Netzausbau

Telekom trickst störrische Gemeinde in Bayern aus

Jahre­lang haben sich die Einwohner von Gras­wang bei Ettal gegen einen Sende­mast gewehrt. Jetzt will die Telekom auf gemein­de­freiem Gelände bauen.
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In Bayern ist vieles anders. Da gibt es Orte, die liegen mehr oder weniger im Funk­loch und wollen trotzdem absolut keinen Sende­masten im Ort, wo es tech­nisch am sinn­vollsten wäre. Der Mast soll, wenn es denn schon sein muss, möglichst weit außer­halb vom Ort senden, auch wenn dadurch im Ort keine vernünf­tige Versor­gung hinzu­be­kommen ist.

Die Gemeinde Ettal kennt man durch das gleich­na­mige Kloster, und der Orts­teil Gras­wang mit 250 Einwoh­nern duel­liert sich schon länger mit der Telekom.

Es gab Verhand­lungen und Gespräche und jetzt erfuhren die Gras­wanger per schlichter E-Mail der Telekom, dass das Problem gelöst sei, aber anders als gedacht. Das berichtet die dortige Lokal­zei­tung Merkur

Gemein­derat kalt erwischt

Das Graswangtal bei Ettal in Bayern. Hier gibt noch echte Braunbären, aber wenig Mobilfunk Das Graswangtal bei Ettal in Bayern. Hier gibt noch echte Braunbären, aber wenig Mobilfunk
Foto: Angelika Warmuth/dpa/Picture Alliance
Die kurze E-Mail der Telekom muss bei der Gemein­de­rats­sit­zung wie eine Bombe einge­schlagen haben. Die Deut­sche Funk­turm GmbH (DFMG), die Sende­mast-Tochter der Telekom, wird einen Mobil­funk­mast im Ettaler Forst bauen, im soge­nannten "gemein­de­freien" Gebiet.

Damit sind alle Ausein­an­der­set­zungen mit der Gemeinde vom Tisch, weil das Flur­stück mit der Grund­buch-Nummer 114 nicht der Gemeinde Ettal gehört und auch nicht einmal direkt angrenzt. Punkt.

Und DFMG ist schon weit voran­ge­schritten. Eine funk­recht­liche Geneh­mi­gung der Bundes­netz­agentur liegt vor. Der Mast soll 37,5 Meter hoch werden und auf einer Lich­tung südlich der "Schat­ten­wald-Dienst­hütte" stehen.

Das Bauamt des Land­kreises prüft bereits seit dem 2. April 2020. Einen gültigen Miet­ver­trag gibt es auch schon. Im Dorf sind sie immer noch dagegen, aber recht­lich scheint es keine Hand­habe mehr zu geben.

Ursprüng­lich geplant: Rauh­bichel

Eigent­lich wollte die Telekom auf dem Berg Rauh­bichel bei Gras­wang bauen. Da aber 85 Prozent der Ettaler Bürger in einer Umfrage vor einem Jahr dagegen gestimmt hatten, hatte sich die Telekom in aller Stille nach Alter­na­tiven umge­sehen.

Fündig wurde sie im Ettaler Forst, nahe dem welt­be­rühmten Schloss Linderhof des Sonnen­könig Ludwig II. Das ist soge­nanntes "gemein­de­freies Gebiet". In ganz Deutsch­land soll es nur solcher 207 Flächen geben, die keiner Kommune zuge­rechnet sind. Ein Teil des Unter­am­mer­gauer Forsts gehört dazu und die meisten dieser Flächen besitzt der (Frei)Staat, verwaltet vom Land­kreis. Im Jahre 1864 soll der Bereich abge­trennt worden sein, weil König Max von Bayern bei der Jagd nicht gestört werden wollte. Und 156 Jahre später geht es der Telekom ähnlich.

Da die Gras­wanger keine unmit­tel­baren Grund­stücks­nach­barn sind, bekommen sie keine Akten­ein­sicht, erfuhren aber "auf dem kleinen Dienstweg", dass dieser Standort sämt­liche Abstands­re­geln berück­sich­tigt und mehr als die gefor­derten 50 Meter von der Gemein­de­grenze entfernt liegt.

Nichts zu machen

Obwohl verwal­tungs­recht­lich wenig Möglich­keiten bestehen, will Ettal weiter gegen den Masten "kämpfen". Die neue Bürger­meis­terin und der Gemein­derat wollen sich an die untere Natur­schutz­be­hörde wenden.

Das Land­ratsamt wird sich die Pläne wohl sehr genau anschauen, weil der Mast fast 40 Meter hoch werden soll. Da geht es um Brand­schutz und Stand­si­cher­heit. Der Mast soll in einem Natur­schutz-, FFH- und Vogel­schutz­ge­biet liegen. Da wird es Verträg­lich­keits­stu­dien, eine arten­schutz­recht­liche Prüfung und einen land­schafts­pfle­ge­ri­schen Begleit­plan geben müssen. Dann muss noch die Regie­rung von Ober­bayern dem Bau zustimmen. Das kann noch dauern.

Die Gemeinde wird darüber wohl nicht mehr infor­miert, sondern merkt es, wenn die Bürger auf ihren Handys endlich besseres Netz haben. Viel­leicht machen sie dann ihren Frieden mit der Technik.

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