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Kindle Fire HD 8 im Test: Das ging schon besser, Amazon!

Amazon hat in diesem Herbst wieder neue Tablet-Modelle vorgestellt. Wir haben das Kindle Fire HD 8 im Test näher in Augenschein genommen und verraten, was das 160-Euro-Tablet von Amazon leistet.
Von Rita Deutschbein

Nutzer müssen sich vor dem Kauf des Fire HD 8 darüber im Klaren sein, dass sie nicht alle von anderen Tablets bekannten Funktionen ohne Probleme nutzen können. Ein Beispiel: Mit einem herkömmlichen Android-Tablet können sie nicht nur den Amazon App-Shop als zusätzlichen Store installieren, sie können neben Amazon-Diensten wie Prime Instant Video auch die Streaming-Dienste anderer Anbieter wie Maxdome etc. nutzen. Andersherum lässt sich auf einem Kindle Fire der Play Store nicht installieren und viele zu den Amazon-Anwendungen in Konkurrenz stehende Dienste wie beispiels­weise Maxdome bietet das Unternehmen in seinem App-Shop nicht an. Der Umweg auf Maxdome über den Browser funktioniert ebenfalls nicht, da entsprechende Plugins zum Abspielen von Videos fehlen, die sich ohne Weiteres auch nicht installieren lassen. Dieses Beispiel zeigt, das Amazon klar die eigenen Angebote in den Fokus rückt und Nutzern den Zugriff auf Alternativen entweder sehr schwierig macht oder ganz verweigert. Kindle Fire HD 8 im Test Amazons Tablet kommt mit eigenem Fire OS 5
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Die Integration der eigenen Dienste gelingt Amazon hingegen hervorragend. Mit einem Wisch haben Nutzer Zugriff auf den Musik- und den Video-Streaming-Dienst, den App-Shop sowie die eigene E-Book-Bibliothek, sollten sie eine solche bei Amazon angelegt haben. Wer Prime-Kunde ist, kann sogar auf einen Großteil der Inhalte kostenfrei zugreifen. Am Beispiel des Amazon Kindle Fire HD 8 zeigt es sich also mal wieder, dass es eine wichtige Rolle spielt, vor dem Kauf eines Gerätes abzuschätzen, welche Dienste man später nutzen möchte. Für Amazon-Fans ist das Tablet mit seinem einfachen Zugriff auf alle wichtigen Dienste des Unternehmens ideal, Freigeister werden sich an der engen Bindung zum Händler wohl eher stören und sind mit einem klassischen Android-Tablet besser beraten.

Leistung: Solide, aber mehr nicht

Werfen wir einen Blick auf die technische Ausstattung, so zeigt sich, dass Amazon mit genauen Informationen zum Prozessor etwas sparsam umgeht. Das Unternehmen spricht von einem 1,5-GHz-Quad-Core-Prozessor, der von Mediatek stammen und auf 1 GB Arbeits­speicher zugreifen soll. Im Test fanden wir heraus, dass Amazon im Speziellen den Mediatek MT8135 verwendet. Bei dem Chip handelt es sich um ein Modell, das vorwiegend in Tablets zum Einsatz kommt und dessen Leistung sich auf dem mittleren Niveau bewegt.

Das SoC (System on Chip) ist bereits zwei Jahre alt und wird im 28-Nanometer-Verfahren gefertigt. Zwei der vier Kerne basieren auf der Cortex-A7-Architektur und haben eine Taktrate von 1,2 GHz. Die anderen zwei Cortex-A15-Kerne haben eine Taktrate von maximal 1,5 GHz. Bei hoher Beanspruchung können alle vier Kerne auch gleichzeitig arbeiten, der Mediatek MT8135 ist somit ein echter Quad-Core-Prozessor. Für die Grafik sorgt eine PowerVR-G6200-Grafikeinheit.

Sowohl der Prozessor als auch die Grafikeinheit meistern reguläre Tablet-Anwendungen wie das Surfen im Netz und das Spielen gewöhnlicher Android-Games ohne Probleme. Bei schnellen Bildwechseln oder bei aufwendigen Grafikanforderungen kommt das SoC aber an seine Grenzen. Hier kann es zu längeren Wartezeiten zwischen den Prozessen oder zu Rucklern kommen. Das Abspielen von HD-Filmen meisterte das Kindle Fire HD 8 im Test indes problemlos.

Aufgrund der begrenzten App-Auswahl stand uns im Test lediglich der 3DMark-Benchmark als Vergleich zur Verfügung. Im Unlimited-Test belegte das Kindle Fire HD 8 9595 Punkte und liegt damit deutlich hinter den aktuellen Tablets von Samsung (Galaxy Tab S2) und Sony (Xperia Z4 Tablet) zurück, die im gleichen Test über 20 000 Punkte erzielen konnten, zugegebenermaßen aber auch deutlich besser ausgestattet sind. Besser ist der Vergleich mit dem Kindle Fire HDX, da sich beide Geräte recht ähnlich sind. Das HDX kam im Unlimited-Test immerhin auf rund 13 000 Zähler und schlägt das Fire HD 8 damit in Sachen Leistung ebenfalls. Kindle Fire HD 8 im Test Novum: Kindle-Fire-Tablet mit Speicherkartenslot
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein

Kindle Fire HD 8: Die Schnittstellen

Eine Mobilfunk­schnittstelle bietet das Kindle Fire HD 8 nicht, daher lässt sich mit dem Tablet weder telefonieren noch unterwegs über das Mobilfunknetz im Internet surfen. Im Bereich WLAN hat sich Amazon aber nicht lumpen gelassen und das Fire HD 8 mit Dualband-WLAN a/b/g/n/ac ausgestattet. Verbindungen stellt das Gerät zügig und stabil her. Einmal gespeichert, bucht sich das Tablet problemlos in bekannte Netzwerke ein.

Kindle-Fire-Tablets sind nicht für ihre umfangreichen Schnittstellen bekannt. Bisherige Modelle hatten lediglich einen microUSB-2.0-Port - sonst nichts. Immerhin hat Amazon umgedacht und das Fire HD 8 wie die anderen Modelle der vierten Tablet-Generation (mit Ausnahme des HD 6) mit einem microSD-Speicherkartenslot ausgerüstet.

Für Multimedia-Fans ist dieser Slot ein echter Mehrwert, vor allem, da das Kindle Fire HD 8 wahlweise nur mit 8 oder 16 GB Speicher zu haben sind. Aufgrund der System­belegung sind von diesen Speicherkapazitäten für den Nutzer gerade noch rund 4,5 bzw. 11,5 GB frei belegbar. Wer sich also Filme und Serien von Amazon Instant Video auf sein Tablet laden möchte, um diese offline anschauen zu können, bekommt Schwierig­keiten, da der Speicher schnell voll ist. Steht kein Internet-Zugang zur Verfügung, nutzt es auch nichts, dass Amazon den Nutzern kostenfrei unbegrenzten Speicherplatz in der Amazon-Cloud bereit stellt. Der SD-Slot bietet Abhilfe. Er fasst Speicher­karten mit bis zu 128 GB und ermöglicht es somit, Filme, E-Books und andere Dateien vom System­speicher auszulagern.

Auf NFC, GPS oder andere Besonder­heiten müssen Nutzer des Kindle Fire HD 8 indes verzichten. Es gibt jedoch Bluetooth mit A2DP-Unterstützung, sodass das Tablet drahtlos mit Kopfhörern oder einer Tastatur gekoppelt werden kann. Außerdem verfügt das Gerät über zwei Stereo-Lautsprecher, die laut Amazon den Ton in Dolbi Audio ausgeben sollen. Die Lautsprecher sind, wenn das Fire HD 8 hochkant gehalten wird, an der linken Seite positioniert und können leicht durch eine Hand verdeckt werden. Dies vermindert die Tonqualität. Ansonsten ist die Tonausgabe für ein Tablet erstaunlich gut. Musik und auch die Sprachausgabe klingt vergleichsweise satt und ausgewogen, selbst Höhen und ein leichter Bass sind erkennbar. Mitunter ist die Ausgabe allerdings etwas zu leise. Kindle Fire HD 8 im Test Aussparungen für Lautsprecher wurden ins Gehäuse gebohrt
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein

Akku: Angaben fehlen

Schwierig ist die Bewertung der Akkulaufzeit beim Kindle Fire HD 8. Denn Amazon schweigt sich darüber aus, was für eine Batterie eingebaut wurde. Der Hersteller gibt lediglich an, dass der Akku Strom für "bis zu acht Stunden lesen, im Internet surfen, Videos schauen und Musik hören" bieten soll.

Wir haben das Ganze ausprobiert und bei mittlerer Display-Helligkeit ein zweistündiges Video abgespielt. In dieser Zeit fiel der Akkuladestand von 78 auf 62 Prozent - also 16 Prozent innerhalb von 120 Minuten. Den von Amazon versprochenen Wert dürfte das Tablet zumindest bei der Video-Wiedergabe somit nicht erreichen.

Kamera: Auch nichts für Schnappschüsse

Die Hauptkamera des Kindle Fire HD 8 macht Fotos mit bis zu 5 Megapixel. Zusätzlich steht eine 0,9-Megapixel-Frontkamera bereit. Beide Modelle müssen ohne LED-Blitz auskommen, was sich bei der Hauptkamera vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen bemerkbar macht. Das Ergebnis der Fotosession im Dunkeln ist ein schwarzer Einheitsbrei. Farben lassen sich nur mit Fantasie unterscheiden, Details verschwinden ganz. Im Grunde ist das aufgenommene Motiv nicht erkennbar. Besser sind die Bildergebnisse bei Kunstlicht. Allerdings fällt auch hier das Foto insgesamt zu dunkel aus. Merkwürdig sind die schwarzen Schatten, die vor allem bei der Rose sichtbar werden und Details verschwinden lassen. Die verschiedenen Farbräume sind aber gut abgegrenzt, die einzelnen Farben wirken jedoch etwas übersteuert.

Zur Veranschaulichung unsere Beobachtungen haben wir zwei Fotos in Originalgröße angehängt.

Die Kamera-App des Fire-Tablets ist einfach und übersichtlich aufgebaut. Besondere Modi suchen Nutzer allerdings vergebens. Es stehen lediglich die Modi Panorama und HDR zur Verfügung und der Nutzer kann vor der Aufnahme wählen, ob er Fotos im 4:3-Format oder im 16:9-Format aufnehmen möchte. Videoaufnahmen sollten mit der Kamera nicht gemacht werden. Aufnahmen sind prinzipiell in HD möglich, sehen im Endergebnis aber verwaschen und leicht unscharf aus. Auch der Ton konnte nicht überzeugen, auch deshalb, da Hinter­grund­geräusche nicht ausreichend gefiltert werden. Kindle Fire HD 8 im Test Amazon-Logo prangt prominent auf der Rückseite
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein

Kindle Fire HD 8 im Preisvergleich

Amazon verkauft das Kindle Fire HD 8 zu Preisen ab 159,99 Euro in der 8-GB-Version oder ab 179,99 Euro in der Variante mit 16 GB Speicher. Jeweils 15 Euro mehr müssen Käufer auf den Tisch legen, wenn sie ihr Tablet ohne Werbeeinblendungen erhalten wollen – Amazon nennt diese Spezial­angebote. Das Fire HD 8 wird in den Farben Schwarz, Blau, Magenta und Orange angeboten und bietet somit eine der buntesten Auswahl­möglichkeiten unter den bisher angebotenen Kindle-Fire-Tablets.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in Ordnung. Allerdings bekommen Nutzer ab 160 Euro eben nur ein Tablet mit einem stark angepassten System. Soll es stattdessen ein echtes Android sein, gibt es auf dem Markt nur eine vergleichs­weise geringe Auswahl an anderen Produkten. Aldi bietet beispielsweise immer mal wieder Tablets vom Hersteller Medion an, die zu Preisen ab 130 Euro zu haben sind und sogar ein Metall­gehäuse besitzen. Im Preisbereich bis 170 Euro gibt es auch einige passende Geräte von Samsung, Lenovo oder Huawei. Eine Auswahl an Tablets finden Sie über unsere Tablet-Suche.

Fazit: Kindle-Tabet nur etwas für Amazon-Fans

Die Einzelnoten im Tablet-Test:
  • Technische Ausstattung: 2
  • Material / Verarbeitung: 2,7
  • Bedienung / Handling: 1,8
  • Betriebssystem / Apps: 3
  • Einschätzung des Redakteurs: 2
  • Gesamtnote: 2,3
Das Kindle Fire HD 8 ist optimal für die Nutzung der Amazon-Dienste ausgelegt. Diese meistert das Tablet zumeist auch gut. Allerdings ist es schade, dass der Hersteller bei einem solchen Multimedia-Gerät ein HD-Display verwendet und nicht zumindest auf eine Full-HD-Auflösung setzt. Der neue Speicherkarten-Slot kam im Test sehr gut an, mussten Kindle-Fire-Nutzer doch bisher auf die Speicher­erweiterungs­möglich­keit verzichten.

Was die Leistung angeht, so konnte das Fire HD 8 nicht ganz überzeugen: Reguläre Tablet-Aufgaben sind für den Mediatek-Prozessor zwar kein Problem, doch fehlen dem System schlussendlich die Reserven, um anspruchs­vollere Aufgaben ohne Ruckler zu bewältigen. Die Kapazität des Akkus ist gut, kann aber die Versprechen von Amazon nicht erfüllen. Die Leistung der Kamera hingegen enttäuschte. Auch werden weniger Amazon-affine Nutzer einige Einschränkungen hinnehmen müssen, da Amazon beim Fire HD 8 seine eigenen Dienste in den Vordergrund stellt und die Nutzung von Konkurrenz-Angeboten stark erschwert oder sogar verhindert.

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