Medien: Telekom will T-Systems verkaufen
T-Systems ist in vielen oft unbekannten Feldern unterwegs. Hier bei den Medientagen in München.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Die Telekom Tochter T-Systems betreute einst große Industrie-Kunden rundum: Vom Druckerpapier bis zum Großrechner wurde alles besorgt, geliefert und betreut. Das Unternehmen galt als Staat im Staate und zehrte von den goldenen Zeiten, als die Deutsche Bundespost noch vom Gesetz her die Hoheit hatte.
Zwar wurde der Post privatisiert und das Systemgeschäft in die Tochter T-Systems ausgelagert, doch Kenner bezeichneten das Unternehmen lange Zeit als "unregierbar". Verschiedene Telekom-Vorstände bissen sich daran die Zähne aus. Es wurde viel um- und neu strukturiert.
Es zählt der Preis
T-Systems ist in vielen oft unbekannten Feldern unterwegs. Hier bei den Medientagen in München.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Im weltweiten Wettbewerb zählt meist nur der Preis. Länder mit hohem Lohnniveau haben es schwer, wenn IT-Dienstleistungen zu einem Bruchteil des Preises in fernen Ländern eingekauft werden können. Viele Unternehmen sehen ihre IT immer noch als "lästig" und "teuer" an und schauen ausschließlich auf den Preis. Eigene IT-Abteilungen werden lieber ausgelagert (Outsourcing) und Dienstleistungen beim billigsten Anbieter eingekauft. T-Systems galt da als "viel zu schwerfällig" und sowieso als "viel zu teuer".
Seit 2018 im Amt: Adel Al-Saleh
Um das Problem zu lösen, holte sich Telekom Chef Tim Höttges schon 2018 als neuen Chef für T-Systems den amerikanisch/britischen Manager Adel Al-Saleh (Jahrgang 1963) ins Haus, um der "Not leidenden" Tochter frischen Schwung zu verleihen. Al-Saleh hatte 1987 an der Boston University den Bachelor of Science (B.Sc.) in Elektrotechnik und 1990 an der Florida Atlantic University den Master als graduierter Betriebswirt erworben.
Die ersten 19 Berufsjahre hatte Al-Saleh für den Computer-Giganten IBM in unterschiedlichen Führungspositionen gearbeitet für IBM Northeast Europe. Es folgten die Regionen Europa, Naher Osten, Afrika and Nordamerika bei IMS Health (heute IQVIA), einem Unternehmen für Informatik im Gesundheitswesen und 2011 wechselte Al-Saleh zu Northgate Information Solutions (NIS) (heute Teil von NEC), bevor er zur Deutschen Telekom kam.
Der stets ruhig und überzeugend wirkende Al-Saleh organisierte das Unternehmen um, gründete neue Geschäftsbereiche und gliederte auch einiges aus. So wurde der IT-Bereich der Telekom in einem Betrieb innerhalb der Deutschen Telekom AG zusammengefasst, dann in die T-Systems ausgelagert und 2020 wieder der Telekom AG angegliedert.
Rein und raus - Auslagerungen - Umgruppierung
Mitte Juli 2021 hatte die Telekom ihre Beschäftigten Mitte darüber informiert, dass Teile des Betriebes im kommenden Jahr an das Unternehmen Accenture (mit Sitz in Dublin, Irland) verkauft werden sollen. Accenture ist einer der weltweit größten Dienstleister in den Bereichen Unternehmens- und Strategieberatung, sowie Technologie- und Outsourcing mit etwa 506.000 Mitarbeitern. Das Unternehmen sei auf einer breit angelegten Einkaufstour und habe dieses Jahr schon mehrere Unternehmen aus der IT- und Technologie-Branche übernommen. Nun stehe ein Teilbereich der Telekom auf der Kaufliste, berichtet die Kommunikationsgewerkschaft DPVKom, die aus der früheren "Postgewerkschaft" hervorgegangen ist.
Die Gewerkschaft sieht diese Betriebübergänge und Ausgliederungen kritisch, meistens seien die ausgeliederten Bereiche kurz danach geschlossen worden.
T-Systems weiter in roten Zahlen?
Doch T-Systems kommt einfach nicht so schnell aus den roten Zahlen, wie das die Telekom-Manager gerne hätten. 2020 verbuchte T-System einen operativen Verlust (EBIT) von 650 Millionen Euro bei einem Umsatz von 4,2 Milliarden Euro. Nun wollen das Manager Magazin und die gewöhnlich gut informierte Wirtschaftszeitung Handelsblatt unter Berufung auf Finanz- und Konzernkreise erfahren haben, dass der Verkauf des Geschäftsbereichs T-Systems vorbereitet werde.
Erste konkrete Gespräche mit Interessenten seien für Februar 2022 vorgesehen, mit einem finalen Deal rechne man im September 2022. Das Manager-Magazin spekuliert, dass die Telekom einen Käufer finanziell noch unter die Arme greifen müsste, um den Teilbereich überhaupt loswerden zu können.
Codeworte "Falcon" und "Eagle"
Die Pläne werden, so die Quellen, unter den Codenamen „Falcon“ (Falke) und „Eagle“ (Adler) durchgespielt. Mit potenziellen Käufern wie Accenture und Capgemini sollen bereits Gespräche laufen.
In einem alternativen Szenario werde eine neue Struktur für T-Systems geprüft, schreibt das Handelsblatt, bei der die Telekom nur noch rund ein Drittel der Anteile an der Großkundentochter halten würde. Der Telekom-Großaktionär Bund würde ebenfalls ein Drittel halten und für das verbliebene Drittel werden ein oder mehrere Partner gesucht.
Auslagerung der Hohheits-Telekom?
Bevor das ganze final über die Bühne geht, könnte das sensible Geschäft für Teile der öffentlichen Hand vor einem Verkauf herausgelöst werden, berichtet das Manager-Magazin weiter. Das könnte auch wichtig werden, falls die neue Ampel-Koalition wirklich den Verkauf der Bundesanteile, die derzeit von der staatlichen KfW-Bank gehalten werden, realisieren sollte. Dann wäre die Deutsche Telekom AG ein 100 Prozent privates Unternehmen und alle Hoheits- und Sicherheitsaufgaben müssten dann in eine Art staatliche "Hoheits-Telekom" umgelagert werden - Spötter sprechen gerne von einer "Bundespost 2.0".
Die Befürworter des Aktienverkaufs der Bundesanteile argumentieren, dass der Bund sich "schwer tue" und in Interessenkonflikten sei, eine Telekom AG strenger zu regulieren, die teilweise dem Bund gehört und satte Dividenden-Gewinne bringt. Offizielle Stellungnahmen der Telekom gibt laut gleichlautenden Quellen bislang nicht.
Nichtsdestotrotz sehen die Quartalszahlen der Telekom "besser als erwartet" aus.