Kommentar

Amazon Prime: Vom Schnäppchen- zum VIP-Club

Prime ist auch nach der angekündigten Preiserhöhung nicht zu teuer, sondern hat endlich einen realistischen Preis.
Ein Kommentar von Daniel Rottinger

Darum finde ich den Preis legitim Darum finde ich den Preis legitim
Bild: teltarif-Montage/Facebook/Amazon
Die Zeiten des Kampfpreises bei Amazon Prime sind vorbei und das ist auch gut so. Denn mit einer dauer­haften Tiefpreisstrategie hätte sich Amazon und den Kunden keine Freude gemacht. Ein Kommentar.

Darum finde ich den Preis legitim Darum finde ich den Preis legitim
Bild: teltarif-Montage/Facebook/Amazon
Die Meinungen zur kommenden Preiserhöhung bei Amazon Prime gehen weit auseinander: Während die einen sich darüber ärgern, dass sich andere über die steigende Abogebühr aufregen, betrachte ich den Schritt relativ nüchtern. Ich finde die Teuerung legitim und halt sie sogar für einen erforderlichen Schritt.

Prime ist heute weit mehr als nur eine reine Versandflat mit einigen netten Zusatzfeatures. Seit meiner Bestandsaufnahme im vergangenen Jahr hat sich einiges getan: PrimeNow ist gestartet, die DashButtons sind hinzugekommen, Amazon hat sich die Bundesligarechte fürs Audio-Streaming gesichert und es gibt bereits erste Testläufe mit dem Schließ­fachservice Amazon Locker. Auch der Musik-Streaming-Service Amazon Music wächst weiter und für Gaming-Interessierte gibt es nun exklusive Vorteile beim Videospiel-Streamingservice Twitch. Der Preissprung von 49 auf 69 Euro für die Prime-Jahresgebühr ist bei näherer Betrachtung also wirklich im Rahmen.

Letztendlich muss sich Amazon auch überlegen, wie der Konzern die Weiterentwicklung im Logistikbereich finanzieren möchte, damit Kunden nicht aufgrund fehlender Kapazitäten tagelang auf ihre Bestellung warten müssen. In den vergangenen Wochen hatte der Konzern massive Ausbaupläne bekanntgegeben: So möchte der Versandhändler bis Ende 2017 in Dortmund 1000 neue Arbeitsplätze schaffen. Und auch in Frankenthal wird die Logistikinfrastruktur erweitert und 1000 Mitarbeiter werden ihre Arbeit bis Ende kommenden Jahres aufnehmen. Die zusätzlichen Geldmittel, die sich durch die Prime-Gebührenerhöhung ergeben, schaffen somit ein bisschen finanziellen Freiraum für den Branchenprimus, der sein Geld vor allem mit der AWS Cloud macht.

Amazon Prime Video muss mit Netflix mithalten

Die Prime-Preiserhöhung gibt Amazon (Video) künftig auch mehr Spiel­raum bei Eigenproduktionen, die teils primär fürs deutsche Publikum abgedreht werden. So startet etwa mit You are Wanted die erste deutsche Originals Serie 2017 bei dem VoD-Dienst des Online-Händlers. Ebenfalls hat Amazon kürzlich bekanntgegeben, mit Deutschland 86 eine weitere Serie zu produzieren und im Jahr 2018 bei Prime Video zu veröffentlichen.

Abseits der nationalen Projekte erweitert Amazon nach und nach sein Angebot bei Prime Video, indem Filme und Serien von den großen Produktionsfirmen lizenziert werden. Unweigerlich wird Amazon Prime Video mit Netflix verglichen. Dieses Duell scheint der Konzern auch aufnehmen zu wollen und dafür wird anscheinend Kapital benötigt. Die zusätzlichen Mehreinnahmen von Prime können dafür zum Teil genutzt werden. Wer künftig die Jahresmitgliedschaft von Prime abschließt, zahlt pro Monat rechnerisch 5,75 Euro. Wer sich für das reine Film-Monatspaket von Amazon entscheidet, zahlt 7,99 Euro und kann Videos auf zwei Geräten gleichzeitig in voller Qualität (UHD sofern verfügbar) streamen. Bei Netflix kostet die günstigste Mitgliedschaft ebenfalls 7,99 Euro pro Monat (SD-Qualität, Streaming nur auf einem Gerät gleichzeitig).

Fazit: Prime ist künftig kein Mitnahmeartikel mehr - gut so!

Prime bedeutet eben Prime: Sprich ich bekomme für meine Prime-Gebühr auch einen Prime-Service geboten. Um die Dienstleistungen künftig in einer Prime-Qualität bereitzustellen, führte auf kurz oder lang kein Weg an einer Gebührenerhöhung vorbei. Mit einem Kampfpreis von 49 Euro wäre es auf Dauer vermutlich nicht gut gegangen: Prime-Kunden hätten nicht die erwartete Qualität geboten bekommen und Prime Video den Anschluss zu Netflix verloren. Klar, wer die 69 Euro ausgibt und nur einen Teilaspekt des Primeangebots nutzt, macht sich zurecht Gedanken. Ausgegrenzt müssen sich diese Nutzer allerdings nicht fühlen, schließlich gibt es nun auch die Möglichkeit, den Prime-Service monatsweise hinzubuchen, ganz ohne langfristige Bindung.

Eine andere Sicht hat Kollege Markus Weidner. Wir haben sie in einem weiteren Kommentar veröffentlicht.

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