Abgehoben

Telekom will Marke weiterentwickeln

Wenn Werbe- und Marken­stra­tegen ihre Visionen defi­nieren, kann das für den Unein­geweihten schnell "abge­hoben" klingen. Wir versu­chen zu erklären, um was es dabei geht.
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So könnte in Zukunft die Werbung der Telekom aussehen, ein Liquid-Brand-Design So könnte in Zukunft die Werbung der Telekom aussehen, ein Liquid-Brand-Design
Grafik: Deutsche Telekom
Große Unter­nehmen haben eine oder mehrere Marken. Hört man vom Prozes­sor­her­steller Intel, gibt es eine akus­tische Tonfolge, die als Marken­logo genutzt wird. Ein Bär auf der Weide mit glück­lichen Kühen wirbt für eine Milch­sorte, die lila ange­sprühte Kuh hat irgendwas mit Scho­kolade zu tun und Strom soll gelb sein, damit er beson­ders sein kann.

Magenta, die Marken­farbe der Telekom

So könnte in Zukunft die Werbung der Telekom aussehen, ein Liquid-Brand-Design So könnte in Zukunft die Werbung der Telekom aussehen, ein Liquid-Brand-Design
Grafik: Deutsche Telekom
Kürz­lich musste sich das Busun­ter­nehmen Pinkbus von einem Gericht erklären lassen, dass man die Farbe "Magenta" nicht so einfach nutzen darf, weil die Verwechs­lungs­gefahr mit der Marken­farbe der Telekom zu groß sei. Also darf das ohnehin krisen­geschüt­telte Bus-Unter­nehmen seine Fahr­zeug­flotte neu lackieren. Die Farben Pink und Magenta können unter Umständ­lich farb­lich zu nahe beiein­ander liegen.

Marke fit für die Zukunft machen

Nun meldet die Deut­sche Telekom, ihre Marke "fit für die Zukunft" machen zu wollen. Das Unter­nehmen wolle sich "dem Wandel in Gesell­schaft und Tech­nologie" stellen. Die Marken­stra­tegen formu­lieren noch abge­hobener: Ein „Liquid Brand Design“ soll neue Gestal­tungs­mög­lich­keiten eröffnen.

Dafür wurde eine Konzern­schriftart mit dem Namen „TeleNeo“ entwi­ckelt, welche den "digi­talen Auftritt und Charak­teristik der Marke" stärken soll. "TeleNeo" ist so etwas ähnli­ches wie die Schrift­arten Arial, Times New Roman oder Courier, um mal die bekann­testen zu nennen. Nur wurde "TeleNeo" von und für die Telekom entwi­ckelt, die auch das Copy­right daran besitzt.

Maßnah­men­paket

Damit nicht genug. Mit einem umfas­senden Maßnah­men­paket will die Deut­sche Telekom ihren Marken­auf­tritt auf Zukunfts­kurs bringen. Das Unter­nehmen will seine "Marken­ele­mente in verschie­denen Feldern weiter­ent­wickeln und die Wieder­erkenn­bar­keit der Marke in einer zuneh­mend digi­tali­sierten Welt über alle Kontakt­punkte hinweg sicher­stellen und Voraus­set­zung für ein schlüs­siges Marken­erlebnis schaffen". Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Ok: Im Kern ist schon was dran, denn die fort­schrei­tende Digi­tali­sie­rung stellt nicht nur Unter­nehmen, sondern auch Marken vor neue Heraus­for­derungen. Wie kann man eine Marke "zukunfts­fähig" machen? Am besten mit einem Regel­werk, neudeutsch Frame­work genannt.

Origi­nalton: „Mit unserem Brand Expe­rience Frame­work schaffen wir erst­mals ein gemein­sames Verständnis dafür, was das Erlebnis unserer Marke ausmacht. Ein einfa­ches Leit­bild für Gestalter, das die Haltung des Unter­neh­mens auf den Punkt bringt“, erklärt Alex­ander Engel­hardt, Vice Presi­dent Brand Manage­ment der Telekom, der die Marken­ent­wick­lung verant­wortet. „Digi­tale Umfelder erfor­dern zuneh­mend kontex­tuelle Flexi­bilität, statt starrer Regeln. Die Marke muss in der Lage sein, sich auf die Menschen und die jewei­lige Situa­tion einzu­lassen – nicht umge­kehrt.“

Alles klar?

Neue Audio-Iden­tität

Als ersten Schritt hat die Telekom bereits im vergan­genen Jahr ihre "Audio-Iden­tität" neu defi­niert. Marken, so sagen die Experten, werden heute stärker denn je über Stimmen, Sounds oder Signal­töne wahr­genommen. Ausge­hend von der Über­arbei­tung ihres prägnanten Sound­logos (Ein Terz-Inter­vall, auf dem Klavier gespielt), leitete die Telekom nach und nach "funk­tio­nale Sounds aus deren Klang­welt" ab.

Fast unbe­merkt finden sich bereits über 40 Klänge in verschie­denen Telekom-Apps sowie dem Smart Speaker „Hallo Magenta“ wieder. Für diesen Speaker wurde darüber hinaus die "marken­typi­sche Ansa­gestimme Flavia“ kreiert. Solche Sounds und Klang­muster sollen künftig die akus­tische Wieder­erken­nung der Marke sichern.

Liquid Brand Design – Flexi­bilität trifft auf Wieder­erkenn­bar­keit

Mit der Einfüh­rung eines neuen "Brand Design Systems" heben die Macher buch­stäb­lich ab. Wört­lich: "zündet die Telekom die nächste Stufe in der Weiter­ent­wick­lung des Marken­auf­tritts. Das über­arbei­tete Design rollt das Unter­nehmen seit Juni nach und nach inter­national aus."

Das kann man nicht alleine schaffen, dazu braucht es Experten: Für die "Neuaus­rich­tung des visu­ellen Erschei­nungs­bilds, das so genannte 'Liquid Brand Design', wurde zusammen mit der Marken­agentur MetaDesign in Düssel­dorf entwi­ckelt. Es stärkt die Marken­farbe Magenta und ermög­licht gleich­zeitig ein neues Level an Krea­tivität."

Was passiert da genau?

Erklären wir es mal einfa­cher: Es gibt ein Marken-Baukas­ten­system, das wieder­erkenn­bare Elemente enthält, die flexibel genutzt werden können. Beispiels­weise die seit langem bekannten Digit-Würfel. Ohne, dass etwas drauf steht, weiß man sofort, dass die Telekom im Spiel ist, wenn diese Würfel auftau­chen. Der Experte formu­liert das als "Balance dieser beiden Aspekte wird in einem über­geord­neten Design-System orga­nisiert und mit einfa­chen Prin­zipien gesteuert."

Fragen wir Alex­ander Engel­hardt: „Die Farbe Magenta, unser T-Logo und unsere weiter­ent­wickelte neue Haus­schrift(art) TeleNeo bilden die visu­ellen Konstanten im Marken­auf­tritt. Als starke und bekannte Marken­ele­mente sorgen sie auch in Zukunft für Wieder­erkenn­bar­keit. Auf der anderen Seite ermög­licht gerade der starke visu­elle Anker unserer exklu­siven Farb­marke neue krea­tive Frei­heiten und Spiel­räume. Magenta kann einfach jede Form annehmen.“

Formen­sprache (Shapes)

Die Frei­heit der Formen­sprache (Shapes) sind variable Gestal­tungs­ele­mente, die durch die gewählte Form die Botschaft unter­stützen. Gleich­zeitig dienen sie als Träger­fläche für Kommu­nika­tion und Absender. „Bei der Kommu­nika­tion für den Smart Speaker wird deut­lich, wie spezi­fische Shapes allein durch ihre Form eine Bedeu­tung trans­por­tieren. In diesem Fall weckt die Form einer Klang­welle beim Betrach­tenden die Asso­zia­tion zum Kontext Sound. Die Form folgt jetzt der Funk­tion und unter­stützt damit den Inhalt“, erklärt Hendrik Bruning, Crea­tive Director von MetaDesign.

Schriftart TeleNeo

Mit der eigens entwi­ckelten Schriftart TeleNeo ersetzt die Telekom ihre bishe­rige Unter­neh­mens­schriftart und macht sie "charak­ter­stärker und zeit­gemäßer". Sie wurde auf das Variable Font Format aktua­lisiert, was in virtu­ellen Räumen notwendig und vorteil­haft ist – etwa bei der Gestal­tung von VR- und AR-Anwen­dungen. Variable Fonts können beispiel­weise mit dem Nutzer inter­agieren oder im drei­dimen­sio­nalen Raum aus verschie­denen Blick­win­keln betrachtet werden. Klingt span­nend.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Es gibt viele Kunden der Telekom da draußen, die erwarten von der Telekom vor allen Dingen eines: Immer und überall ein funk­tio­nie­rendes stabiles und schnelles Netz (sei es fest oder mobil), zum einem möglichst güns­tigen Preis. Das letz­terer mit der mögli­chen Netz-Qualität mitunter "kolli­diert", wird von infor­mierten Kunden gerade noch akzep­tiert, solange die eigenen finan­ziellen Möglich­keiten es erlauben. Stabiles Netz - immer und überall - muss auf jeden Fall der Marken­kern der Telekom bleiben. Sonst könnte es am Ende bei den Betei­ligten zu Enttäu­schungen kommen.

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