UKW-Abschaltung

Heftiger Streit um geplantes UKW-Ende in Bayern

Mit einem Brand­brief reagieren Privat­radios in Bayern gegen eine geplante, mehr­stu­fige UKW-Abschal­tung. Sie wollen eine Bestands­garantie bis 2045. Andere senden exklusiv auf DAB+. Ihnen kann es mit dem UKW-Aus nicht schnell genug gehen.
Von mit Material von dpa

Um die Zukunft des analogen Radios in Bayern ist einmal wieder ein heftiger Streit entbrannt. Der Chef­auf­seher für die Privat­sender im Frei­staat will ein Ende der UKW-Verbrei­tung in ein paar Jahren und setzt beson­ders auf das digi­tale DAB+. Das moderne Digi­tal­radio bietet vor allem Platz für viel mehr Sender als die Ultra­kurz­welle.

Große Private gegen Aus für UKW

Laut vielen bayerischen Privatradios sollen UKW-Radios auch noch 2045 spielen Laut vielen bayerischen Privatradios sollen UKW-Radios auch noch 2045 spielen
Foto: Franzis
Das hat im Frei­staat für eine heftige Spal­tung der Radio­szene gesorgt. Da wären auf der einen Seite die exklusiv über DAB+ verbrei­teten Programme ohne UKW-Frequenzen, die ein schnelles Aus für den alten, analogen Hörfunk fordern, da ihnen ansonsten die Pleite droht. Sie brau­chen maxi­male Reich­weite, um ihre Inves­titionen zu refi­nan­zieren. Das geht nur, wenn UKW auf die Müll­halde beför­dert wird. Denn erst, nachdem sich die Bevöl­kerung neue Empfänger zuge­legt hat, haben die neuen Programme eine Chance, auch massen­haft gehört zu werden, was auch für die Werbe­ein­nahmen Grund­vor­aus­set­zung ist.

Größter Gegner eines fixen UKW-Abschalt­datums ist auf der anderen Seite der einzige landes­weite Privat­sender Antenne Bayern - aber bei weitem nicht allein. Die Sender­gruppe hat mit rund 50 der etwa 80 regio­nalen und lokalen Radios einen Brand­brief an die Politik geschrieben. Sie fürchten, ohne UKW viele Hörer und hohe Einnahmen zu verlieren.

Der Trend ist klar: DAB+ legt in Bayern seit Jahren stetig zu. Ein Grund ist, dass Radio viel im Auto läuft, neue Modelle haben DAB+ an Bord. Auch Web-Radio nimmt zu, bringt den Sendern aber bisher viel weniger Werbe­ein­nahmen. Der UKW-Empfang sinkt zwar stetig, doch noch hören gut 40 Prozent der Menschen in Bayern ab 14 Jahren Radio nur via UKW.

Beim Fern­sehen gab es den harten Umstieg

Beim Fern­sehen gab es vor ein paar Jahren den Umstieg auf digital mit einem damals harten Abschied vom analogen Anten­nen­emp­fang. Auch das UKW-Aus ist für den Chef­auf­seher der Privat­radios, Thorsten Schmiege, klar: "Mitt­ler­weile ist nicht mehr die Frage, ob DAB+ künftig UKW ersetzt, sondern nur wann", sagt der Präsi­dent der Baye­rischen Landes­zen­trale für neue Medien (BLM). Im BLM-Aufsichts­gre­mium, dem Medi­enrat, steht das heikle Thema an diesem Donnerstag auf der Tages­ord­nung.

BLM-Chef Schmiege setzt auf ein Stufen­modell: Bis 2030 soll demnach UKW verlän­gert werden. Je nach Nutzung wäre dann noch einmal ein Nach­schlag bis maximal 2032 möglich, dann aber soll Schluss ein.

Viele Sender laufen dagegen Sturm: "Die Radio­viel­falt steht auf dem Spiel!" So lautet der Titel ihres Protest­briefs an die noch amtie­rende Staats­regie­rung und die Frak­tionen im neuen Landtag. Das geplante UKW-Aus hätte "die Insol­venz einer größeren Zahl von Lokal­radios" zur Folge, heißt es in dem der Deut­schen Presse-Agentur (dpa) vorlie­genden Brief.

Ihre Rech­nung: Ohne UKW drohten Hörer­ver­luste bei der Reich­weite von 20 bis 30 Prozent und ein Umsatz­minus für Bayerns Privat­radios von 20 bis 35 Millionen Euro jähr­lich. Die Kosten für UKW lägen dagegen klar nied­riger bei bis zu sieben Millionen Euro.

Private wollen UKW bis mindes­tens 2045

Sie fordern, die UKW-Dauer per Gesetz in ihrem Sinne zu regeln - ohne Enddatum oder mit Option bis 2045. Einen Gesetz­ent­wurf haben sie auch mitge­schickt. Sie hätten das gern im Koali­tions­ver­trag, den CSU und Freie Wähler gerade aushan­deln, schrieben sie den Partei­chefs Markus Söder und Hubert Aiwanger. Offi­zielle Reak­tion bisher Fehl­anzeige.

Was den Tech­nik­streit noch brisanter macht: Die UKW-Zuwei­sungen für Bayerns Privat­radios laufen 2025 aus, ohne die kann ein Sender kein UKW nutzen. Gehan­delt werden muss also - aber wie? Experten streiten sich, ob eine Verlän­gerung wie bisher erneut möglich ist. BLM und Antenne Bayern haben jeweils hoch­ran­gige Rechts­gut­achten aufge­fahren.

Antenne-Bayern-Geschäfts­führer Felix Kovac sieht unter Verweis auf Ex-Bundes­ver­fas­sungs­richter Udo Di Fabio die BLM gar nicht zuständig: "Eine so grund­legende Entschei­dung darf ausschließ­lich der Gesetz­geber treffen", sagt Kovac, auch Vorsit­zender der Verei­nigung baye­rischer Rund­funk­anbieter (VBRA). Schmiege kontert, Entschei­dungen wie zu UKW seien "staats­fern zu treffen", also von BLM und Medi­enrat.

Der Verband Baye­rischer Lokal­rund­funk (VBL) ist eben­falls gegen ein fixes Aus für UKW. Eine Verlän­gerung über 2025 hinaus sei "drin­gend erfor­der­lich". Wer das aber wo und wie im Detail regeln soll, da legt sich der recht hete­rogene Verband nicht fest.

Für kleine Sender ist UKW bis zum Sankt Nimmer­leinstag exis­tenz­bedro­hend

Die Kosten für mehrere Sende­wege machen aller­dings beson­ders kleinen Sendern in länd­lichen Gegenden zu schaffen. Daher können sie sich mit dem BLM-Auslauf­plan eher anfreunden. So warnt der Geschäfts­führer von Radio 8 und Radio Galaxy in Ansbach, Torsten Mieke, eine fast unbe­grenzte UKW-Nutzung könne finan­ziell "exis­tenz­gefähr­dend" werden.

Die BLM sieht das ebenso. Sie betreibt für alle Privaten über eine Tochter die Infra­struktur und warnt vor weiter stei­genden UKW-Kosten. Von womög­lich weniger lokalen Radios würden große Sender profi­tieren. Bayerns Medi­enpo­litik setzt aber tradi­tio­nell auf regio­nale Viel­falt.

BR: UKW-Abschal­tung erst, wenn auch Private aussteigen

Wichtig für die Privat­radios: Der öffent­lich-recht­liche Wett­bewerber Bayri­scher Rund­funk (BR) soll mit klarem Abstand vor den Privaten aus UKW aussteigen. Der BR strebt zwar wie die gesamte ARD den Wechsel auf DAB+ an. Die für die Finanzen der Öffent­lich-Recht­lichen wich­tige Kommis­sion (KEF) gesteht ihnen nur noch befristet UKW-Mittel zu. Ein BR-Spre­cher sagt aber mit Blick auf die Privaten: "Der Umstieg kann nur gemeinsam mit allen Markt­betei­ligten im Dualen System gelingen."

Deutsch­land­weit gleicht die UKW-Frage einem Flicken­tep­pich. Rund­funk ist Länder­sache. So mancher baye­rische Sender blickt etwa zum Nach­barn im Südwesten: "Der Gesetz­geber in Baden-Würt­tem­berg hat für alle bestehenden DAB- und UKW-Frequenz­zuwei­sungen eine Verlän­gerungs­mög­lich­keit bis Ende 2032 gere­gelt", erklärt der dortige Chef­auf­seher Wolf­gang Kreißig von der Landes­anstalt für Kommu­nika­tion (LfK). "Ein Abschalt­datum für UKW gibt es nicht."

In mehreren Bundeslän­dern werden frei gewor­dene UKW-Frequenzen nicht mehr neu vergeben. Damit wollte man das Digi­tal­radio DAB+ stärken. Letzt­end­lich schadet diese Politik aber Anbie­tern ohne UKW-Frequenzen und sollte daher rück­gängig gemacht werden.

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