Netzausbau

Berliner U-Bahn: Behördenfunk hat jetzt eigenes Netz

Mobiles Surfen im Berliner Unter­grund: Ein Drama, speziell bei Telekom oder Voda­fone. o2 konnte dank E-Plus früher anfangen. Die Polizei hat binnen vier Jahren ein komplettes Digital-Netz im Unter­grund gebaut.
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Die Handy- und Smart­phone-Funk­ver­sor­gung im Berliner Unter­grund ist nach wie vor durch­wachsen. Schon längst hätte das Berliner-U-Bahn-Netz komplett mit LTE von Telekom, Voda­fone und Telefónica (o2) ausge­baut sein sollen, doch die Sache läuft nur zäh voran.

Regie führt im Unter­grund die Telefónica als recht­mäßige "Erbin" des E-Plus-Netzes. Auf Nach­frage ist von "mit den Vorgängen vertrauten Personen" zu hören, dass die Zeit­fenster zum Einbau von Funk­antennen und System im Unter­grund nur sehr kurz sind, weil der laufende Betrieb nicht beein­träch­tigt werden soll und solange keine Tech­niker in die engen Tunnel dürfen. Hört man genauer hin, wird immer wieder Kritik an der "schwer­fäl­ligen" U-Bahn-Gesell­schaft BVG geäu­ßert.

BOS-Funk im Unter­grund

Innerhalb von vier Jahren wurde im Berliner Untergrund ein komplettes Digital-Funk-Netz für Polizei und Feuerwehr realisiert. Zivile Handykunden können an vielen Stellen weiterhin nicht surfen Innerhalb von vier Jahren wurde im Berliner Untergrund ein komplettes Digital-Funk-Netz für Polizei und Feuerwehr realisiert. Zivile Handykunden können an vielen Stellen weiterhin nicht surfen
Foto: Picture-Alliance / dpa
Nun hat sich das Bild verschoben: Die Sicher­heits­behörden haben offi­ziell seit heute ihr eigenes Digital-Funk-Netz im Berliner Unter­grund: Genauer auf 170 U-Bahn­höfen und im Tunnel­netz der BVG. Das hat Berlins Innen­senator Andreas Geisel heute gemeinsam mit Berlins Poli­zei­prä­sidentin Dr. Barbara Slowik und der Vorstand­vor­sit­zenden der BVG (Berliner U-Bahn-Gesell­schaft), Eva Kreien­kamp, und dem Landes­brand­direktor Dr. Karsten Homrig­hausen getan, sie drückten den berühmten roten Knopf.

Damit sei ein weiteres wich­tiges Projekt der Koope­ration zwischen BVG, Polizei Berlin und Senats­ver­wal­tung für Inneres und Sport erfolg­reich abge­schlossen worden. Die im Jahre 2017 geschlos­sene Koope­rati­ons­ver­ein­barung für die Sicher­heit im Öffent­lichen Perso­nen­nah­ver­kehr sieht neben gemein­samen Streifen von Polizei und BVG-Sicher­heit auch den Aufbau einer verläss­lichen Funk­ver­sor­gung für die Einsatz­kräfte der Polizei Berlin und der Berliner Feuer­wehr in den U-Bahn­höfen und dem dazu­gehö­rigen Tunnel­netz vor.

Provi­sori­sche Lösung durch Kanal­wechsel entfällt

Bisher konnten die Einsatz­kräfte nur mit einer sehr begrenzten Anzahl an Funk­geräten das Digi­tal­funk­netz der BVG in Bahn­höfen und Tunneln mitbe­nutzen. Dazu mussten die Geräte der Einsatz­kräfte auf das BVG-Netz umge­schaltet werden. Eine direkte Verbin­dung mit den Leit­stellen von Polizei und Feuer­wehr war damit nicht möglich.

Nachdem die BVG im Zuge der Erneue­rung ihrer Netz­werkin­fra­struktur die Voraus­set­zungen zur Einspei­sung und Vertei­lung des Digi­tal­funk­signals inner­halb des BVG-Netzes geschaffen hatte, konnte durch die Polizei Berlin die hierfür erfor­der­liche Digi­tal­funk­sys­tem­technik bereit­gestellt und instal­liert werden.

Finale Messungen im August 2021

Nach abschlie­ßender Messung aller U-Bahn-Stre­cken im August 2021 kann die Digi­tal­funk­ver­sor­gung des Berliner BVG-Netzes nun offi­ziell frei­gegeben werden. Insge­samt wurde von Seiten der Senats­ver­wal­tung für Inneres und Sport zur Umset­zung des Projektes circa 600.000 Euro im Rahmen des Präven­tions- und Sicher­heits­paketes inves­tiert.

Innen­senator Andreas Geisel freut sich: „Der öffent­liche Perso­nen­nah­ver­kehr in Berlin ist das Rück­grat für die Mobi­lität in unserer Stadt. [...] Wir brau­chen hier also ein sehr hohes Sicher­heits­niveau. Vor allem in Krisen­situa­tionen. Polizei und Feuer­wehr sind auf stabile Kommu­nika­tion bei ihren Einsätzen ange­wiesen. Das können wir mit dem neuen Digi­tal­funk jetzt gewähr­leisten. Der heutige Tag ist ein wich­tiger Tag für die Sicher­heit in unserer Stadt.“

Berlins Poli­zei­prä­sidentin Barbara Slowik stimmt ihm zu: „Meine Kolle­ginnen und Kollegen sind täglich im Öffent­lichen Perso­nen­nah­ver­kehr im Einsatz. Eine sichere und störungs­freie Funk­ver­bin­dung ist hierbei von beson­derer Bedeu­tung. Dass die BVG auf U-Bahn­höfen und im Tunnel­netz mit Digi­tal­funk ausge­stattet ist, begrüße ich daher sehr. [...]"

Eva Kreien­kamp, Vorstands­vor­sit­zende der BVG und Nach­fol­gerin von Sigrid Nikutta, die zur deut­schen Bahn wech­selte, sagt: „Polizei, Feuer­wehr und BVG sind seit jeher als Team im Dienste der Stadt unter­wegs. Deshalb ist es für uns selbst­ver­ständ­lich, dass wir alles tun, unsere Kollegen bei der Arbeit zu unter­stützen. Der Ausbau des Digi­tal­funks in unseren Bahn­höfen und Tunnel­anlagen ist dafür ein wich­tiger Schritt, der die Sicher­heit für unsere Fahr­gäste und Mitar­beiter erhöht.“

Auch für Dr. Karsten Homrig­hausen, den Landes­brand­direktor der Berliner Feuer­wehr, ist die Inbe­trieb­nahme des Digi­tal­funk­netzes "eine verbes­serte Kommu­nika­tion bei der Bewäl­tigung unserer Einsätze."

Ober­irdisch fehlen noch Sender

Dafür muss im ober­irdi­schen Digi­tal­funk­netzes der Polizei von Berlin noch etwas getan werden. Nach "jahre­langen Planungen und Problemen" soll der Ausbau bis 2023 abge­schlossen werden. Bis jetzt seien 65 von 80 Funk­sta­tionen fertig, teilte Poli­zei­chefin Slowik mit.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wie man hört, hatte unter anderem die Gewerk­schaft der Polizei (GdP) in Hinblick auf aktu­elle Bedro­hungs­lagen schon länger einen Netz­ausbau im Unter­grund gefor­dert. Binnen vier Jahren konnte das von der Unter­schrift bis zur Einschal­tung verwirk­licht werden. Den GSM-Mobil­funk gibt es seit den 1990er Jahren im Berliner Unter­grund, anfangs nur von E-Plus, der Rest kam später.

Dass das LTE-Mobil­funk­netz für alle drei derzeit aktu­ellen Netze im Berliner Unter­grund bis heute nicht richtig fertig geworden ist, ist wahr­lich kein Ruhmes­blatt.

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