DAB+ kommt

Bundesrat: Aus für nur analoge UKW-Radios ab 2019

Der Kulturausschuss des Bundesrates will das Aus für rein analoge Radiomodelle. Ab 2019 soll jedes Radio verpflichtend den Digitalfunk DAB+ an Bord haben. Das bringt erwartungsgemäß Kritiker auf den Plan.
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View Quest VQ Retro Mini DAB+ Radio Nur von außen altmodisch:
Das VQ Retro Mini hat DAB+ an Bord
Foto:View Quest
Es ist ein Trauer­spiel: Trotz stetig stei­gender Zahlen verfügen bisher lediglich rund 13 Pro­zent der deut­schen Haus­hal­te über ein Digi­tal­ra­dio mit DAB+ und die Digi­tali­sie­rung beim Hör­funk verläuft im Schnecken­tempo. Damit will die Politik nun Schluss machen. Der Kultur­aus­schuss des Bundes­rats emp­fiehlt, dass von 2019 an nur noch Radio­modelle mit der digital-terres­tri­schen Tech­nik DAB+ in den Handel gelan­gen sollen. Das würde das Aus für die tradi­tio­nellen rein analogen UKW-Empfän­ger be­schleu­nigen, berichtet das Nach­richten­maga­zin Der Spiegel. Einen ent­sprechen­den Antrag zur Ände­rung des Tele­kommun­ikations­geset­zes (TKG) hatte das Land Rhein­land-Pfalz in den Bundes­rat einge­bracht. Zuvor hatte sich Minister­präsi­dentin Malu Dreyer für ein Aus reiner UKW-Radios stark gemacht. Der Kultur­aus­schuss habe dem Antrag in der ver­gangenen Woche mehr­heitlich zuge­stimmt, noch sei aller­dings offen, ob der Bundes­rat dem folgt. Die Änderung der TKG-Novelle sei nicht zustim­mungs­pflich­tig, berich­tet der Spiegel. Der Bundes­tag könne das Votum daher als Emp­feh­lung werten.

Neu ist eine solche Emp­fehlung nicht. Beim Fern­sehen ist bereits seit 1997 im so­genann­ten Fern­seh­signal­über­tragungs­gesetz (§ 5 FÜG) gere­gelt, dass ein TV-Gerät digi­tale Sig­nale verwerten muss, zumin­dest über eine Schnitt­stelle, die einen Set-Top-Box-Anschluss erlaubt. Heute ist - bis auf den Ver­brei­tungs­weg Kabel - die Fern­seh­nutzung aus­schließ­lich digital.

Digitalradios nach Gesetzesnovelle schon ab 10 Euro?

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Es ist zum aktuellen Zeit­punkt aller­dings mehr als fraglich, ob alle Bundes­länder der Empfeh­lung des Kultur­aus­schusses zum Radio folgen. Kritik kommt schon jetzt erwartungs­gemäß aus Ländern, die bei der Digitali­sierung des Radios auf der Bremse stehen - etwa Nieder­sachsen, wo die orts­ansässi­gen Privat­radios bisher einen Ein­stieg in DAB+ ge­schlos­sen ablehnen. Der Direktor der Nieder­sächsi­schen Landes­medien­anstalt NLM Andreas Fischer be­fürch­tet, dass durch ein solches Ver­kaufs­verbot preis­günstige Radios im ein­stelli­gen Euro-Bereich, etwa kleine Dusch­radios, aus dem Handel ver­schwin­den müssten. Digital­radios mit DAB+ seien im Auf­bau kom­plexer - und damit teurer. Vor allem ein­kommens­schwache Fami­lien könn­ten sich dann kein Radio mehr leis­ten, heißt es weiter von den Kriti­kern. Experten rechnen jedoch damit, dass bei stei­genden Stück­zahlen die Preise für Digital­radio­chips weiter purzeln. Ein­stiegs­model­le mit DAB+ seien dann schon zu Prei­sen zwischen 10 und 15 Euro möglich. Aktuell kosten die gün­stigsten Digi­tal­radios im Handel rund 25 Euro.

Alternative: Kennzeichnungspflicht statt Verbot

Hinzu kommt noch ein ganz anderes Problem: der länder­über­greifende Binnen­markt inner­halb der EU. Was bei­spiels­weise in Portugal oder Griechen­land verkauft werden kann, das darf auch in Deutsch­land in den Handel kommen. In vielen euro­päischen Ländern befindet sich DAB+ aber noch nicht einmal in der Erpro­bungs­phase, geschweige denn im Regel­betrieb, oder der Digital­funk wurde sogar wieder abge­schaltet. Ein Verkaufs­verbot für rein analoge UKW-Radios ließe sich also möglicher­weise nur im Rahmen einer EU-Richt­linie durch­setzen. Das ist aber momentan utopisch.

Eine Alter­native könnte eine Kenn­zeich­nungs­pflicht für alle Radios auf dem deutschen Markt sein, die nicht digital­fähig sind - etwa durch einen Hinweis, dass mit diesen Modellen nicht alle terres­trisch ver­brei­teten Hör­funk­programme empfang­bar sind. Ein solcher Hinweis könnte Ver­braucher dazu ani­mieren, verstärkt zu Modellen mit DAB+ zu greifen. Als Konse­quenz könnten Händler weniger rein analoge Modelle ordern und damit würden sich digitale Radios künftig auch ohne poli­tischen Markt­eingriff schneller durch­setzen. Denn Schnecken­tempo hin oder her - in Deutsch­land ist DAB+ bereits auf dem Vormarsch.

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