Nachgehakt

LG V30: Videoeffekte wie bei Profis

Sehr viel Zeit verwendete LG bei der Präsentation des LG V30 mit der Kamera. Erst bei näherem Hinschauen wird ersichtlich, dass dem Konzern tatsächlich ein kleines Meisterstück der mobilen Videografie gelungen ist.
Von Stefan Kirchner

Evolution statt Revolution lautet seit einiger Zeit das Kredo der Mobilfunk-Branche, sieht man von größeren Neuerungen wie Full-Screen-Design oder den Versuchen modulare Konzepte umzusetzen, mal ab. Wirklich disruptive Entwicklungen gibt es vorerst einfach nicht. Stattdessen wird an den kleinen Dingen eines Smartphones gefeilt, wie es LG mit dem V30 macht.

LG V30

Denn viel Zeit während der offiziellen Präsentation am 31. August im Maritim Hotel Berlin veranschlagte der Konzern für das Thema mobiler Videografie. Wie wichtig dieser Aspekt des Android-Smartphones für LG ist, zeigt unter anderem David Franco, seines Zeichens Director of Photography bei den Produktionen Boardwalk Empire, Game of Thrones, Desperate Housewives und dem Action-Thriller Crime is King. Geballte Erfahrung im Bereich Videografie sozusagen.

Er zeigte sich beeindruckt von den cineastischen Möglichkeiten der V30-Kamera, was sich neben der Bildqualität auch mit auf die Funktionen der Software bezog. Wir hatten die Gelegenheit während der IFA mit Christoph Marschall, Technical Manager of LG Electronics Europe Research & Development, über das V30 und dessen technische Besonderheiten zu reden.

Color Grading mobil

LG V30 Zwei Sensoren mit Crystal-Clear-Lense-Technologie bilden das Grundgerüst des V30
Foto: teltarif.de / Stefan Kirchner
Ohne ordentliche Hardware ist auch die beste Software nicht in der Lage, vernünftige Ergebnisse zu liefern. Daher hat LG im V30 die verbaute Dual-Kamera verglichen zum Vorgänger LG V20 und dem LG G6 bedeutend verbessert. Ein Sony IMX351 Fotosensor mit 16 Megapixel Auflösung und einer f/1.6 Blende stellt die primäre Hauptkamera. Die sekundäre Haupt-Kamera löst mit 13 Megapixel auf, hat eine f/1.9 Blende und ein Weitwinkel­objektiv mit 120 Grad Sichtbereich. Je kleiner der Blendenwert, umso mehr Licht wird vom Bildsensor aufgenommen und umso kräftiger wirkt das Ergebnis. Daher nimmt das V30 aufgrund seiner großen Blende verglichen zum G6 bis zu 25 Prozent mehr Licht auf. Zusätzlich sorgt die Glas-Linse mit der griffigen Bezeichnung Crystal Clear Lense für unverfälschtes Licht, was zusammen mit der Unterstützung für 10-Bit HDR den großen Sprung in Sachen Bildqualität erklärt.

Was schon auf dem Datenblatt beeindruckend klingt, entfaltet seine ganze Magie durch die Software, namentlich der Cine-Modus. Diverse Profile sorgen für ganz unterschiedliche Stimmungen der Aufnahmen, so wie man es aus dem Kino her kennt. Farben und Kontraste werden basierend auf dem gewählten Profil entsprechend in Echtzeit angepasst. Allerdings sind das keine einfachen Filter, die über das Video gelegt werden. Vielmehr handelt es sich um das sogenannte Color Grading und damit eine Technik, die auch bei der professionellen Filmproduktion eingesetzt wird. LG V30 Graphy nennt sich die Funktion der vorgefertigten Farbprofile
Foto: teltarif.de / Stefan Kirchner
Hierbei wird der Datenstrom mittels spezieller Colorisierungs­profile vom Bildsensor direkt angepasst. Bei einem einfachen Filter wird das Ergebnis schlicht im Nachhinein neu eingefärbt, was aufgrund der Umwandlung mit den neuen Farbwerten zu einer negativen Beeinflussung der Bildqualität führt. Zu beachten ist, dass Color Grading kein Standard ist, sondern lediglich ein künstlerisches, weil sehr subjektives Empfinden der Farbabstimmung ist. Dennoch hat diese Kunst der Filmproduktion einen großen Einfluss auf die Stimmung eines Filmes.

Maßgeschneiderte Profile vom PC

Was die Sache mit dem Color Grading auf dem LG V30 noch eine ganze Spur interessanter macht, ist die Verknüpfung mit dem PC. Auch wenn mit 15 Profilen die Auswahl ab Werk schon ausreichend groß ist, lassen sich weitere Profile hinzufügen. Über die Graphy-Plattform stehen weitere Profile zur Verfügung und es lassen sich auch eigene Profile erstellen. Laut Christoph Marschall können mit den Programmen DaVinci Resolve oder Adobe Premiere erstellte Color-Grading-Profile problemlos mit der Kamera des LG V30 verwendet werden.

Videografie-fokussierte Funktionen

Abgesehen vom Color Grading haben die Ingenieure von LG noch weitere Tricks in die Kamera-Software eingebaut. Dazu gehört unter anderem der Point-Zoom, bei finalen deutschen Geräten eventuell auch als Punktzoom bezeichnet. Hierbei wird ein Bild­bereich ausgewählt, zum Beispiel das eigene Kind am Strand. Wenn nun der ausgewählte Bild­ausschnitt über den Zoomregler herangeholt wird, erfolgt dies ganz sanft ohne zu schnelle Bewegungen. Jedoch erweitert LG die Sache dahingehend, dass die Bild­informationen zusätzlich aufbereitet werden, was unter anderem dunklen Bild­bereichen zugute kommt. Sie werden kontrastreicher aufgenommen, als bei einer Standard­zoomfunktion. Genau das hat auch David Franco während der Entwicklung und Kooperation mit LG sichtlich beeindruckt. LG V30 Eine wirklich tolle Sache ist der Point-Zoom bei Videos
Foto: teltarif.de / Stefan Kirchner
Ein weiteres Highlight der V30-Kamerasoftware ist das sogenannte Cine-Log im manuellen Aufnahme­modus für Videos. Hierbei werden Profile der jeweiligen Aufnahme angefertigt und zusätzlich zur eigentlichen Videodatei abgespeichert. Diese enthalten diverse Rohdaten und Gradations­kurven, was wiederum für die Nach­bearbeitung mit DaVinci Resolve oder auch Adobe Premiere und anderen Videoschnitt­programmen von Interesse ist. Sofern diese Plug-ins zum Import dieser Daten unterstützen. Am ehesten ist Cine-Log mit Foto-Rohdaten im standardisierten RAW-Format Adobe DNG vergleichbar.

In einem weiteren Artikel lesen Sie unsere ersten Eindrücke zum V30 im Hands-on.

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