin solche Werbung an einen Verbraucher zu senden, obwohl dieser den Erhalt von Werbung nicht wünscht. Geklagt hatten der Dachverband der Verbraucherzentralen und weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland.

Die Geschichte begann folgendermaßen: Kabel Deutschland versandte an Herrn S. ein an diesen persönlich adressiertes Schreiben, in dem der Provider ihm den Anschluss ans Hochleistungs-Kabelnetz anbot. Wenige Tage später antwortete Herr S. nicht gerade schmeichelhaft: "Sie wollen mich mit Schreiben vom 23. Mai 2012 zu einem Wechsel von DSL ins Hochleistungs-Kabelnetz mit Glasfaser überreden. Dies wird Kabel Deutschland nach meinen katastrophalen Erfahrungen mit dem Service nicht mehr gelingen. Kabel Deutschland hatte mir – als mehrjähriger Kunde – einen 12-tägigen TOTEN Anschluß zugemutet und dann telefonisch erklärt, ich müsse für die Fehlerbeseitigung doch wohl etwas Geduld aufbringen !!!! Selbst wenn mir Kabel Deutschland den o.a. Anschluß dauerhaft schenken würde, ein Wechsel kommt für mich NIE mehr infrage. Bitte verschonen Sie mich zukünftig mit Werbung u.a."

Kabel Deutschland bestätigte daraufhin dem Verbraucher, dass die personenbezogenen Daten künftig nicht mehr für werbliche Zwecke verarbeitet oder genutzt würden. Dazu sei die Adresse von Herrn S. in die interne Sperrliste aufgenommen worden. Der Provider versprach, personalisierte Postwerbung sowie E-Mail-Werbung abzustellen.

Urteil: Werbeverbot nach Widerspruch auch für teiladressierte Briefe

Der Werbe-Brief von Kabel Deutschland im Briefumschlag als Postwurfspezial Der Werbe-Brief von Kabel Deutschland im Briefumschlag als Postwurfspezial
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Nach diesem Schriftwechsel erhielt Herr S. im weiteren Verlauf des Jahres 2012 noch fünf weitere Postwerbesendungen, allerdings nicht mit seinem Namen, sondern mit der Adressangabe "An die Bewohner des Hauses...", woraufhin die Verbraucherverbände den Provider abmahnten. Eine erste Klage vor dem Landgericht wurde abgewiesen, das Oberlandesgericht urteilte, die Berufung sei teilweise begründet. Der Begriff "postalische Werbung" umfasse sowohl vollständig adressierte Werbeschreiben als auch teiladressierte Postwurfsendungen, die Kabel Deutschland als "Briefkastenwerbung" bezeichnet. Der Kläger habe sich gegen beides gewandt.

Mit Übersendung der teiladressierten Postwurfsendungen habe der Provider dem Verbraucher S. im Sinne des Paragraf 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG Werbung unter Verwendung eines für den Fernabsatz geeigneten kommerziellen Kommunikationsmittels übersandt, obwohl er dies erkennbar nicht wünschte. Der E-Mail-Widerspruch des Verbrauchers lasse nicht darauf schließen, dass sich der Widerspruch nur gegen Werbung durch vollständig adressierte Briefe richtete.

Im vorliegenden Fall sei noch erschwerend dazugekommen, dass der Kabel-Provider dem Verbraucher S. exakt das gleiche Angebot, das er ihm zunächst mittels vollständig adressierten Briefs übermittelt hat, nach seinem E-Mail-Widerspruch noch zweimal mittels teiladressierter Postwurfsendung geschickt habe. Aufgrund der deutlichen E-Mail sei für den Provider somit erkennbar, dass der Verbraucher S. keine Werbung mehr erhalten wollte, auch wenn er seinen Briefkasten nicht entsprechend gekennzeichnet hatte.

Kann Kabel Deutschland die Zustellung des Briefs überhaupt verhindern?

Die Revision gegen das jetzige Urteil ist nicht zulässig. Die Rechtssache hat nach dem Urteil des Gerichts keine grundsätzliche Bedeutung, sondern ist nur auf den Einzelfall bezogen.

Auf Anfrage teilte Kabel Deutschland gegenüber teltarif.de zu dem Urteil mit: "Das von Ihnen zitierte Urteil befasst sich mit Werbeschreiben von Kabel Deutschland an nicht namentliche adressierte Hausbewohner. Das Unternehmen hat das Urteil des OLG München zur Kenntnis genommen und befindet sich aktuell in der Umsetzungsphase. Selbstverständlich wird sich Kabel Deutschland an dem durch das Urteil konkretisierten Rechtsrahmen orientieren. Da sich die endgültige Umsetzung noch in der Klärung befindet, können wir Ihnen Stand heute hierzu noch keine konkreteren Angaben machen."

Es bleibt also vorerst offen, ob Kabel Deutschland den Versand derartiger Briefe komplett unterlässt oder nur im beschriebenen Einzelfall. Völlig unklar bleibt allerdings, wie Kabel Deutschland verhindern will, dass der Postbriefträger das Massenschreiben trotzdem in den Briefkasten des Verbrauchers steckt, auch wenn dieser keinen Aufkleber "keine Werbung" dort angebracht hat. Denn der Briefträger kann wohl kaum über den vorliegenden Rechtsstreit unterrichtet sein.

Mehr zum Thema Vodafone (Kabel)