Grenzgebiete

Polnische Mobilfunker versorgen Brandenburg mit Internet

Jenseits von Cloud und Breitband: Langsames Netz in der Uckermark
Von Thorsten Neuhetzki

Tantow liegt an der Grenze zu Polen. Der polnische Anbieter Play versorgt das Grenzgebiet gut. Tantow liegt an der Grenze zu Polen. Der polnische Anbieter Play versorgt das Grenzgebiet gut.
Screenshot: teltarif.de
Wer die Uckermark kennt, der kennt eine landschaftlich wunderschöne Gegend im Norden Brandenburgs - im Osten begrenzt durch die Oder, im Norden geht es nahtlos über in die Mecklenburgische Seenplatte. Eine Gegend zum Entspannen. Doch wer in der Uckermark wohnt, ist von der Außenwelt ein wenig abgeschnitten: Sowohl Internet als auch Telefon können hier problematisch sein, wie die knapp 800 Einwohner der Gemeinde Tantow wissen. Das Telefon sei oft gestört, DSL nur im Ortskern möglich und die Mobilfunknetze überlastet. Abhilfe kommt aus Polen.

Tantow liegt an der Grenze zu Polen. Der polnische Anbieter Play versorgt das Grenzgebiet gut. Tantow liegt an der Grenze zu Polen. Der polnische Anbieter Play versorgt das Grenzgebiet gut.
Screenshot: teltarif.de
Nach Darstellung von Andreas Schwarze, dem stellvertretenden Bürgermeister in Tantow hat die Telekom zwar ein DSL-Angebot in Tantow, doch in der Praxis sei das deutlich schlechter nutzbar als es die Telekom in der Theorie sagt. Bei der Telekom heißt es auf Anfrage unserer Redaktion, 16 MBit/s seien kein Problem, die Kunden hätten diese Bandbreiten allerdings oft nicht bestellt. Nach Angaben von Schwarze sieht das anders aus: 3 bis 4 MBit/s kämen im besten Fall aus der Leitung - und das in der gleichen Straße in der sich auch die Telekom-Vermittlungsstelle befindet. "Anbieter wie 1&1, die auf die Telekom-Leitungen aufsetzen schicken Kunden hier teilweise Router und Modems zu, wenn diese einen Vertrag abschließen, weil die Zusage auf der Webseite positiv war. Ein paar Wochen folgt dann aber immer das Schreiben der Anbieter, dass man den Anschluss doch nicht schalten könne.

Schwarze schiebt das auf Telefon-Überlandleitungen aus den 90ern. Diese seien durch herabstürzende Bäume in den vergangenen Jahren schon mehrfach gerissen und wieder geflickt worden. Die Qualität der Leitungen sei entsprechend schlecht. Er habe sogar schon einstrahlende Radiosender im Telefon gehört. Und in einigen Ortsteilen sei es trotz eingebauter Verstärker noch nicht einmal möglich, ISDN zu schalten, so die Darstellung der Einwohner.

Deutsche Mobilfunkanbieter bieten nur EDGE

Schnelles Internet wird somit im Nordosten Brandenburgs zu einem Problem. Alle Einwohner, die nicht direkt im Ortskern wohnen, sind auf Mobilfunk angewiesen. Das Problem: Alle vier Mobilfunkanbieter haben dort nur GSM-Netze mit EDGE-Erweiterung. Diese ohnehin schon geringen Bandbreiten teilen sich dann alle Einwohner, die per Mobilfunk ins Internet gehen. UMTS oder gar LTE gibt es nicht. Dabei steht Tantow auf der Ausbauliste des Landes Brandenburg für LTE auf der höchsten Prioritätsstufe. Doch hier kommt die Nähe zu Polen ins Spiel: LTE kann hier nicht eingesetzt werden. An einem UMTS-Ausbau haben deutsche Netzbetreiber offenbar kein Interesse. Ein Anbieter teilte der Gemeinde mit, die Richtfunkzuführung sei zu teuer, andere meldeten sich gar nicht.

Auch der Ausbau auf anderen Wegen scheint schwierig. Zumal es Seitens des Landes Absagen zur Förderung eines Infrastrukturausbaus gibt. Die Brandenburger Landesregierung teilte der Gemeinde mit, dass die Fördertöpfe, die eigentlich bis 2013 reichen sollten, leer seinen.

Das Problem der schlechten konventionellen Internetversorgung kennt man auch in Mecklenburg-Vorpommern. In dem Bundesland habe man eine Flächenabdeckung von 95 Prozent erreicht. Die größten Probleme gebe es auch hier derzeit noch an der deutsch-polnischen Grenze im Altkreis Uecker-Randow, der sich nördlich von Tantow befindet. Die LTE-Frequenzen werden in Polen noch für das Fernsehen genutzt. Um diese Fernsehsignale nicht zu stören, müssen Schutzabstände eingehalten werden. Erst wenn in Polen irgendwann die Frequenzen geräumt sind, können auch in den deutschen Grenzregionen LTE-Netze aufgebaut werden. Hier müssten internationale Bemühungen helfen.

Netzversorgung in Polen hilft Brandenburgern

Kleine Antennen auf dem Dach empfangen die UMTS-Signale aus Polen Kleine Antennen auf dem Dach empfangen die UMTS-Signale aus Polen
Foto: privat
In Tantow behelfen sich einzelne Einwohner anders. Sie haben UMTS-Empfang. Allerdings nicht von deutschen Netzbetreibern. Aus Polen haben sie sich entsprechende polnische SIM-Karten besorgt, auf ihren Dächern haben sie Antennen montiert, die Richtung Polen zeigen und so holen sie sich schnelles Internet aus dem Ausland ins Haus. Die polnischen Netzbetreiber haben die Zeichen der Zeit offenbar erkannt. Play hat das eigene UMTS-Netz entlang der deutschen Grenze südlich von Stettin jedenfalls sehr gut ausgebaut. Ideal ist das aus Sicht der Tantower auch nicht: Der Empfang sei stark witterungsabhängig.

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