Chip-Netztest: o2 bei 5G in Städten auf Rang zwei
Der Netztest der Zeitschrift "Connect" wird jedes Jahr mit Spannung erwartet. Nicht minder interessant ist der Bericht des Magazins "Chip", die schon vor Jahren mit einem neuen Ansatz kamen. Chip waren die ersten, die 2011 mit Rucksack-Systemen unterwegs waren. Ausrüster war seinerzeit Focus Infocom aus Darmstadt, und Chip startete auch den ersten Smartphone-basierten Test.
Der Trick mit dem Rucksack
Chip nahm als erstes Testmagazin bewusst Rucksäcke auf die Messtour mit, um zu Fuß in Bahnhöfen und Flughäfen zu messen, "wo die Menschen wirklich sind". Was in den Rucksäcken drin ist, sehen wir gleich.
4G und 5G getrennt gemessen
Dieses Jahr hat sich Chip wieder Gedanken gemacht. Die Messungen sollten nicht einfach mit Smartphones gemacht werden, die je nach Standort und Netzausbau auf 5G umschalten würden. Die Überlegung: Nicht alle Nutzer haben heute schon ein 5G-fähiges Smartphone oder einen passenden Tarif.
Also entschied sich das Team um Wolfgang Pauler für einen doppelten Test. Einmal mit 4G (LTE) und einmal mit 5G, was dann am Ende mit 10 Prozent Anteil in die Gesamtnote eingerechnet wurde. Gerade bei Mobilfunk-Generationswechseln liege das einfach näher am tatsächlichen Nutzererlebnis.
Nächstes Jahr, vermuten die Macher bei Chip, dürfte dieser Aufwand nicht mehr notwendig sein.
4G-Team mit Rucksack und Testwagen
Der Chip-Mobilfunk-Netztest 2022: Die Telekom führt klar bei 4G und 5G
Grafik: chip.de
A propos Rucksack: In diesem Jahr ging also ein spezielles 4G-Rucksack-Team auf Wanderschaft und ein weiteres 4G-Messfahrzeug fuhr die Strecken ab. Ziel war, zu ermitteln, ob die 5G-Netze gegenüber LTE konkrete Vorteile bringen, und falls ja, welche.
Chip arbeitet bei seinem Netztest mit den Messtechnikern von NET CHECK im Auto und zu Fuß zusammen. Die Daten in den beiden Autos wurden mit dem "Benchmarker II" von Rohde & Schwarz Mobile Network Testing (MNT) eingesammelt, dem mit Abstand größten Hersteller von Mobilfunk-Benchmarking-Systemen.
Die eigentlichen Tests wurden auf den Smartphones vom Typ Samsung Galaxy S10 und dem Galaxy S21 + 5G in der Dachbox des Messwagens durchgeführt.
In den Zügen - und wenn die Teams in den Städten zu Fuß oder in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs waren-, hatten sie Rucksacksysteme vom Typ "Freerider III" von Rohde & Schwarz MNT dabei.
Über 12.000 km unterwegs
Alleine 1812 Kilometer Strecke hat ein Mess-Team in verschiedenen ICE-Zügen zurückgelegt.
Zwei weitere Teams waren in mehreren Autos etwa 10.633 Kilometer auf deutschen Autobahnen und Landstraßen unterwegs.
In großen Städten marschierte ein Rucksack-Team insgesamt 79 Stunden zu Fuß durch die Städte und fuhr Bus und Bahn.
UMTS-Abschaltung war richtig
Die UMTS-Abschaltung habe sich gelohnt, stellten die Tester fest, die Download-Geschwindigkeiten sind bei allen drei Testkandidaten, nämlich Telekom, Vodafone und o2, gestiegen. Das ist nachvollziehbar, weil die freigewordenen UMTS-Frequenzen jetzt mit schnellerem 4G/LTE und 5G genutzt werden können.
Vodafone beispielsweise nutzt die alte UMTS-Frequenz bei 2,1 GHz inzwischen zu über 87 Prozent mit LTE, die Telekom folgt mit 74 Prozent, o2 liegt bei 50 Prozent.
5G lohnt sich
Die Tester von Chip fanden heraus, dass sich die Nutzung von 5G unbedingt lohnt, speziell in Städten.
Das Ergebnis überrascht nicht: Die Deutsche Telekom führt nicht nur bei 5G. Vodafone liegt dahinter, Platz drei erhielt o2 mit "gut". o2 mache "weiterhin Fortschritte" und könne in vielen Situationen zu den Konkurrenten aufschließen.
Ganz klar: "Die Telekom hat aktuell das beste 5G-Netz und liegt in den Fernzügen vorne. Sie hat das beste Netz zum Telefonieren und Surfen und sie bietet ihren Kunden die beste Verfügbarkeit."
In den letzten drei Disziplinen sei ihr Vorsprung jedoch gering, denn das Niveau der drei deutschen Netze gleiche sich in den Städten immer mehr an. Chip findet, dass die Kunden in den Städten zwischen drei "relativ gleich starken Netzen" wählen könnten.
Bestimmte Großstädte hat Chip genauer untersucht und fand heraus, dass Vodafone sehr knapp in Berlin, München, Frankfurt und Leipzig vor der Konkurrenz lag, nur in Hamburg habe die Telekom vorne gelegen.
Nur noch in seltenen Fällen liefen Gespräche über GSM (2G), der fehleranfällige Fallback von 4G/LTE auf 3G/UMTS (CSFB) ist weggefallen.
Zugfahrten: Qualität schlechter geworden
Bei den Zugfahrten ist die Netzqualität gesunken. Der Grund ist naheliegend: Immer mehr Leute fahren mit der Bahn und sind online. Besonders bei o2 stellten die Tester im Zug Probleme fest, sowohl beim Surfen als auch beim Telefonieren.
Die LTE Ergebnisse: Telekom führt
Der LTE-Ausbau ist spürbar besser geworden, auch in ländlichen Bereichen, aber noch nicht abgeschlossen. Man spüre den Schwerpunkt der Netzbetreiber bei 5G.
Bei den Ergebnissen des Crowdsourcing (3 Milliarden Samples) über eine herunterladbare App landeten o2-Kunden bei 93,7 Prozent der erfassten Fläche auf LTE. Ausgewertet wurden Daten von 2,36 Millionen Smartphones innerhalb von 12 Wochen.
Die Telekom führt mit 97,2 Prozent und Vodafone erreichte 95,6 Prozent. In den Städten schnellten alle Werte der drei Anbieter auf über 99 Prozent hoch.
5G-Ergebnisse: Telekom weit vorne, o2 auf 3,6 GHz dicht dahinter
Die 5G-Verfügbarkeit wurde auch anhand der Crowdsourcing-Daten betrachtet. Nach knapp 10 Millionen Datensätzen ("Samples") wird das Bild der Testfahrten bestätigt: Die Telekom hat in den Städten (95 Prozent) wie auch auf dem Land (82 Prozent) die beste Verfügbarkeit von 5G, gefolgt von Vodafone und o2, das in ländlichen Gebieten fast gar kein 5G anbietet.
Der verstärkte Einsatz von 5G-DSS hat leider einen Nachteil: Zwar ist die Verfügbarkeit in der Fläche hoch, im Endeffekt hat aber 5G gegenüber 4G wenig Vorteile bei der möglichen Datengeschwindigkeit.
Wo 5G auf 3,6 GHz verfügbar ist, führt die Telekom mit 42,7 Prozent knapp vor o2 mit 41,9 Prozent. Vodafone bildet hier mit 22,5 Prozent das Schlusslicht.
Die 5G-Strategie von o2 ist im Gegensatz zur Telekom eine andere: o2 verzichtet weitgehend auf 5G-DSS und konzentriert sich in Städten auf 3,6 GHz.
Eine Bremse legt sich o2 selbst auf, die Höchstgeschwindigkeit ist bei o2 bewusst auf 500 MBit/s gelegt, das können Vodafone und Telekom schneller.
Das Endergebnis
Die Testergebnisse in der Übersicht. Telekom führt, Vodafone liegt teilweise hinter o2.
Grafik: chip.de
In der Gesamtwertung kommt die Telekom in allen Disziplinen auf den ersten Platz (Gesamt-Note 1,3). Beim Internet (zu 42 Prozent gewertet) gab es ebenfalls Note 1,3 genauso wie Telefonie (zu 28 Prozent bewertet) und Verfügbarkeit (zu 20 Prozent bewertet) mit 1,2.
Bei der Verfügbarkeit liegt Vodafone mit der Note 1,7 auf Platz zwei und bekommt im Gesamtschnitt eine 1,4. o2 landet bei 5G (mit 10 Prozent bewertet) auf 2,6 hinter Vodafone (1,5) und Telekom (1,2) die Gesamtnote für o2 ist dann 1,8 - weil eine 1,5 bei Telefonie in etwa mit Telekom (1,3) und Vodafone (1,4) fast gleichauf liegt.
Der komplette Netztest der Chip ist in der gedruckten Ausgabe am Kiosk oder unter www.chip.de zu finden.
Die Ergebnisse des Connect-Netztests finden Sie ebenfalls auf teltarif.de.