Vodafone: Kundenzahlen "bei Licht" betrachtet
Eine provisorische mobile Funkstation von Vodafone im Hochwassergebiet.
Foto: Vodafone
Die zuletzt gemeldeten Quartalszahlen bei Vodafone sahen auf den ersten Blick gut aus. Wenn man sich aber die Detailzahlen anschaut, trübt sich das Bild.
60 Millionen SIM-Karten?
Eine provisorische mobile Funkstation von Vodafone im Hochwassergebiet.
Foto: Vodafone
Im Mobilfunk meldet Vodafone beachtliche 60 Millionen SIM-Karten. Das sind aber nicht alles SIM-Karten in Kundenhandys, sondern viele davon befinden sich in Maschinen, Sensoren, Containern oder Fahrzeugen. Unter dem Titel "Kundenanschlüsse Mobilfunk" nennt Vodafone eine Zahl von 30,198 Millionen Kunden (Q1 20/21), die auf 30,927 Millionen (Q1 21/22) anstieg.
Der Anteil der Mobilfunkvertragskunden sank dabei kontinuierlich von 62,1 Prozent (Q1 20/21) auf 61,4 Prozent (Q1 21/22). Während zunächst die Anzahl der neuen Verträge noch um bis zu 181.000 (Q2 20/1) stieg, sind erstmalig unterm Strich -27.000 "neue" Kunden gekommen, d.h. die Kundenbasis ist um 27.000 nach Abrechnung von Kündigungen und Neuverträgen spürbar abgesunken.
Prepaid: 148.000 Nutzer?
Dafür erreichte die Zahl der neuen Prepaid-Kunden mit plus 148.000 Karten/Kunden einen neuen Höchstwert. Nun kann man rätseln, ob all diese Prepaid-Karten genutzt werden, ob die Kunden bewusst dort hin gewechselt sind, weil sie die gebotenen Prepaid-Tarife attraktiver (günstiger) finden. Oder ob gekündigte Rufnummern automatisch in Prepaid umgebucht wurden, damit die Kunden-Zahlen nicht ganz so "schlecht" aussehen.
Wirkt sich Berichterstattung auf Bestandskunden aus?
Ungeklärt bleibt auch die Frage, inwieweit die immer vorkommende Berichterstattung über Probleme bei der Kundenbetreuung oder beim "Neukundengeschäft" von Vodafone (Haustürverkäufe, "untergeschobene" Verträge) sich auf Bestandskunden auswirkt. Würde ein Kunde nur wegen der Berichterstattung seinen Anschluss kündigen? Oder sind es eher persönliche Erlebnisse und Empfindungen (unfreundlich an der Hotline oder im Laden behandelt, andauernde Netzstörung oder schlechte Netzversorgung vor Ort)? Offenbar haben diese Berichte keine so durchschlagende Wirkung, weil Vodafone längst dabei ist, seine Probleme zu lösen und seine Kunden zufriedenzustellen. Sind alle diese Berichte also die Spitze eines abschmelzenden Eisbergs?
Es gibt viel zu tun
Aufgaben sind das Nachholen versäumter Netzaufrüstungen (z.B. 4G und künftig auch 5G) oder das Stopfen von Funklöchern, wo Vodafone bisher gar nicht vertreten war. Auf der Gegenseite sind die Kunden, die nicht bereit sind, mehr als 10 oder höchsten 20 Euro im Monat für ihr Handy mit Vertrag zu bezahlen, dafür aber einen Mega-Service bei bester Netzabdeckung erwarten und das neueste Spitzen Smartphone noch kostenlos dazu.
Schwierigkeiten im Festnetz
Auch im Festnetz hat es Vodafone nicht einfach. Nach dem Aufkauf von Kabel-Deutschland und jetzt Unitymedia, das zuvor wiederum Kabel BW gekauft hatte, muss die komplette Technik angeglichen und angepasst oder besser ganz neu aufgebaut werden. Das gibt's auch nicht zum Schnäppchen-Preis. Wenn dann liebgewordene Programm-Inhalte einfach so abgekündigt werden, sorgt das für Frust.
Neues TKG könnte Kundenschwund bringen
Und nun droht ab 1. Dezember 2021 das neue TKG, das den Mietern in den nächsten Jahren einen gesetzlichen Ausstieg aus unbeliebten Kabel-TV-Mietverträgen erlaubt und der Vodafone einen spürbaren Kundenverlust bringen dürfte.
Mehr Festnetz, weniger TV-Kunden
Im Festnetz stieg die Kundenzahl von 10,8 knapp auf 10,9 Millionen (Q1 20/21 zu Q1 21/22), aber die Nettozuwachswerte gingen spürbar zurück. Bei den TV-Kunden beißt die Maus keinen Faden ab: Da ging es von 13,5 auf 13,4 Millionen Kunden unterm Strich hinunter. Klar, wer kündigt, kommt vielleicht sofort wieder, wenn ihm das Angebot attraktiv erscheint. Aber es dürfte auch einige Kunden geben, die mit Netzstörungen zur Hauptsendezeit nicht mehr leben wollten und auf einen anderen Leitungsanbieter oder eine Satellitenschüssel umgestiegen sind oder nur noch per Internet TV schauen.
Hier ist Vodafone dabei, durch Netzaufrüstungen seines Kabel-Glasfasernetzes die teilweise erbosten Kunden zufrieden zustellen. Oft gibt es zum Koax-Kabel keine Alternative, weil die Telekom höchstens DSL 16.000 liefern kann oder andere Anbieter auf die Leitungen der Telekom angewiesen wären.
Mehr Konkurrenz?
Wenn das Netz von 1&1 irgendwann an den Start geht, könnte das eine weitere spürbare Konkurrenz für Vodafone werden, da sicherlich auch geplant ist, auf 5G-Basis die letzte Meile bis in die Wohnung zu realisieren, sofern die Funkversorgung dafür ausreicht. Angebote wie SIMon Mobile sind eine reine Verzweiflungstat, um wenigstens die preissensitiven Kunden im Netz zu halten, bevor sie alle zu anderen Tiefstpreis-Discountern abwandern.
Wenn ein Anbieter seine Preise erhöht, hat der Kunde Möglichkeiten.