Petition

Bundestag: Notruf muss auch bei Stromausfall funktionieren

Wenn im All-IP-Zeitalter der Strom ausfällt, können Bürger telefonisch keinen Notruf mehr absetzen. Der Bundestag fordert, dass die Bundesregierung das Problem anpackt. Muss der Staat den Netzbetreibern weitere Vorgaben machen?
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Die All-IP-Umstellung bei der Telekom, die bis zum Jahr 2018 abgeschlossen sein soll, weckt nicht nur bei Unter­nehmens­kunden, sondern auch bei privaten Ver­brauchern Sorgen. Wird der Notruf noch funktionieren, wenn es einen Strom­aus­fall gibt? Denn bei einem Strom­aus­fall ist ge­gebenen­falls nicht nur die private Hardware des Kunden zuhause betroffen, sondern auch die Ver­mittlungs­technik, die bald rein IP-basiert realisiert wird. Bei Mobilfunknetzen ist dies schon jetzt der Fall: Selbst wenn der Akku des Handys noch Energie liefert, kann kein Notruf abgesetzt werden, wenn das Mobilfunknetz ohne Strom und damit offline ist.

Bereits am 15. Mai 2014 ging ein Antrag beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags ein, der sich mit diesem Thema beschäftigt. Der Petitionsausschuss ist ein parlamentarisches Gremium, das Eingaben und Anträge von besorgten Bürgern annimmt und nach einer Prüfung entweder an das Parlament, das zuständige Ministerium oder die entsprechende staatliche Stelle weiterleitet.

Antragsteller fordern Notstromversorgung bis zum Endgerät

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Der Text der eingereichten Petition enthält folgenden Passus:

Der Deutsche Bundestag möge beschließen, das[s] die Telekommunikationsnetzbetreiber einen Notruf jederzeit ermöglichen müssen. Hierzu sind die Netze so einzurichten, dass ein Notruf via VoIP und via Mobilfunk auch bei Stromausfall oder anderen Störungen möglich ist. Bei Festnetzanschlüssen ist eine Notstromversorgung bis zum Endgerät des Kunden, analog den herkömmlichen Festnetzanschlüssen, zu beschließen. Bei Mobilfunk bis zum Mast.

Die Antragsteller begründen ihre Petition damit, dass die Netzbetreiber dazu übergegangen seien, nur noch All-IP-Anschlüsse zu vertreiben und die Handynetze nicht mehr flächendeckend mit Notstrom zu versorgen. Daher bestünde die Notwendigkeit, die Netze nun wieder so abzusichern, dass eine Kommunikation mit den Notrufzentralen auch im Falle eines Stromausfalls oder ähnlicher Störungen möglich ist.

Für die technische Realisierung wird in der Petition vorgeschlagen: "Hierzu muss durch die Anbieter von Festnetzlösungen eine Notstromversorgung bis zum Endgerät des Verbrauchers, ähnlich wie bei den herkömmlichen Festnetzanschlüssen, zur Verfügung gestellt werden. Eine Möglichkeit hierfür wäre PoE (Power over Ethernet), um den Router und ein angeschlossenes kabelgebundenes Telefon zu versorgen."

Zusätzlich müsse eine "verbindliche flächendeckende Notstromversorgung der Handymasten" beschlossen werden, um die Bürger zu schützen, die keinen Festnetzanschluss haben. "Es kann nicht sein, dass wir im 21. Jahrhundert keine Möglichkeit haben, Hilfe zu rufen, wenn es zu einem Stromausfall kommt", schreiben die Antragsteller weiter und nennen einen konkreten Fall aus dem Jahr 2010, bei dem in einem Ort nach einem Stromausfall die Kommunikation mit den Notrufzentralen "nur noch über herkömmliche Anschlüsse" möglich gewesen sei. Handy-Kommunikation sowie VoIP seien stundenlang gestört gewesen.

206 Bürger hatten die Petition unterzeichnet und es gab auch andere Petitionen mit einer sachlich ähnlichen Forderung.

Bundesregierung soll Sicherheitsbedürfnis ernst nehmen

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Petitionsausschuss am 27. Januar dieses Jahres die Petition dem Bundestag vorgelegt. Der Bundestag hat die Petition am 18. Februar abschließend beraten und beschlossen, diese der Bundesregierung - also dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie - "als Material" zu überweisen und die Petition gleichzeitig den Fraktionen des Bundestages zur Kenntnis zu geben. In der Begründung schreibt der Ausschuss:

In diesem Zusammenhang hebt der Ausschuss ausdrücklich hervor, dass das Telekommunikationsgesetz (TKG) technik- und standardneutral ausgestaltet ist, damit es für zukünftige technische Innovationen offen ist und den Netzbetreibern ermöglicht, ihre Netze entsprechend dem technischen Fortschritt weiterzuentwickeln und auszubauen. Hierzu gehören auch die im TKG enthaltenen Vorgaben zu technischen Schutzmaßnahmen in den Telekommunikationsnetzen im Allgemeinen (§ 109 TKG [Link entfernt] ) und zu Notrufverbindungen im Besonderen (§ 108 TKG [Link entfernt] ).

Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hatte in seiner Stellungnahme an den Petitionsausschuss offenbar ausgeführt, dass diese Vorschriften ihre natürlichen Grenzen "in den grundlegenden technischen Eigenschaften der für die jeweiligen Telekommunikationsdienste erforderlichen technischen Einrichtungen" fänden. Die Anforderungen an moderne Telekommunikationssysteme seien heutzutage davon geprägt, dass sie den Kunden neben den Möglichkeiten der Sprachkommunikation auch eine schnelle Datenübertragung, insbesondere für den Zugang zum Internet, bereitstellen müssten. Die derzeit verfügbaren Techniken benötigten dazu sowohl für die Endgeräte als auch für die Übertragungsstrecke zwischen Endgerät und Netzknoten eine externe Energieversorgung, was im Hinblick auf deren Ausfall grundsätzlich die in der Petition dargestellten Risiken berge.

Der Ausschuss macht in seiner Begründung darüber hinaus auf die Absicht der Bundesregierung aufmerksam, Systeme einzuführen (beispielsweise eine zentrale Nummer für SMS-Notrufe oder eine Notruf-App) und das TKG dahingehend zu ändern, "dass sich Menschen in einer Notsituation bemerkbar machen und Hilfe anfordern können, ohne zurückgerufen werden zu müssen".

"Im Hinblick auf die dem Staat obliegende Aufgabe der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit" will der Petitionsausschuss auf das von den Antragstellern zum Ausdruck gebrachte Sicherheitsbedürfnis aufmerksam machen. Die Bundesregierung solle "ermutigt" werden, "gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren, technisch und finanziell realisierbare Lösungen für das mit der Petition zum Ausdruck gebrachte Szenario zu suchen."

Vor einigen Monaten haben wir die Frage diskutiert, ob VoIP-Anbieter wie Skype oder WhatsApp Call dazu verpflichtet werden sollten, eine Notruf-Funktion anzubieten.

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