United Internet wegen Streits mit Telefónica unter Druck
1&1-United-Internet-Chef Ralph Dommermuth musste eine Gewinnwarnung aussprechen.
Foto: Picture Alliance / dpa
Seit dem Ende der denkwürdigen "5G-Versteigerung" rätselt die Fachwelt, wann und wie der "neue Netzbetreiber" 1&1-Drillisch an den Start gehen will. Eine denkbare Variante könnte für 1&1-Drillisch die "Untermiete" bei Telefónica o2 sein. Das wäre die naheliegendste Option, denn die Fusion von E-Plus und Telefónica o2 wurde nur genehmigt, nachdem Telefónica ein Teil seiner Netzkapazitäten an 1&1-Drillisch "vermietet" hatte. Das wollte die EU-Kommission so haben - damit sollte der "Wettbewerb zu Gunsten der Verbraucher" angekurbelt werden.
Doch da gibt es aktuell Streit. Was darf die Netzleistung von o2 kosten?
Vorsicht Gewinnwarnung
1&1-United-Internet-Chef Ralph Dommermuth musste eine Gewinnwarnung aussprechen.
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1&1 musste eine Gewinnwarnung "wegen unerwartet hoher Rechnungen" abgeben und schon geriet die Aktie des Internetkonzern United Internet (Mutter von 1&1) unter Druck. Der Kurs des Konzerns aus Montabaur sackte heute an der Börse um etwa ein Viertel ab, auch die Mobilfunk-Tochter Drillisch verlor massiv.
Am Wochenende hatte das Unternehmen die Gewinnwarnung veröffentlicht, nachdem der Wettbewerber Telefónica deutlich mehr Geld für Mobilfunk-Kapazitäten gefordert hatte, als United Internet bezahlen wollte und intern kalkuliert hatte. Für die Mehrkosten bildete das Unternehmen unter der Leitung von Ralph Dommermuth rund 80 Millionen Euro als Rückstellungen.
Zur Zusammenarbeit verdammt
United Internet/Drillisch und Telefónica sind auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt Wettbewerber und Partner zugleich. Dommermuth war als "virtueller Netzbetreiber" eingestiegen. Er hat keine eigenen Funkstationen, darf aber die von Telefónica (o2) nutzen. Wie viel Geld United Internet dafür an o2 zahlen muss, war schon 2019 umstritten. Damals blieb Telefónica der Sieger.
Nach 2019 hat sich die Situation für United Internet etwas verändert, denn das Unternehmen ersteigerte erstmalig eigene Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G - bis spätestens 2022 muss 1&1-Drillisch 1000 eigene Sendemasten aufstellen und bis Ende 2025 ein Viertel der deutschen Haushalte mit schnellem Internet versorgen.
Kriegen sie "National Roaming"?
Damit Kunden von 1&1-Drillisch auch anderswo noch Handyempfang haben, soll United Internet/Drillisch in Gebieten ohne eigene Anlagen das Netz der Konkurrenz nutzen dürfen - dies wird "Nationales Roaming" genannt. Um dieses Roaming zu bekommen, verhandelte United Internet mit den drei Netzbetreibern Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica. Die Gespräche mit der Telekom und Vodafone waren bisher nicht sonderlich erfolgreich, die Gespräche mit Telefónica liefen schon besser. Man kennt sich, denn mit o2 arbeitet United Internet ja ohnehin schon intensiv zusammen.
Preisbasis für künftiges Roaming?
Die derzeitigen Netzkapazitätspreise sind eine Art Ausgangsbasis für ein mögliches Nationales Roaming - sollte zum Roaming ein Vertrag abgeschlossen werden, könnten sich dessen Kosten aus den aktuellen Preisen ableiten. Es geht also keineswegs nur um Zahlungen für ein paar Monate, sondern womöglich um eine Preisbasis für die nächsten Jahre - das erklärt die Heftigkeit des aktuellen Streits.
Telefónica betonte als Reaktion auf die Empörung aus Montabaur, die Rechnungen seien korrekt erstellt, die Vertragsdetails seien seit langem bekannt. United Internet prüft nun rechtliche Schritte.
Kein eigenes Netz?
Es ist klar, dass Telekom und Vodafone einen Netzbetreiber der so gut wie gar keine eigenen Sendestationen besitzt oder bauen will, ungern auf ihr Netz lassen. Denn 1&1-Drillisch kann nur Kunden gewinnen, wenn sie alle bisher dagewesenen Preise dramatisch unterbieten. Und dann wären deren SIM-Karte ja viel attraktiver, wenn man damit auch in den Netzen von Telekom und Vodafone oder o2 "roamen" könnte.
Wo hängt die Reißleine?
Bleibt die Frage, ob sich 1&1-Drillisch und o2 einigen können und ob vielleicht mit Telekom oder Vodafone auch noch ein Abkommen zustande kommt Oder ob Ralph Dommermuth die Notbremse zieht und seine Frequenzen an die anderen drei 5G-Lizenzinhaber verkauft und weiter nur als virtueller Netzbetreiber im Netz von o2 aktiv bleibt.