So will die Bahn den Handy-Empfang im Zug verbessern
Neue Scheiben für besseren Handy-Empfang
Foto: teltarif.de
Der Mobilfunkempfang in den Zügen der Deutschen Bahn AG ist nach wie vor oft unzufriedenstellend. Das gilt selbst für Hauptstrecken, erst recht aber für Linien, auf denen nicht ganz so viel Verkehr herrscht. Eigentlich hatten sich die Netzbetreiber verpflichtet, bis Ende vergangenen Jahres zumindest alle ICE-Strecken mit LTE zu versorgen. Das war auch eine Auflage der Bundesnetzagentur, die allerdings nicht erfüllt werden konnte.
Die Telekom kam immerhin auf eine Netzabdeckung auf den ICE-Strecken von 96,4 Prozent, Vodafone auf 95 Prozent. Deutlich schlechter sieht es für Kunden mit einer SIM-Karte aus dem Telefónica-Netz aus. Lediglich auf rund 80 Prozent der ICE-Strecken haben die Kunden des Münchner Netzbetreibers aktuell guten Empfang, mit dem nicht nur Telefonate möglich sind, sondern auch ein brauchbarer Internet-Zugang genutzt werden kann.
Fragt man die Netzbetreiber, so sind sie nicht alleine schuld daran, dass das mobile Surfen und Telefonieren oft so schlecht funktioniert. "Scheiben in ICE verschlechtern den Empfang massiv und sorgen so dafür, dass zum Beispiel von 300 MBit/s, die direkt am Gleis außerhalb des Zuges erreicht werden können, nur 30 im ICE ankommen", sagt ein Vodafone-Sprecher. Auch die Telekom und Telefónica sind sich einig: Fensterscheiben können den Empfang negativ beeinflussen.
Bahn-Fenster schirmen die Funkwellen ab
Neue Scheiben für besseren Handy-Empfang
Foto: teltarif.de
Das Argument der Mobilfunker ist schlüssig. Die Fenster bieten eine Isolierung, die die Züge vor Überhitzung schützen sollen. "Diese Fenster sind mit einer dünnen Metallschicht versehen, die Sonnenstrahlung fernhält", erläutert die Bahn - und räumt ein: "Auch Mobilfunkwellen gelangen nur schwer durch die Metallschicht ins Zuginnere." Dass der "Metall-Mantel" abseits der Fenster die Funkwellen abschirmt, versteht sich von selbst.
Damit das Signal trotzdem beim Fahrgast ankommt, setzt die Bahn Repeater ein. Diese empfangen mit einer Außenantenne die Signale der Mobilfunknetze und verstärken diese ins Innere des Zuges. "Aktuell sind alle ICE-Züge und fast alle IC-Züge mit solchen Signalverstärkern ausgestattet", teilt die Bahn mit. Das bedeutet aber noch nicht zwingend, dass der Kunde auch wirklich telefonieren und surfen kann, denn immer wieder fallen die Repeater aus oder weisen Funktionsstörungen auf.
Nun experimentiert die Bahn mit einer Alternative in Form von Fensterscheiben, die die Mobilfunk-Wellen nicht abschirmen, aber dennoch eine Wärmeisolierung bieten. Die wärmeisolierende Metallschicht der Fenster werde dabei mit einem Laser so bearbeitet, dass sie für Funkwellen durchlässig wird. Davon könnten auch Radiohörer profitieren, die im Zug besseren Empfang auf DAB+ und UKW haben sollten.
Diese Vorteile bieten die neuen Fenster
Die neue Technik hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen sind die Scheiben deutlich weniger wartungsanfällig als die Repeater. Zum anderen sind sie laut Bahn kompatibel mit allen Mobilfunkstandards und müssen nicht um- oder nachgerüstet werden - etwa wenn bald der neue Standard 5G weiter verbreitet ist und auch für die Nutzung in der Bahn relevant wird. Die Tests mit den Fenstern würden unter realen Bedingungen durchgeführt und sollen noch in diesem Jahr abgeschlossen sein, heißt es beim Konzern. "Erste Ergebnisse zeigen, dass es keine Probleme beim Einsatz im Hochgeschwindigkeitsbereich gibt."
Einen Zeitplan für den möglichen flächendeckenden Einsatz der neuen Fensterscheiben gibt es noch nicht. Gut vorstellbar ist aber, dass die Scheiben mittelfristig die Repeater ersetzen. Trotzdem gilt: Wo keine Funkmasten stehen, nützen auch die besten Fenster nichts. "Da muss man auch der Politik einen Vorwurf machen", so Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender beim Fahrgastverband Pro Bahn. Diese habe es versäumt, genügend Druck auf die Mobilfunkbetreiber auszuüben. So hielt sich die Bundesnetzagentur zumindest bislang zurück, was Bußgelder wegen verpasster Fristen angeht.
Oft sind bauliche Hürden verantwortlich dafür, dass der Bau von Antennen an den Schienen besonders hakt. Hierzu sei man nun im Gespräch mit der Bahn, etwa um auch ICE-Tunnel besser zu versorgen, heißt es von Telefónica sowie Vodafone. Bis Ende 2022 müssen laut Bundesnetzagentur alle "wichtigen Schienenwege", also ICE- und IC-Strecken mit vielen Fahrgästen, mit mindestens 100 MBit/s versorgt sein. Ende 2024 sollen alle übrigen Schienen zumindest mit 50 MBit/s abgedeckt sein. Einige Zeit lang dürften die zaghaft begonnenen, oft nur sehr kurzen Bahn-Telefonate also auf vielen deutschen Schienen noch Alltag bleiben. Die Mobilfunkversorgung in der Bahn wird regelmäßig auch bei Netztests untersucht.