Galgenfrist

Unitymedia will Radio weiter auch analog ausstrahlen

Netzbetreiber Unitymedia will nun doch weiter analoges Radio im Kabel anbieten. Gegen eine Abschaltung hatten sich Hörfunk­an­bieter und Privat­radio­verbände ausge­sprochen.
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Unitymedia will Radio weiter auch analog ausstrahlen Unitymedia will Radio weiter auch analog ausstrahlen
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Der Kabelnetzbetreiber Unitymedia (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg) will wie angekündigt die analoge Verbreitung von TV-Programmen zum 30. Juni 2017 vollständig einstellen. Eigentlich sollte dann auch Schluss mit analogem Radio über Kabel-UKW sein. Doch der Netzbetreiber hat hier nun einen Rückzieher gemacht: "Das analoge Radioangebot bleibt zunächst unberührt und wird voraussichtlich erst im Verlauf der nächsten Jahre abgeschaltet", teilt der Netzbetreiber nun mit. Mindestens noch bis 2020, eher länger, soll es Kabel-UKW nun noch geben.

Druck von Sendern und Verbänden

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Unitymedia reagierte damit vor allem auf Privatradioverbände und Sender. Während die TV-Kollegen inzwischen in der digitalen Welt angekommen sind, hinken ihre Kollegen beim Radio noch hinterher. Viele wollen überhaupt keinen Umstieg auf digitale Verbreitungswege. Aktuell ist Kabel-UKW noch die drittmeist genutzte Technik beim Hörfunk - hinter der analogen UKW-Verbreitung und Satellitenempfang, und vor digitalen Techniken wie Internetradio oder DAB+. Viele Besitzer von HiFi-Anlagen nutzen das UKW-Angebot im Kabel, das im Vergleich zur Terrestrik ein etwas größeres Programmangebot liefert. Dagegen weisen Radioveranstalter darauf hin, dass digitales Kabel-Radio (DVB-C) so gut wie gar nicht genutzt wird, auch weil es hierfür keine separaten Radio-Empfänger gibt. Der Kunde benötigt zum Empfang von DVB-C einen Digitalreceiver oder muss das Radioprogramm direkt über sein Fernsehgerät hören.

DAB+ soll nicht ins Kabel

Spätestens mit Einführung des neuen Kabel-Internet-Standards DOCSIS 3.1, der den Frequenzbereich zwischen 5 und 204 MHz nutzen soll, käme dann aber doch das Aus für das Kabel-UKW. Obwohl technisch möglich soll das Digitalradio DAB+ im Vergleich etwa zur Schweiz nicht im deutschen Kabel eingeführt werden. Hierfür stände zwar nur der Frequenzbereich von 204 (Kanal 9B) bis 240 MHz (Kanal 13F) zur Verfügung, und damit ein Teil der terrestrischen Bandbreite (174 bis 240 MHz). Trotzdem würde das bei voller Multiplex-Belegung für bis zu 300 Hörfunkprogramme im DAB+-Standard ausreichen.

Lahme Radio-Digitalisierung: Piraten kritisieren Gesetzgeber

Die Piratenpartei kritisiert unterdessen die Bundesregierung bei der Digitalisierung des Radios. Jörg Arweiler, politischer Geschäftsführer der Piratenpartei Saarland, prangert vor allem die zögerliche Haltung des Gesetzgebers bei der Förderung moderner Radiotechnologien an und möchte Ausbau und Verbreitung des Digitalradios DAB+ weiter vorantreiben: "Die Schweiz ist Deutschland, was Ausbau und Verbreitung angeht, deutlich voraus“ sagt Arweiler. Dort würde das Ende der UKW-Ausstrahlung für 2024 bereits rechtlich verbindlich festgelegt. "Was in unserem Nachbarland möglich ist, ist in Deutschland noch in sehr weiter Ferne. Denn viele UKW-Radiosender möchten ihren exklusiven Sendebereich nicht mit der Konkurrenz teilen. Da UKW-Frequenzen eng begrenzt sind, kann man sich so Sendemonopole in bestimmten Gebieten auf unbestimmte Zeit sichern".

Es sei daher zwar nachvollziehbar, warum große Radiobetreiber kein Interesse an einer Digitalisierung haben. Die Piraten ständen aber "für freie Medien und Märkte. Daher ist es sinnvoll, die letzten Monopole im UKW-Radiomarkt aufzubrechen und auf eine konsequente Digitalisierung dieses Marktes zu setzen. Während das digitale Fernsehen bereits Standard ist, setzt man beim Radio weiter auf Technologie aus dem letzten Jahrtausend, nur um eigene Sendegebiete vor der Konkurrenz zu schützen". Erst wenn ein Ende der UKW-Ära definitiv feststehe, sei der Weg für ein modernes und vielfältiges Radioangebot in Deutschland frei, meint Arweiler.

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