Frankreich führt DAB+-Pflicht für Radiomodelle ein
In Frankreich wird DAB+-Empfang in Radios Pflicht.
Foto: auna
Es gibt sie vor allem in Supermärkten und im Onlinehandel noch in Hülle und Fülle, auch bei Discountern sind sie noch wöchentlich in Angeboten präsent: Radiogeräte, die nur analogen Empfang über UKW und sogar noch Mittelwelle bieten. Erst in der vergangenen Woche verkaufte Lidl ein Küchenradio, das noch keinen Digitalempfang über DAB+ an Bord hat.
Zumindest in Frankreich ist damit jetzt Schluss: Nachdem das dort ausgebaute DAB+ Netz 21,3 Prozent der Bevölkerung erreicht, tritt die sogenannte DAB+-Vermarktungspflicht in Kraft. Darüber informiert der Digitalradio Deutschland e.V. Das heißt, es dürfen nur noch Geräte zum Verkauf angeboten werden, die DAB+ empfangen können. Der Gesetzgeber hatte die Sperrklausel auf einen Wert von 20 Prozent festgeschrieben.
Frankreich: Pflicht in drei Phasen
In Frankreich wird DAB+-Empfang in Radios Pflicht.
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Die schrittweise Modernisierung des Empfängerparks erfolgt in drei Phasen: Innerhalb von drei Monaten nach der Feststellung für Funkempfänger, die Multimediainhalte anzeigen können; innerhalb von 12 Monaten für Funkempfänger (mit Ausnahme von Autoradios) und innerhalb von 18 Monaten für Autoradios.
Mit der DAB+ Technologie profitieren Hörer laut dem Digitalradio-Verein von besserer Klangqualität, größerer Vielfalt und einem optimierten Empfang. Darüber hinaus ermöglicht DAB+ zahlreiche nützliche Zusatzfunktionen, darunter auch Wetter- und Verkehrsservice in Text und Bild.
Der Aufbau des französischen DAB+ Netzes hatte 2014 begonnen. Zuletzt wurden in der Region Lyon und im Elsass Sendeanlagen aufgeschaltet. Insgesamt umfasst das DAB+ Netz in Frankreich 26 Multiplexe, die Ballungsräume und Metropol-Regionen wie Lille, Marseille, Nizza, Paris und Straßburg mit DAB+ versorgen.
Deutschland ringt um ähnliches Gesetz
In Deutschland ringt die Politik seit langem um ein ähnliches Gesetz zur Interoperabilität bei Radioempfängern. Zwar gibt es parteiübergreifend Übereinstimmung, dass eine solche Maßnahme auch hierzulande nötig wäre, in den Bundestag hat es eine entsprechende Novelle in der aktuellen Legislaturperiode aber noch nicht geschafft. Zuvor war die Verabschiedung des Gesetzes knapp gescheitert. Deutschland ist bisher nur verpflichtet, bis 2021 eine EU-Richtlinie umzusetzen, die Digitalempfang in Autoradios zur Pflicht macht.
Kritik kommt aus dem Lager der UKW-Privatradios, die gerne noch lange an der analogen Technik festhalten wollen und DAB+ kritisch sehen. Die Hörer sollen selbst entscheiden, wie sie Radio hören und welche Hardware sie dafür kaufen. Wem weiter UKW ausreicht, der soll auch weiter rein analoge Geräte erwerben dürfen. Bei Kleinempfängern gibt es immer noch einen Unterschied von mindestens 10 Euro, wenn ein Radiogerät neben UKW auch Digitalempfang über DAB+ bietet.
Beim Fernsehen gab es solche Diskussionen nie: Schon kurz nach der Einführung von DVB-T wurde ein Gesetz verabschiedet, das digital-terrestrischen Fernsehempfang für jedes in Deutschland verkaufte Fernsehgerät vorschrieb. Heute haben fast alle Fernsehgeräte Empfänger für DVB-T/T2 (Antenne), DVB-S/S2 (Satellit) und DVB-C/C2 eingebaut.
DAB-only-Veranstaltern geht die Puste aus
DAB-only-Veranstalter ohne UKW-Frequenzen würden durch eine solche Pflicht von steigenden Reichweiten profitieren. Jährlich tauschen die Deutschen rund sieben Millionen Radiogeräte aus. Im Moment geht vor allem kleinen Radiosendern schnell finanziell die Puste aus, da die Haushaltsdurchdringung mit DAB+-Geräten noch zu gering und keine Refinanzierung möglich ist.
Aktueller Fall: Der erst im vergangenen Jahr gestartete Privatsender Peli One wurde über DAB+ in Hamburg und Berlin abgeschaltet. Zuvor soll es laut dem Anbieter zu einem "Disput mit dem Netzbetreiber Media Broadcast" gekommen sein. "Obwohl wir noch am Donnerstag einen Lösungsweg aufgezeichnet haben, an den sich die Peli One Medien GmbH auch gehalten hat, zeigte sich die Media Broadcast GmbH unkooperativ". Bereits seit Ende 2018 gab es jedoch Gerüchte in der Szene, wonach der Privatsender Zahlungsschwierigkeiten habe.
Zuvor hatte sich Radio Teddy wieder von DAB+ in Hessen verabschiedet, nachdem man eine UKW-Frequenz für Frankfurt bekommen hatte.