Netzausbau: TK-Anbieter wollen Geld von Netflix & Co.
16 europäische Telekomunternehmen fordern erneut eine Beteiligung der großen Internet-Content-Anbieter an den Kosten für den Netzausbau. Im Blick liegen zum Beispiel die großen US-Anbieter wie Google (Alphabet Inc.), Facebook (Meta) oder Netflix. Die sind nach fester Überzeugung der Netzbetreiber "für mehr als die Hälfte des Internetverkehrs verantwortlich". Dafür sollten sie (wenigstens) einen Teil der Kosten für die Aufrüstung der Netze tragen.
Dazu haben diese Telekommunikationsanbieter eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Die bekanntesten Namen auf dem Papier sind Deutsche Telekom, Orange (ehemalige France Télécom) Telefónica (Spanien, Deutschland etc.) und die weltweit agierende Vodafone Group.
Orange, Telekom, Telefónica, Vodafone u.a. gegen Google, Meta und Netflix
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Neue Kostenfaktoren
Waren bisher explodierende Datenmengen der Grund, haben die Netzbetreiber jetzt noch neue Argumente nachgelegt: Die Einhaltung der EU-Klimaziele und aktuell steigende Preise bei der Energiebeschaffung. "Die Preise für Glasfaserkabel haben sich im ersten Halbjahr 2022 fast verdoppelt", heißt es in dem Papier. Und die Branche würde jährlich schon rund 50 Milliarden Euro in die Infrastruktur investieren, aber das Geld reicht nicht.
Ablehnung bei Google & Co.
Die Adressaten sind erwartungsgemäß anderer Ansicht. Google stellt lapidar fest: "Die Argumente sind dieselben wie vor zehn Jahren und an der Ausgangssituation hat sich nichts geändert", bügelt Matt Brittin, der Europachef von Google, das Ansinnen ab. "Die Idee, ein 'Wer sendet, bezahlt'-Prinzip einzuführen, ist nicht neu und würde viele Grundsätze des offenen Internets infrage stellen", gab er zu bedenken.
EU plant neues Gesetz
Dass die Debatte erneut hochkocht, liegt an einem Vorstoß der EU-Kommission. Diese untersucht im Augenblick, was gesetzlich geregelt werden könnte. Technologie-Unternehmen, die vor allem mit Inhalten und Diensten Geld verdienen, könnten dazu verdonnert werden, sich an den Kosten für den Ausbau von Festnetz (neue Glasfasern) und Mobilfunk (5G Ausbau) in allen 27 Ländern der Europäischen Union zu beteiligen.
Die Gefahr daran ist, dass diese zahlenden Unternehmen dann im Gegenzug eine "Bevorzugung" Ihrer Inhalte und Angebote verlangen könnten. Das würde wiederum der Netzneutralität gewaltig widersprechen oder kleine Anbieter benachteiligen.
Welche Alternativen gäbe es?
Eine Alternative, die Internet-Zugangskosten für die Endkunden zu erhöhen, dürfte ausscheiden, da der Markt extrem preissensibel ist. Eine Preiserhöhung wäre auch ungerecht, weil alle Kunden für Inhalte zahlen müssten, die sie möglicherweise gar nicht konsumieren wollen.
Eine Bezahlschranke oder eine Preiserhöhung bei Inhalte-Anbietern wie Meta/Facebook, Netflix, Youtube etc. wäre für alle diejenigen fair, die diese Inhalte nicht nutzen möchten. Sie wird aber bei der Mehrheit der Nutzer nicht auf Begeisterung stoßen oder den Inhalte-Anbietern sogar Kunden entziehen.
Technologie-Unternehmen geben auch Geld aus
Die angepeilten Unternehmen hatten schon in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass sie bereits massiv investiert haben, um Inhalte "effizienter" bereitzustellen. Das bedeutet, die Inhalte-Anbieter transportieren die Inhalte über eigene Leitungen zu eigenen Servern nach Europa und liefert sie dann direkt in die entsprechenden Netze ein.
Google hat vergangenes Jahr angekündigt, bis 2030 rund eine Milliarde Euro in Deutschland zu investieren. Geplant sind zwei Rechenzentren bei Hanau und in Berlin. Meta/Facebook hat beispielsweise bei der japanischen Firma NEC ein zweites Facebook-Kabel durch den Atlantik bestellt.
Die EU plant eine Updatepflicht für viele Geräte.