Pappkarton

Im Onlinehandel wird viel Luft transportiert

Im ständig wachsenden deutschen Onlinehandel wird auch viel Luft transportiert. Die bestellte Ware nimmt oft nur einen Bruchteil der Pakete ein. Doch die Kartonflut scheint kaum zu stoppen.
Von dpa / Paulina Heinze

Pakete Siegeszug des Pappkartons
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Riesige Pakete mit oft nur wenig Inhalt und anschließend ein ganzer Berg leerer Kartons: Mit dem zunehmenden Onlinehandel wächst auch die Flut an Verpackungen und sorgt bei vielen Kunden für Verdruss. Doch ein Ende der Verpackungslawine ist derzeit nach Einschätzung von Experten eher nicht in Sicht. Im Gegenteil - der Siegeszug des Pappkartons scheint kaum zu stoppen.

Große Pakete für ein kleines Produkt müssen aus Sicht der Logistik-Branche nicht unbedingt ein Fehler sein, sagt Forscher Michael Böhmer vom Fraunhofer Institut für Material­fluss und Logistik in Dortmund. Gefragt sei vielmehr eine gute Stapel­barkeit der Pakete beim Transport.

Hinzu kämen Kosten­ersparnisse bei der Einrichtung der Verpackungs­maschinen und beim Einkauf der Kartons in möglichst großen Stückzahlen, so Logistik-Experte Ingmar Böckmann vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh)."Da ist es günstiger, Luft zu verschicken, als Kartonagen anders zu dimensionieren", sagt er.

Pakete sind im Durchschnitt nur zur Hälfte gefüllt

Pakete Siegeszug des Pappkartons
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Nach Schätzungen sind Pakete im Onlinehandel im Durchschnitt etwa zur Hälfte gefüllt. Bei einer Untersuchung habe man aber auch Pakete mit nur 20 Prozent an Waren­inhalt gefunden, weiß Böhmer. In Extrem­fällen wie etwa beim Versand von Ersatzteilen könne der Warenanteil aber auch bis auf etwa ein Prozent schrumpfen.

Für die Versender bedeute dies zusätzliche Kosten beim Ausstopfen der Pakete mit nicht bestelltem Füllmaterial. Neben Billig­varianten wie geknülltem Papier werde aber auch hochwertiger Schaum eingesetzt - etwa beim Versand von teuren Bauteilen für die Industrie, sagt Böhmer. Für den Empfänger ist das Wühlen nach der bestellten Ware häufig erst einmal Frust. "Der Kunde will wenig Verpackungs­material", so der Experte.

Nach Zahlen für das Jahr 2011 wurden in Deutschland rund 7,15 Millionen Tonnen Pappver­packungen verbraucht - allerdings nicht nur für den Onlinehandel. Experten sind sich einig über die seitdem steigende Tendenz. "Der Pappkarton wird das Verpackungs­material der Zukunft bleiben", ist sich Logistik-Experte Böckmann sicher. Hintergrund seien die Vorteile des Traditions­produkts: Die Kartons sind leicht, stabil und können gefaltet werden.

Für die deutsche Verpackungs­industrie gilt der Onlinehandel als Wachstums­motor in einem ansonsten hart umkämpften Markt, sagt Winfried Batzke vom Deutschen Verpackungs­institut. Derzeit sei der Anteil der reinen Versand­verpackungen am für 2014 geschätzten Gesamtumsatz der Branche in Deutschland von rund 50 Milliarden Euro jedoch noch vergleichsweise gering.

Optimierung von Pappverpackungen

Ziel der Branche ist es nun, die Pappverpackungen zu optimieren: Während die Dortmunder Forscher mit Sturz­versuchen aus unterschiedlichen Höhen die Belastbarkeit der Kartons austesten, ist die Nutzung der Kartons als Werbefläche für viele Händler bereits Wirklichkeit.

Nach einer Umfrage des E-Commerce-Centers (ECC) unter dem Dach des Kölner Instituts für Handels­forschung (IFH) nutzt fast jeder dritte Online-Händler die Kartons als Kommunikations­instrument. Viele Kartons seien in Unternehmens­farben oder auffallend bunt gestaltet, so ECC-Expertin Eva Stüber. Andere Versender weisen mit einem speziellen Aufkleber auf das recycelte Material der Verpackung hin, oder bieten eine Nutzung des umgekehrten Kartons als bunt bedruckte Geschenk­verpackung an.

Doch es gibt auch Alternativen zum Karton, erläutert Stüber. Mode für jüngere Kunden werde mitunter in Beuteln verschickt. Und auch im Online-Handel mit Lebensmitteln würden mittlerweile bereits verstärkt Mehrweg­verpackungen eingesetzt, sagt Max Thinius vom Bundesverband Lebensmittel-Onlinehandel. So bietet ein großer Onlinehändler für Lebensmittel-Lieferungen mittlerweile eine Kunststoffbox mit darin aufgehängten Einkaufstüten an, die vom Kurier direkt dem Kunden übergeben werden. Die nicht mehr benötigte Box wird von dem Boten anschließend direkt wieder mitgenommen.

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