1&1-Netz behindert: Missbrauchsverfahren gegen Vodafone
Beim schleppenden Ausbau des vierten deutschen Handynetzes durch den Telekommunikationskonzern 1&1 nimmt das Bundeskartellamt die Rolle des Konkurrenten Vodafone unter die Lupe.
1&1 hatte sich im Februar bei Deutschlands obersten Wettbewerbshütern beschwert und Vodafone Behinderung vorgeworfen. Daraufhin nahm sich die Bonner Behörde des Themas an und teilte nun heute mit, ein Missbrauchsverfahren eingeleitet zu haben. Man werde sich "genau ansehen, ob es gute Gründe für die Verzögerung bei der Bereitstellung von Antennenstandorten für 1&1 gibt", sagte Kartellamtschef Andreas Mundt.
"Wir befürworten die Entscheidung des Bundeskartellamts, dem von uns geäußerten Verdacht einer möglichen Behinderung unseres Netzausbaus auf den Grund zu gehen. Die Untersuchung durch die Behörde wird nun Klarheit und Transparenz schaffen. Gleichzeitig schauen wir fokussiert nach vorne und treiben den Ausbau unseres Netzes mit aller Kraft voran", kommentierte ein 1&1-Sprecher den Vorgang gegenüber teltarif.de.
Ausbau des Konkurrenznetzes abgebremst?
Bundeskartellamt prüft die Rolle von Vodafone
Logos: Anbieter, Foto/Montage: teltarif.de
1&1 hätte bis zum Jahresbeginn 1000 Antennenstandorte in Betrieb
nehmen müssen, tatsächlich waren es aber nur fünf. Das liegt zum
großen Teil daran, dass der Infrastrukturanbieter Vantage Towers, der
die Masten und Dachstandorte bereitstellt für die Antennen, viel
weniger Standorte ermöglichte als vertraglich zugesichert. Vodafone -
also ein anderer Netzbetreiber und somit ein direkter 1&1-Konkurrent
- hält zusammen mit Finanzinvestoren knapp 90 Prozent an Vantage. Der
Neueinsteiger aus Montabaur argwöhnte, dass Vodafone seine Finger
im Spiel hatte, um den Ausbau des Konkurrenznetzes abzubremsen. Nun
prüft das Kartellamt eine mögliche kartellrechtswidrige Behinderung.
Vantage Towers und Vodafone weisen beide den Vorwurf zurück. "Als neutraler und unabhängiger Host bieten wir allen unseren Kunden einen offenen Zugang zu unserer passiven Infrastruktur", sagt eine Vantage-Sprecherin. Man werde "die Gründe für etwaige Verzögerungen ausführlich darlegen". Beide Firmen betonen, in dem Verfahren mit dem Kartellamt zu kooperieren.
Entscheidung hat Auswirkung auf Bußgeldverfahren
Nicht weit entfernt vom Kartellamt liegt in Bonn eine andere Bundesbehörde, die sich ebenfalls mit dem vierten deutschen Handynetz befasst: Bei der Bundesnetzagentur läuft ein Bußgeldverfahren gegen 1&1, weil die Ausbaupflicht für besagte 1000 5G-Standorte zum Jahreswechsel 2022/23 sehr deutlich verfehlt wurde. Zu einer Zahlung von fast 50 Millionen Euro könnte der Telekommunikationskonzern verdonnert werden.
Das Kartellamtsverfahren ist rechtlich gesehen zwar ein anderer Strang als das Bußgeldverfahren der Netzagentur, die Aufsichtsbehörde dürfte das Vorgehen der Wettbewerbshüter dennoch mit Interesse beobachten. Denn klar ist: Sollte Vodafone dem Konkurrenten 1&1 tatsächlich ein Bein gestellt haben, könnte das die geforderte Bußgeldsumme absenken - oder sie entfällt sogar komplett.
Einige Leser von teltarif.de berichten darüber, dass 1&1 ihnen den Preis für ihren DSL-Anschluss erhöht, noch bevor die 24-monatige Mindestvertragslaufzeit abgelaufen ist. Betroffen sind auch Drillisch-DSL-Kunden.