Arbeitskampf

Politiker warnen vor feindlicher Übernahme der Telekom

Bonner Konzern bestätigt Beeinträchtigung des technischen Kundendienstes durch Streik
Von Björn Brodersen mit Material von dpa und ddp

Der Streik bei der Deutschen Telekom gefährdet nach Ansicht von Politikern die Existenz des Unternehmens, sie rufen deshalb zu einem schnellen Ende des Arbeitskampfes auf. "Ein wochenlanger Streik würde die Telekom in Lebensgefahr bringen", sagte beispielsweise Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung Maybrit Illner [Link entfernt] und fügte hinzu: "Es muss schnell gehen. Wenn die Telekom noch wochenlang Schlagzeilen macht, werden die Verbraucher zu anderen Anbietern gehen." Dem schloss sich auch der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) an: "Es muss eine Lösung gefunden werden, das Unternehmen ist sonst in äußerster Gefahr", warnte er. Die Kosten müssten gesenkt und Verluste am Markt "mit allen Mitteln" gestoppt werden. Clement bezeichnete den früheren Staatsbetrieb als "unternehmerisches Desaster": "Das Unternehmen ist in einem Zustand, in dem die Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr gewährleistet ist."

Oettinger warnte zugleich vor einer feindlichen Übernahme. Der Aktienkurs der Telekom sei trotz Dividende "miserabel". "Mit zehn oder elf Euro ist die Telekom tendenziell ein Übernahmefall." Laut einem Bericht des Handelsblatts bekundet der russische Mischkonzern Sistema weiter Interesse an der Deutschen Telekom. Sistema-Leiter Alexander Gontscharuk sagte der Zeitung, es wäre "für beide Seiten das Beste", einen gemeinsamen großen Telekommunikationskonzern zu formen. "Wir glauben, dass die Vereinigung zweier so großer Unternehmen einen Mega-Konzern schafft, der Standbeine vom amerikanischen über den europäischen bis zum asiatischen Markt hätte", sagte er. Viele Analysten sähen dies positiv.

Nach wie vor sehe der Sistema-Leiter die politischen Vorbehalte als Haupthindernis, heißt es in dem Bericht weiter. Die Deutsche Telekom stecke zudem derzeit in einer "schwierigen Lage", sagte Gontscharuk. In der aktuellen Situation passe es einfach nicht. Sistema verfolge daher aktiv keine Pläne mit der Telekom. Er als Unternehmer folge dennoch dem Motto: "Sag niemals nie!" Es bestünden weiter "enge persönliche Kontakte" zum Telekom-Management. Die Deutsche Telekom wollte sich gegenüber der Zeitung nicht zum erneuten Interesse von Sistema äußern. Ein Sprecher habe bestätigt, dass Telekom-Vorstandsvorsitzender René Obermann und Gontscharuk sich kennen, das Verhältnis sei aber nicht sonderlich eng.

Betriebsabläufe nach einer Woche Streik deutlich behindert

Oettinger forderte Konzernspitze und Gewerkschaft auf, "nicht große Schlachten öffentlich zu führen, sondern sich rasch zu treffen". Kompromisse seien machbar, um trotz eines fairen Lohns Kosten zu senken und Dienstleistungen zu verbessern. Zwölf Prozent Lohnsenkung seien zu viel, 34 Wochenarbeitsstunden könnten "aber nicht das Maß aller Dinge bleiben", betonte der CDU-Politiker. Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, zeigte sich in der Sendung kompromissbereit: "Ich bin ganz sicher, dass am Ende der Verhandlungstisch zurückgewonnen werden muss." Der Gewerkschaftschef betonte, "dass am Ende beide Seiten überlegen müssen, wie sie aufeinander zugehen können".

Die Gewerkschaft sieht die Betriebsabläufe bei der Deutschen Telekom nach einer Woche Streik deutlich behindert. Der Service sei erheblich beeinträchtigt, sagte der Streikleiter von ver.di, Ado Wilhelm, heute auf Anfrage. Am heutigen Tag haben nach Gewerkschaftsangaben bundesweit 7 000 Menschen die Arbeit niedergelegt. Die Proteste sollen über das Wochenende weitergehen. Heute Nachmittag ist eine Kundgebung mit ver.di-Chef Bsirske in München vorgesehen. Die Telekom bestätigte eine Beeinträchtigung der Betriebsabläufe. Betroffen sei vor allem der technische Kundendienst, sagte ein Sprecher.

Der seit einer Woche dauernde Streik bei der Telekom richtet sich gegen die Auslagerung von 50 000 Mitarbeitern in neue Service-Gesellschaften. Dort sollen die Mitarbeiter länger arbeiten und weniger verdienen. Die Telekom verweist auf den harten Konkurrenzdruck und verspricht sich durch T-Service Einsparungen von bis zu 900 Millionen Euro jährlich. Da ver.di die Pläne ablehnt, will die Telekom die Umstrukturierung im Alleingang umsetzen. Weitere Informationen zum Hintergrund und der aktuellen Lage an der Streikfront erhalten Sie auf unserer entsprechenden Infoseite.

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