Netzausbau

100 MBit/s im Test: So gut soll das Telefónica-Netz überall werden

In Potsdam ist die Netzintegration von Telefónica bereits abgeschlossen und das LTE-Netz wurde massiv aufgerüstet. Wir haben uns das Netz in der brandenburgischen Landeshauptstadt einmal angesehen.
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In den vergangenen Monaten stand Telefónica oft in der Kritik. Schlechter Kundenservice, bescheidene Sprachqualität, immer wieder Gesprächsabbrüche und Internet-Geschwindigkeiten, die an die Ära des analogen Modems erinnern: Das sind die Erfahrungen, die Nutzer vor allem seit dem vergangenen Jahr machen.

Dabei gilt es zu bedenken, dass der Münchner Tele­kommunikations­dienstleister mit der Zusammenlegung der bislang getrennten Mobilfunknetze von E-Plus und o2 beschäftigt ist. Auch im Zusammenhang mit dieser Netzintegration mussten Kunden zum Teil massiv leiden - etwa durch einen temporären Wegfall der UMTS-Versorgung oder durch den dauerhaften Wegfall des früheren LTE-Netzes von E-Plus.

Die Netzintegration soll bis zum Jahresende weitgehend abgeschlossen sein. Letzte Feinheiten will Telefónica im ersten Halbjahr 2018 vornehmen. Danach geht es vor allem mit dem LTE-Ausbau in der Fläche und mit der Verdichtung der Funkzellen in Ballungszentren weiter. Doch wie wird das vollständig integrierte Telefónica-Netz in der Praxis funktionieren?

In Potsdam ist die Netzintegration von Telefónica abgeschlossen

Telefónica-Netztest in Potsdam Telefónica-Netztest in Potsdam
Foto: teltarif.de
Potsdam ist eine der Städte, in denen die Umrüstung abgeschlossen ist. Die früheren Netze von E-Plus und o2 sind komplett zusammengelegt. Für einen schnellen mobilen Internet-Zugang soll der LTE-Ausbau im Frequenzbereich um 1800 MHz sorgen. 20 MHz Bandbreite stehen zur Verfügung, nachdem das GSM-Netz komplett in den Bereich um 900 MHz verlegt wurde.

Zusätzlich steht LTE 800 mit 10 MHz Bandbreite zur Verfügung. Das sorgt für bessere Versorgung in Gebäuden sowie für zusätzliche Kapazität. So sind Übertragungsgeschwindigkeiten von maximal 225 MBit/s im Downstream möglich. Das ist exakt der Wert, den Telefónica derzeit als "LTE max." vermarktet.

Test mit o2-Free-SIM

Wir wollten wissen, wie gut das Telefónica-Netz in Potsdam wirklich ist, zumal der Ausbau dort einen Ausblick darauf gibt, wie der nach Kundenzahlen größte deutsche Netzbetreiber künftig auch andere Regionen Deutschlands - vor allem aber die Städte und Ballungsgebiete - abdecken will. So waren wir mit einer o2-Free-SIM-Karte und einem Apple iPhone 7 Plus in der südwestlich von Berlin liegenden Stadt unterwegs, um Telefonie und Datendienste zu testen.

Im gesamten Innenstadtgebiet hatten wir guten LTE-Empfang. Oft zeigte das S-Meter des Smartphones Vollausschlag an. Telefonate wurden direkt im 4G-Netz vermittelt. Die Sprachqualität war gut und auch während der Fahrt durch die Potsdamer Innenstadt kam es zu keinen Gesprächsabbrüchen. Zudem klappte der Verbindungsaufbau sowohl bei eingehenden als auch bei abgehenden Verbindungen jeweils zuverlässig.

Bei zuletzt im Rhein-Main-Gebiet durchgeführten Tests, wo der Zusammenschluss der beiden Netze von E-Plus und o2 noch im vollen Gange ist, kam es im fahrenden Auto immer wieder zu abreißenden Verbindungen. Zum Teil klappte der Gesprächsaufbau nicht und manchmal war auch die Sprachqualität sehr schlecht. Diese Probleme werden durch die vollständige Netzintegration offenbar behoben.

Radiostreaming ausprobiert

Besondere Aufmerksamkeit haben wir dem mobilen Internet-Zugang gewidmet. Wir sind quer durch Potsdam gefahren und haben dabei den örtlichen Lokalsender BHeins gehört - allerdings nicht auf UKW, sondern über den Livestream, der mit einer Bandbreite von 192 kBit/s für eine gute Klangqualität sorgt, aber auch recht anspruchsvoll hinsichtlich des Internet-Zugangs ist.

Wir hatten in Potsdam keine Aussetzer beim Internetradio-Streaming, während wir auch diesbezüglich im Rhein-Main-Gebiet - selbst in der Innenstadt von Frankfurt am Main - wenige Wochen zuvor schlechtere Erfahrungen gemacht haben. Das Netz in Potsdam ist offenbar dicht genug ausgebaut, um auch im mobilen Betrieb einen aussetzerfreien Empfang zu gewährleisten.

Speedtest: Mehr als 110 MBit/s im Downstream

Netzumbau bundesweit in vollem Gange Netzumbau bundesweit in vollem Gange
Foto: Telefónica
Auch beim Surfen im Internet haben wir gute Erfahrungen gemacht. Mit Speedtests wollten wir nun noch wissen, wie schnell der LTE-Zugang von Telefónica in Potsdam tatsächlich ist. Wir haben dazu unter anderem direkt am Hauptbahnhof und in der Brandenburger Straße in der Altstadt Messungen durchgeführt.

Im Downstream haben wir bis zu 110,76 MBit/s erzielt, während bei Uploads bis zu 40,26 MBit/s erreicht wurden. Das sind gute Werte, auch wenn der vom Netzbetreiber angegebene theoretische Maximalwert von 225 MBit/s deutlich verfehlt wurde (was bei vergleichbaren Tests in den Netzen von Telekom und Vodafone, die wir im Frühjahr durchgeführt haben, aber auch nicht anders war).

Mehr als 100 MBit/s haben wir im Test gleich mehrfach erreicht. Ansonsten lagen die Werte in Potsdam oft zwischen 60 und 70 MBit/s und nur einmal knapp unter 30 MBit/s. Wirklich schlechte Ergebnisse gab es nicht. Nicht ganz auf Spitzenniveau sind allerdings die Ansprechzeiten, die im Test gemessen wurden. Kürzer als 29 ms waren diese nie, zum Teil lagen die Pingzeiten aber auch bei mehr als 40 ms. Das sind im LTE-Netz eher unterdurchschnittliche Werte.

Telefónica-Netz in Potsdam lässt hoffen

Abseits der nicht optimalen Pingzeiten hinterließen unsere Tests im Telefónica-Netz in Potsdam einen guten Eindruck. Anders als in Regionen, in denen der Umbau des Mobilfunknetzes noch nicht abgeschlossen ist, kam es zu keinen Gesprächsabbrüchen bei der Telefonie, die Verbindungsqualität war besser als zuletzt gewohnt und der Anrufaufbau klappte auch nachmittags in der Rush Hour zu 100 Prozent im ersten Anlauf.

Auch der mobile Internet-Zugang hinterließ einen guten Eindruck. So waren unsere Messergebnisse in Potsdam in etwa auf dem Niveau, das wir bei unseren Netztests im Frühjahr auch bei Telekom und Vodafone erreicht haben. Noch höhere Datenraten - auch LTE-max-Niveau - gibt es nur unter optimalen Bedingungen.

Vergleichbar mit Potsdam soll das Telefónica-Netz nach Abschluss der Umbauarbeiten auch in anderen Städten und Ballungsgebieten aussehen. Hier bleibt es abzuwarten, wie schnell die Verbesserungen tatsächlich greifen und wie schnell Telefónica zudem das mobile Breitbandnetz auch in ländlichen Regionen weiter ausbaut. Schon auf der CeBIT im Frühjahr erklärte der CEO des Unternehmens, Markus Haas, in einem Zeitrahmen von zwei Jahren solle 4G nahezu flächendeckend in Deutschland verfügbar sein.

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