Glaskugel

Bell Labs: 5G geht frühestens 2020 an den Start

Die Mobilfunkbranche ist stets im Wandel: Wir haben bei einem Termin mit der Tochter des Netzausrüsters Alcatel-Lucent neue Erkenntnisse zu den IT-Systemen der Zukunft gewonnen. Für dieses Morgen werden riesige Investitionssummen nötig.
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Datensicherheit ist entscheidend

Bell Labs Bell Labs präsentiert Messwerte
Bild: teltarif
Das Thema Datensicherheit wird eine große Rolle spielen. "Wenn aber der Endbenutzer Angst um seine Daten hat, wird vieles nicht kommen. Datenschutz wird ein wichtiges Element werden. Wie baue ich datensichere Verbindungen auf?" Datenschutz bedeutet aber auch, dass das Auto nicht "gehackt" werden darf, dabei sei vielen Leuten "unwohl". Diese technische Herausforderung sei aber lösbar, findet Dresselhaus.

Im Moment befänden wir uns in einer Ära, vergleichbar mit der Einführung des Internets in den frühen 90iger-Jahren. Die Netzausrüster stünden an erster Stelle, um die Basis für das Internet der Dinge (IoT) oder die Industrie 4.0 zu liefern. "Was brauchen wir die nächsten fünf Jahre? IP, Cloud und Access."

Der Datenverbrauch pro Nutzer ist weiter steigend und verdoppele sich in etwa jedes Jahr. Dabei entstehe eine Schere zwischen den Netzinvestitionen in die Technik und die Einnahme durch den Kunden, der oft eine Flatrate gebucht hat. "Wir werden massiv leiden, wenn die Mehrnutzung nicht mehr bezahlt wird. Ressourcen sind im Netz nicht unbegrenzt verfügbar." Dresselhaus hält es für mehr als fair, wenn Poweruser für ihre Mehrnutzung mehr bezahlen. Eine "kaufbare Netzneutralität" findet er hingegen nicht gut. Eine Lösung könnte die Einführung von Qualitätsklassen als erster wichtiger Schritt sein. Im Moment verdienen (nur) die Plattformbetreiber Geld.

Streaming verändert die Musikbranche

Beispiel Musik: Es gab Schallplatten aus Vinyl, die wurden im Presswerk hergestellt und von einem Händlernetzwerk verkauft. Die CD ersetzte die Schallplatte, der Rest blieb, also erhaltende Innovationen.

Nun kommen Anbieter wie der Streaming-Anbieter Spotify: "Ich zahle meinen Netzanschluss selbst und zahle an Spotify monatlich zehn Euro für zig Millionen legale Songs, das Presswerk und der Händler sind außen vor."

Das Fernseheverhalten habe sich seit dem Erscheinen von Netflix und Co. radikal verändert. Die jüngere Generation will keine Werbung mehr sehen. "Sie lädt sich einen Film ohne Werbung für 2,50 Euro ohne Werbung herunter und gut ist es."

Viele Firmen haben sich geirrt: IBM sah nicht mehr Bedarf als für sieben PCs, das Unternehmen Kodak stellte einst Filme her, heute hat sich die Welt verändert, Unternehmen sind verschwunden.

Vor dem Start von 5G seien alle Mitbewerber noch vereint dabei, einen gemeinsamen Standard zu schaffen, danach werde es ein Windhundrennen in der Branche geben. Fünf Milliarden Investitionsvolumen pro Jahr und Firma werden erwartet.

Dabei zeichnen sich kleinere Unterschiede ab: Europa setzt auf die Single RAN-Technik ("Ein Mast, alles drauf"), während beispielsweise in den USA ein Senderstandort mehr oder weniger "egal" sei.

Andreas Leven, Leiter der Stuttgarter Bell Labs und zuständig für Höchstgeschwindigkeitssysteme, legt Wert darauf dass Alcatel-Lucent zu den 100 weltweit innovativsten Unternehmen gehört. 16,6 Prozent des Umsatzes werde in Forschung und Entwicklung investiert. Damit habe man die höchste Investitionsquote der Branche, was extrem wichtig sei, kaum eine Industrie ändere sich schließlich so schnell. Das Unternehmen hat acht Nobelpreise eingeheimst, 2014 wurden 3 000 Patente erteilt, 30 000 Patente hält das Unternehmen insgesamt. Seine Labors hätten sich die Lösung der großen Herausforderungen der Kommunikationsindustrie auf die Fahne geschrieben. Weltweit arbeiten 700 Mitarbeiter in den Bell Labs, davon 140 Menschen alleine am Standort Stuttgart.

IP-Technik findet heute nicht nur alleine über Kupferdrähte oder Funk statt. Bei der Glasfasertechnik konnte durch sogenannte "kohärente Übertragung" die mögliche Geschwindigkeit weiter gesteigert werden. Bei Frequenzen von 190 THz (TeraHertz) sind heute flexible Bandbreiten möglich, um sich optimal an den aktuellen Bedarf anpassen zu können.

Skalierung stößt an Grenzen

Die vielbeschworene Skalierung (wenn man mehr braucht, stellt man einfach mehr Geräte hin), erreiche irgendwann physikalisch ihr Ende. Daher werde man künftig viel mehr lokaler Infrastruktur, mit verteilten Informationen und viel mit Virtualisierung arbeiten.

In der Cloud soll der Nutzer gar nicht mehr merken, dass die dahinterliegende Infrastruktur begrenzt ist. Für ihn hat es den Anschein, als stünden unbegrenzte Ressourcen zu Verfügung, die virtuell per Software bereitgestellt und wieder zurückgegeben werden. Was voraussichtlich gebraucht werde, kann man anhand von mathematischen Modellen und aufgrund von Erfahrungen (etwa der Ansturm an Silvester/Neujahr) gut vorhersagen.

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