Zahlen

Netflix-Wachstum stockt: Bringt Gaming die Wende?

Nach dem großen Andrang in der Corona-Krise flaut das Nutzer­wachstum bei Netflix ab. Doch der Strea­ming-Markt­führer bleibt gelassen und nimmt neue Märkte ins Visier. Neben Merchan­dising will Netflix jetzt auch auf Video­spiele setzen.
Von dpa /

Netflix-Mitgründer und CEO Reed Hastings Netflix-Mitgründer und CEO Reed Hastings
Bild: dpa
Der Strea­ming-Riese Netflix hat mit seinen Serien und Filmen im zweiten Quartal so wenige neue Nutzer anlo­cken können wie noch nie zuvor in einem Vier­tel­jahr. In den drei Monaten bis Ende Juni nahm die welt­weite Anzahl der Abon­nenten ledig­lich um 1,5 Millionen auf insge­samt gut 209 Millionen zu, wie das Unter­nehmen am Dienstag nach US-Börsen­schluss mitteilte. Auch die Prognose für das laufende Quartal fiel mit 3,5 Millionen neuen Kunden relativ mager aus. Der Strea­ming-Markt­führer steht ange­sichts verschärfter Konkur­renz unter Druck und will nun in neue Märkte expan­dieren.

Dass die Menschen nach der Pandemie die Lust am Strea­ming verlieren, glaubt Netflix-Chef Reed Hastings nicht. "Die Wachs­tums­story bleibt intakt, zumin­dest für die nächsten Jahre", sagte er bei einem Video-Inter­view nach Vorlage des Quar­tals­berichts. Bange vor Strea­ming-Konkur­renten wie dem Holly­wood-Giganten Walt Disney und anderen finanz­starken Rivalen wie WarnerMedia mit dem beliebten Bezahl­sender HBO ("Game of Thrones") oder Amazon, die sich durch Fusionen und Zukäufe stärken wollen, ist Hastings auch nicht. "Wir sehen keinen großen Gegen­wind durch neue Strea­ming-Wett­bewerber."

Nicht der Stan­dard: Corona-Jahr war unge­wöhn­lich

Netflix-Mitgründer und CEO Reed Hastings Netflix-Mitgründer und CEO Reed Hastings
Bild: dpa
Netflix konnte auch im vergan­genen Quartal durchaus mit einigen Produk­tionen punkten. So war etwa die zweite Staffel der fran­zösi­schen Gauner-Serie "Lupin" ein Hit, der allein in der ersten Woche von 54 Millionen Nutzer­konten abge­rufen wurde. Solche Erfolge verblassten jedoch im Vergleich zum Strea­ming-Boom, den die Corona-Krise 2020 ausge­löst hatte. Im Vorjah­res­zeit­raum, als viele Menschen pande­mie­bedingt zu Hause fest­saßen, gab es einen regel­rechten Ansturm auf Netflix. Im ersten Halb­jahr 2020 hatte das Unter­nehmen einen rasanten Zuwachs von über 25 Millionen neuen Nutzern verbucht.

Die Pandemie habe zu einer unge­wöhn­lichen Verzer­rung der Zahlen geführt, schrieb Netflix nun im Brief an die Aktio­näre. Dafür lief das Quartal finan­ziell betrachtet weit besser als vor einem Jahr. Der Netto­gewinn stieg um fast 90 Prozent auf 1,4 Milli­arden Dollar (1,2 Mrd Euro) und die Erlöse wuchsen um 19 Prozent auf 7,3 Milli­arden Dollar. Dass diesmal nicht mit den ganz großen Block­bus­tern zu rechnen war, war aufgrund pande­mie­bedingter Produk­tions­pro­bleme eigent­lich klar gewesen. Doch beim Ausblick hatten Analysten mehr erwartet. Das ließ die Aktie nach­börs­lich in einer ersten Reak­tion stark absa­cken, der Kurs erholte sich aber rasch wieder.

Neue Erlös­quellen: Merchan­dising und Gaming

Neben dem Haupt­geschäft mit Strea­ming stellt Netflix zuse­hends die Weichen, um in neue Märkte vorzu­dringen. Im Juni eröff­nete der Pionier des Fern­sehens im Internet einen Online-Shop für Fanar­tikel. Noch ist das Angebot gering, doch perspek­tivisch könnte sich Netflix so - ganz nach dem Vorbild des großen Kontra­henten Disney - eine bedeu­tende zusätz­liche Erlös­quelle durch Merchan­dising erschließen. Nach der Verpflich­tung des Gaming-Experten Mike Verdu von Face­book werden zudem die Pläne für einen Angriff im Geschäft mit Video­spielen konkreter. "Wir befinden uns in der Anfangs­phase", erklärte Netflix.

Das Unter­nehmen bestä­tigte einen Plan, über den kürz­lich bereits der Finanz­dienst Bloom­berg berichtet hatte, wonach Spiele über die Strea­ming-Platt­form von Netflix ohne zusätz­lichen Aufpreis verfügbar gemacht werden sollen. Der Trend, Video­spiele auf Servern im Netz laufen zu lassen und die Nutzer auf allen mögli­chen Geräten per Strea­ming übers Internet spielen zu lassen, gewinnt gerade mit Ange­boten unter anderem von Micro­soft, Google und Nvidia an Fahrt. Hastings betont ohnehin schon seit Jahren, dass Netflix nicht nur mit anderen Strea­ming-Anbie­tern, sondern auch mit Social Media, YouTube und etli­chen anderen Formen digi­taler Unter­hal­tung konkur­riere.

Sie wollen wissen, welche Serien- und Film-High­lights gerade auf Netflix gestartet sind? Auf unserer Über­sichts­seite erfahren Sie es.

Mehr zum Thema Netflix