Novelle

WLAN-Störerhaftung bröckelt: Beschließt Regierung das Ende auf Raten?

Die rigiden deutschen Vorschriften zur WLAN-Störerhaftung werden seit langem kritisiert, nun will die Bundesregierung die Vorschriften lockern. Wir berichten darüber, ob nur Hotels und Cafés von der Novelle profitieren oder auch private WLAN-Inhaber.
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WLAN-Störerhaftung bröckelt WLAN-Störerhaftung bröckelt
Telekom / teltarif.de
Die gesetzlichen Vorgaben zur Störerhaftung in Deutschland besagen, dass alle, die zur Verletzung eines geschützten Gutes beitragen, als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können. Das meistzitierte Beispiel ist das Herunterladen urheberrechtlich geschützter Musik oder Filme über den heimischen Internet-Anschluss. So haben (Groß-)Eltern manchmal erst von den illegalen Filesharing-Aktivitäten ihrer Sprösslinge erfahren, als die Abmahnung ins Haus flatterte.

Kritiker werfen dem Gesetzgeber vor, dass das deutsche Recht in diesem Fall zu stark die Interessen der Urheber berücksichtige, aber neue technische Entwicklungen behindere. Betreiber eines freien WLANs in Cafés und Restaurants riskieren also immer eine Abmahnung auf Unterlassung, wenn nicht jemand anderes, wie zum Beispiel der Hotspot-Netzbetreiber, explizit die Störerhaftung im Rechtsfall übernimmt. Auch die Verhinderung stadtweiter WLAN-Netze auf Basis von privaten Internet-Anschlüssen mit WLAN-Routern, wie beispielsweise von fon oder freifunk.net gefördert, wird mit der zu strengen Störerhaftung in Verbindung gebracht - das jahrelange erfolglose Tauziehen um ein freies WLAN für ganz Berlin ist nur ein Beispiel dafür. Die deutlich bessere WLAN-Versorgung in Städten außerhalb Deutschlands wird vermehrt als Standortnachteil für die Bundesrepublik betrachtet.

Wirte und Hoteliers von Störerhaftung befreit - was wird mit privaten WLANs?

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Telekom / teltarif.de
Die Rheinische Post berichtet nun darüber, dass die Bundesregierung Wirte und Hoteliers von der Störerhaftung ausnehmen will. Die Zeitung will Informationen erhalten haben, dass das Bundeskabinett noch im August einen Gesetzentwurf beschließen möchte, mit dem Änderungen am sogenannten Haftungsprivileg vorgenommen werden. Als Haftungsprivileg wird die Befreiung von Personen oder Unternehmen von bestimmten Arten der Haftung bezeichnet. Wenn die Gesetzesänderung wie geplant im November im Bundestag beraten wird, könnte sie Anfang 2015 in Kraft treten.

Laut dem Gesetzentwurf soll das Haftungsprivileg zukünftig auch für gewisse WLAN-Betreiber gelten. Dazu sollen auch konkrete Fallbeispiele formuliert werden. Laut Informationen des Blattes will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zukünftig zwischen "harmlosen Anbietern öffentlicher Netze" und "schwarzen Schafen" unterscheiden.

Tritt das Gesetz wie geplant in Kraft, müssten Anbieter von WLANs in Gaststätten, Hotels oder an Flughäfen nur noch eine "zumutbare Pflicht" erfüllen und die Besucher auf das Unterlassen von Urheberrechtsverletzungen hinweisen. Auch Lockerungen bei der privaten WLAN-Nutzung und -Bereitstellung sollen beraten werden. Für Anbieter, die überwiegend geschäftsmäßig und illegal den Download von urheberrechtlich geschütztem Material anbieten, soll die Lockerung nicht gelten.

Die Zeitung berichtet nicht darüber, ob die Haftung bei Urheberrechtsverletzungen über ein Hotel- oder Café-WLAN dann auf eine andere Stelle abgewälzt wird oder an wen sich die Anwälte der Musik- und Filmindustrie bei nachweisbaren Urheberrechtsverletzungen über ein derartiges WLAN wenden können. Es bleibt also abzuwarten, ob der Gesetzgeber mit der Novelle renitenten Filesharern sozusagen einen "Freibrief" fürs Saugen über öffentliche WLANs ausstellt oder ob die Anwälte der Medienindustrie andere Mittel und Wege finden, ihre Rechte geltend zu machen, beispielsweise über eine verpflichtende Registrierung im Hotel-WLAN mit Klarnamen sowie gültiger E-Mail-Adresse und/oder Handynummer. Ob dies der gewünschten Verbreitung frei zugänglicher WLANs dienen wird und ob Deutschland im internationalen Vergleich damit aufholen kann, darf allerdings bezweifelt werden.

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