Samsung Galaxy Watch 4 im Hands-On-Test
Seit dem Spätsommer ist die Samsung Galaxy Watch 4 auf dem Markt. Der koreanische Hersteller gibt mit seiner neuen Smartwatch-Generation die bisherige Tizen-Plattform bei Wearables auf. Stattdessen setzt das Unternehmen auf das gemeinsam mit Google entwickelte WearOS 3. Die Benutzeroberfläche ist der bei anderen Smartwatches von Samsung allerdings trotzdem recht ähnlich. Der Hersteller "überbaut" das Betriebssystem nämlich mit seiner eigenen One-UI-Benutzeroberfläche, ebenfalls in der Version 3.0.
Dass die Uhr etwas anders funktioniert andere WearOS-Smartwatches wird auch dadurch deutlich, dass die Kopplung mit dem Smartphone, die Ersteinrichtung und Administration nicht über die WearOS-App von Google, sondern über die Galaxy-Wearable-Anwendung von Samsung erfolgt. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass es außer von Samsung noch keine WearOS-3.0-Uhren gibt und die Google-App schlicht noch nicht fertig ist.
Samsung Galaxy Watch 4 im Hands-On-Test
Foto: teltarif.de
Wir haben die Uhr in der 40-Millimeter-Version zusammen mit dem Samsung Galaxy Z Flip 3 getestet. Sie kann aber auch in Verbindung mit Android-Smartphones anderer Hersteller verwendet werden. Nur mit dem iPhone ist das Gadget - anders als noch die Samsung Galaxy Watch 3 - nicht kompatibel. Warum Samsung auf die Kompatibilität mit iOS verzichtet, ist nicht bekannt. Allerdings dürften die Zahl der iPhone-Besitzer, die zu einer Smartwatch von Samsung gegriffen haben, "überschaubar" gewesen sein.
Einrichtung selbsterklärend
Die Installation der Uhr ist selbsterklärend. Nach dem Einschalten sowie den Sprach- und Ländereinstellungen startet die Smartwatch neu. Dann erscheint der Hinweis, man möge die Wearable-App auf dem Telefon für erste Schritte nutzen. Diese muss in der Regel nicht einmal manuell geöffnet werden, wie sich im Test gezeigt hat. Stattdessen wird Galaxy Watch 4 als neues Gerät erkannt, wenn sie sich in der Nähe des Mobiltelefons befindet. Nach dem Antippen des Menüpunkts "verbinden" wird man automatisch durch alle weiteren Schritte geleitet.
Smartphone erkennt Smartwatch automatisch
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Nach der Ersteinrichtung wird man durch eine kleine Einführung geleitet, die dazu dient, die Gestensteuerung kennenzulernen. Auch hier gilt: Wer die Tizen-Uhren von Samsung bereits kennt, muss sich nicht viel umgewöhnen. Samsung Pay liegt aber beispielsweise jetzt auf der rechten unteren und nicht mehr auf der oberen Taste. Google Pay lässt sich parallel einrichten - ein großer Vorteil gegenüber den Tizen-Smartwatches - und beispielsweise auf die rechte obere Taste legen.
Eine ganze Reihe von Zifferblättern steht zur Verfügung. Umschalten und bearbeiten funktioniert wahlweise direkt auf der Uhr oder aber über die Galaxy-Wearable-App auf dem Handy. Zum Display wäre außerdem zu sagen, dass dieses sehr hell ist, was die Ablesbarkeit verbessern. Gut gefallen haben im Test auch die kräftigen Farben und die Always-on-Funktion, die je nach Bedarf ein- und ausgeschaltet werden kann. Hier ist es auch zu bedenken, dass das immer - wenn auch abgedunkelt - eingeschaltete Display natürlich die Akkulaufzeit begrenzt.
Akkulaufzeit schwächer als bei Tizen
Zur Akkulaufzeit lässt sich zudem sagen, dass die hohen Laufzeiten, die wir von Tizen-Smartwatches kennen, nicht erreicht werden. Der Verfasser dieses Berichts kommt mit einer Galaxy Watch 3 über ein ganzes Wochenende ohne Nachladen des Akkus. Bei der Galaxy Watch 4 ist zwischendurch mindestens eine Aufladung erforderlich. Diese Angaben können natürlich nur Richtwerte sein, denn die Akkulaufzeit hängt auch stark von den eigenen Nutzungsgewohnheiten ab.
Werden viele Push-Benachrichtigungen empfangen? Wird die Uhr vielleicht sogar häufig auch für Telefonate genutzt? Dann hält der Akku natürlich nicht so lange durch wie bei Nutzern, die hin und wieder die Uhrzeit abrufen und mit der Smartwatch im Supermarkt oder an der Tankstelle bezahlen, während das Gadget ansonsten kaum im aktiven Einsatz ist.
Ersteinrichtung über die Galaxy-Wearable-App
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Was im Test nicht so gut gefallen hat, ist die Software: WearOS 3.0 ist zwar ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Versionen der Google-Software für Smartwatches, die bei Samsung zuletzt ohnehin nicht mehr zum Einsatz kam. Hier und da ein kleiner Ruckler oder eine Verzögerung bei der Bedienung gibt es trotzdem noch. Es besteht aber die Chance, dass Samsung und Google diese Mankos mit Software-Updates noch in den Griff bekommen.
WearOS 3.0 ist Fluch und Segen zugleich
Immerhin ist WearOS 3.0 in seiner jetzigen Form sehr früh fertig geworden - offenbar exklusiv für Samsung, denn Smartwatches anderer Hersteller sollen frühestens irgendwann im kommenden Jahr Uhren mit der neuen Firmware anbieten oder Updates ausliefern können. Für die aktuellen Samsung-Wearables musste freilich eine schnelle Lösung her, denn nach der Bekanntgabe der Kooperation hätte wohl kaum noch jemand eine Watch 4 mit dem abgekündigten Tizen-Betriebssystem gekauft.
Menü für Einstellungen
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Ein Manko der neuen Smartwatch-Software-Plattform von Samsung ist die Verfügbarkeit von Apps, mit denen sich die im Betriebssystem verankerten Funktionen erweitern lassen. Samsung-Dienste wie eben Pay oder Health sind verfügbar und auch das Logo einer mobilen Version von Microsoft Outlook ist auf dem App-Bildschirm zu finden. Viele weitere, auch von Tizen bekannte Anwendungen wie etwa der Radioplayer sind aber für die neue Plattform noch nicht fertig.
Was gut funktioniert sind Kernfunktionen einer Smartwatch wie etwa Benachrichtigungen. Über die App auf dem Smartphone lässt sich einrichten, welche Apps auch auf der Uhr Alarm schlagen dürfen. Ist ein Headset mit der Uhr verbunden, können die Mitteilungen auch automatisch vorgelesen werden. Der Vibrationsalarm war ausreichend stark, um beispielsweise auch unterwegs die Benachrichtigungen mitzubekommen.
Telefonieren mit der Samsung Galaxy Watch 4
Gut funktioniert hat im Test auch das Telefonieren mit der Samsung Galaxy Watch 4. Wir haben das Gerät zwar ohne eSIM betrieben, sodass eine Verbindung mit dem Smartphone erforderlich ist. Anwahl der Rufnummer und das Gespräch selbst lässt sich aber direkt über die Uhr abwickeln. Die Sprachqualität war in ruhiger Umgebung durchaus auch über den eingebauten Lautsprecher der Smartwatch akzeptabel. Besser ist die Sprachverständlichkeit aber bei Nutzung eines Bluetooth-Headsets.
Wer gegenüber früheren Samsung-Uhren die Lünette zur Steuerung bzw. zur schnelleren Anwahl verschiedener Dienste vermisst: Auch die Galaxy Watch 4 verfügt noch über diese Funktion. Diese arbeitet aber digital und ist nicht mehr physisch vorhanden. Stattdessen zeigt sie sich, wenn man mit der Hand über den Rand des Touchscreens streicht. Die ersten Gehversuche gestalteten sich im Test noch etwas holprig, da wir etwas zu schnell "am Rad gedreht" haben. Man lernt aber schnell mit der digitalen Lünette umzugehen und diese zu nutzen, um dort hinterlegte Features aufzurufen.
Anzeige einer auf dem Handy empfangenen SMS
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Gut gefallen hat im Test auch die Art und Weise, wie Software-Updates unter WearOS 3.0 funktionieren. Anders als bei der Apple Watch kann die Uhr am Handgelenk bleiben und auch der Vorgang selbst war in unserem Fall innerhalb von weniger als 15 Minuten erledigt. Zugegeben: Unter Tizen klappte das noch etwas schneller. Allerdings ist es gut denkbar, dass Google und Samsung noch größere Änderungen durchgeführt haben, um bisherige Fehler zu beheben. Direkt vergleichen kann man das demnach nicht.
Fazit: Schritt in die richtige Richtung
Ich habe in der Vergangenheit schon einige Smartwatches ausprobiert - von der Pebble über die erste Apple Watch bis hin zur allerersten Samsung-Uhr. Meine letzte WearOS-Uhr war von Fossil. Das war ein echter Hingucker - aber eben nur vom Design her. Der Qualcomm-Prozessor war zu schwach für das Betriebssystem. Flüssige Bedienung war ein Fremdwort, der Akku wurde gefühlt schon von Hinschauen leer.
Software-Update für die Samsung Galaxy Watch 4
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Diese Probleme gibt es bei WearOS 3.0 auf der Samsung Galaxy Watch 4 nicht. Das Google-Betriebssystem für Smartwatches ist erwachsen geworden, auch wenn der Hersteller an der einen oder anderen Ecke noch nachbessern muss. Wie schon bei den Tizen-Uhren von Samsung gewinnt man den Eindruck, dass es diese Plattform mit der Funktionalität der Apple Watch aufnehmen kann. Das ist bei anderen Android-Uhren bislang nicht der Fall.
Beseitigt der Wechsel auf die Google-Firmware das Manko früherer Samsung-Smartwatches, dass Google Pay nicht nutzbar ist, so fehlt es nun noch an Software. Hier ist die Tizen-Plattform derzeit noch besser aufgestellt (wenn auch mit der App-Vielfalt bei Apple nicht vergleichbar). Doch je mehr Leute die neuen Samsung-Uhren und weitere, künftige Smartwatches mit WearOS 3.0 besitzen, umso attraktiver wird die Plattform auch für Software-Entwickler. Vielleicht wissen wir spätestens mit der Galaxy Watch 5 im kommenden Jahr, ob es Google und Samsung auch beim Thema smarte Uhren mit der Konkurrenz durch Apple aufnehmen können.
Einen Testbericht zum "Parallelmodell" Samsung Galaxy Watch 4 Classic haben wir bereits kurz nach Markteinführung veröffentlicht.