Test

So gut ist der Empfang der bundes­weiten DAB+-Programme

Wir haben den Empfang der bundes­weit über DAB+ verbrei­teten Radio­pro­gramme von der Ostsee bis in den Schwarz­wald getestet.
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Seit zehn Jahren ist der erste bundes­weite DAB+-Multi­plex auf Sendung. Dieser versorgte zum Start im Jahr 2011 über 27 Sende­anlagen vor allem Groß­städte, Ballungs­gebiete und wich­tige Verbin­dungs­straßen. Heute wird der erste "Bundesmux" mit vier Deutsch­land­radio-Programmen und neun Privat­radios über 147 Stand­orte verbreitet. Diese sorgen für eine groß­flä­chige Versor­gung. Doch es gibt noch Empfangs­lücken, die mit weiteren Sende­anlagen eben­falls geschlossen werden sollen.

Der zweite "Bundesmux" ist erst im Oktober 2020 gestartet und von einer bundes­weiten Verbrei­tung noch weit entfernt. Immerhin wird der Multi­plex aber bereits von 73 Sender­stand­orten verbreitet. Diese versorgen die Städte und Ballungs­gebiete sowie - mit Einschrän­kungen gegen­über dem ersten natio­nalen Multi­plex - Verbin­dungs­straßen zwischen diesen Regionen. 14 private Hörfunk­pro­gramme werden derzeit im von Antenne Deutsch­land betrie­benen Sender­netz verbreitet. DAB+-Empfang im Test DAB+-Empfang im Test
Foto: teltarif.de
Wir waren seit dem Start des zweiten über­regio­nalen DAB+-Multi­plexes - dienst­lich und privat - in weiten Teilen Deutsch­lands unter­wegs. Dabei hatten wir stets den digi­talen Radio­emp­fang im Blick. Wir haben ein im Auto bereits werks­seitig verbautes Radio verwendet. Dieses bietet zwar schlech­teren Empfang als ein sepa­rater DAB+-Adapter. Dafür spie­gelt diese Konfi­gura­tion die Erfah­rungen wider, die auch normale Radio­hörer machen, die sich nicht intensiv mit der Technik befassen möchten.

Empfang von Rhein­hessen bis in die Rhön

Im ersten Test sind wir von Bad Kreuz­nach in Rhein­land-Pfalz nach Fulda in Osthessen gefahren. In Bad Kreuz­nach - immerhin eine Stadt mit rund 50.000 Einwoh­nern - gab es auch direkt die erste Enttäu­schung. Hier waren beide bundes­weiten Multi­plexe im Auto­radio kaum bzw. nur mit sehr starken Ausset­zern zu empfangen. Dafür gibt es für den Raum Bad Kreuz­nach sogar einen eigenen lokalen Multi­plex und der Südwest­rund­funk kann gut empfangen werden.

Auf der Fahrt über Mainz und Wies­baden, Frank­furt am Main und Hanau, waren alle bundes­weit verbrei­teten Programme störungs­frei zu empfangen. Das trifft für den ersten "Bundesmux" auch für die Weiter­fahrt nach Fulda zu. Im zweiten bundes­weiten DAB+-Ensemble kam es aber im Raum Schlüch­tern zu einigen Ausset­zern. Hier rächt sich, dass Antenne Deutsch­land auf Sender­stand­orte wie Kreuz­berg/Rhön, Rimberg oder auch Pfaf­fen­berg/Aschaf­fen­burg verzichtet hat. Der erste DAB+-"Bundesmux" ist seit zehn Jahren auf Sendung Der erste DAB+-"Bundesmux" ist seit zehn Jahren auf Sendung
Foto: teltarif.de
Dass der Sender Kreuz­berg/Rhön fehlt, zeigte sich auch auf einer Fahrt von Fulda Rich­tung Schwein­furt. Während Programme wie Deutsch­land­funk, Klassik Radio und Schwarz­wald­radio im ersten "Bundesmux" tadellos zu hören waren, kam es bei 80s80s, Absolut Oldie Clas­sics und Sport­radio Deutsch­land im zweiten Multi­plex von der hessisch-baye­rischen Landes­grenze bis in den Schwein­furter Raum immer wieder zu kurzen Ausset­zern.

Test vom Taunus in den Schwarz­wald

Wenn man sich vom Taunus Rich­tung Schwarz­wald bewegt, ist die Versor­gung mit beiden bundes­weiten Multi­plexen sehr gut. Speziell für den zweiten "Bundesmux" gibt es aber eine Ausnahme: Auf der A5 auf der Höhe von Darm­stadt in Südhessen kommt es zu kurzen Ausset­zern bei der Radio-Wieder­gabe. Hier liegt die Auto­bahn direkt neben einer Sende­anlage des Hessi­schen Rund­funks, die für die Störungen verant­wort­lich sein könnte.

Vom Sender Darm­stadt wird im DAB+-Stan­dard bisher nur der Multi­plex des Hessi­schen Rund­funks verbreitet. Warum es zu Empfangs­pro­blemen im Antenne-Deutsch­land-Mux kommt, nicht aber bei "DR Deutsch­land", wie sich das erste bundes­weite Programm-Ensemble nennt, ist unklar. Aller­dings verfügt der erste "Bundesmux" über einen Sender auf dem Hard­berg im Oden­wald, der bei Antenne Deutsch­land fehlt. Dieser könnte für ein ausrei­chendes Signal an der Auto­bahn bei Darm­stadt sorgen. Netzabdeckung DR Deutschland Netzabdeckung DR Deutschland
Quelle: dabplus.de
Auf der Weiter­fahrt Rich­tung Süden war auch der zweite "Bundesmux" wieder störungs­frei zu empfangen. Erst kurz vor Karls­ruhe kam es zu kurzen Ausset­zern. Hier rächt sich wohl, dass es für Karls­ruhe keine eigene Sende­anlage gibt. Das Signal von den Sendern Heidel­berg (König­stuhl), Langen­brand/Pforz­heim und Baden-Baden dürfte auch inner­halb von Gebäuden in der Stadt zu wünschen übrig­lassen. Auf der Fahrt durch das Murgtal waren beide Multi­plexe kaum zu hören. Erst auf den höher­gele­genen Stra­ßen­abschnitten zwischen Murgtal und Freu­den­stadt kehrte der Empfang zurück.

Zweiter Bundesmux: Viele weiße Flecken in Bayern

Je mehr man sich in Bayern den deut­schen Außen­grenzen nähert, umso mehr weist der Antenne-Deutsch­land-Multi­plex Empfangs­lücken auf. Sind Ballungs­gebiete wie München, Augs­burg und Regens­burg noch sehr gut versorgt, so sind in Füssen, Garmisch-Parten­kir­chen und Passau allen­falls Rest­signale von weiter entfernten Stand­orten zu empfangen. Hier fehlen Sender­stand­orte wie Grünten/Allgäu, Wendelstein/Ober­bayern und Brot­jackl­riegel im Baye­rischen Wald. Bei "DR Deutsch­land" gibt es diese großen Lücken nicht.

Im Test konnten wir Absolut relax (DR Deutsch­land) von Würz­burg bis nach Füssen ohne Störungen empfangen. Bei Klassik Radio Beats (Antenne Deutsch­land) fehlten Sender­stand­orte wie Büttel­berg/Fran­ken­höhe (Aussetzer im Raum Rothen­burg ob der Tauber und Feucht­wangen), Geis­lingen (Aussetzer zwischen Aalen und Ulm) und auf dem Grünten (kein Empfang südlich von Memmingen). Netzabdeckung Antenne Deutschland Netzabdeckung Antenne Deutschland
Quelle: dabplus.de
Der Test zeigte aber auch: Man sollte sich als Hörer von den offi­ziellen Versor­gungs­karten nicht sofort entmu­tigen lassen. So konnten wir 80s80s in Füssen - fernab von Antenne-Deutsch­land-Sende­anlagen - zumin­dest stationär noch recht brauchbar empfangen - wenn auch nur beim Aufbau des Radios in Fens­ter­nähe, aber immerhin ohne den Einsatz einer Außen­antenne, mit dem sich der Empfang deut­lich verbes­sern ließe.

Hier stört der erste Bundesmux den zweiten Bundesmux

Eine weitere Test­fahrt führte uns von Nord­hessen bis auf die Insel Fehmarn. Im ersten bundes­weiten DAB+-Programm­paket war die Strecke über die Auto­bahnen 7 und 1 durch­gehend versorgt. Hier zeigte sich, dass der Netz­ausbau gegen­über Antenne Deutsch­land einige Jahre "Vorsprung" hat und Lücken geschlossen wurden, die es im zweiten Mux derzeit noch gibt.

Schlecht war auch die Versor­gung von Antenne Deutsch­land nicht. Als wir bei Sport­radio Deutsch­land die Bericht­erstat­tung über die Fußball-Bundes­liga verfolgen wollten, gab es aber zwischen Hannover und Hamburg rund um Soltau immer wieder kurze Aussetzer. Hier fehlt der Sender Vissel­hövede, der bei DR Deutsch­land in dieser Region die Versor­gung sicher­stellt. Im weiteren Verlauf der Strecke bis nach Lübeck war der Empfang wieder ausset­zer­frei. 80s80s sendet im Antenne-Deutschland-Multiplex 80s80s sendet im Antenne-Deutschland-Multiplex

Foto: teltarif.de
Die Insel Fehmarn ist wiederum offi­ziell noch nicht versorgt und in der Tat waren Programme wie Antenne Bayern und RTL Radio nur stel­len­weise - bevor­zugt stationär - zu hören. Hier fehlt gegen­über dem ersten "Bundesmux" der Sender Bungs­berg bei Eutin. Dieser sorgt zudem in einem Umkreis von rund zwei, drei Kilo­metern für schlechten Empfang.

Hinter­grund: Der erste bundes­weite Multi­plex sendet vom Bungs­berg mit 2 kW im bundes­weit einheit­lichen Kanal 5C. Der zweite Mux kommt deut­lich schwä­cher vom weiter entfernten Standort Lübeck im direkt benach­barten Kanal 5D an. Hier über­lagert der Orts­sender im Kanal 5C den schwä­cher einfal­lenden Strahler im Kanal 5D.

Von der Ostsee bis nach Thüringen

Nun fuhren wir von Lübeck über Schwerin nach Berlin und von dort über Halle/Leipzig nach Erfurt. Der DR-Deutsch­land-Mux konnte durch­gehend störungs­frei empfangen werden. Bei Antenne Deutsch­land gab es Aussetzer im Raum Wismar, am nord­west­lichen Berliner Ring und rund um den Fläming. Hier fehlen Sender­stand­orte wie Wismar, Berlin-Scholz­platz und Witten­berg, die die noch bestehenden Versor­gungs­lücken länger­fristig schließen könnten, sofern sich das für die Veran­stalter des rein privat-kommer­ziell betrie­benen zweiten "Bundes­muxes" rechnet.

Was mit dem im Test verwen­deten Auto­radio (Skoda Busi­ness Paket Columbus, Baujahr 2017) im Test gut funk­tio­niert hat, war der Wechsel zwischen den unter­schied­lichen Kanälen, auf denen Antenne Deutsch­land sendet. Während für DR Deutsch­land der bundes­weit einheit­liche Kanal 5C koor­diniert werden konnte, arbeitet der zweite über­regio­nale DAB+-Multi­plex je nach Region auf Kanal 5D, 8C, 9B und 12D. Oft klappte die Umschal­tung unhörbar. Erste Testsendungen von Antenne Deutschland gab es im Sommer 2020 Erste Testsendungen von Antenne Deutschland gab es im Sommer 2020
Foto: teltarif.de
Grund­sätz­lich ist der erste "Bundesmux" schon wirk­lich nahezu bundes­weit zu empfangen. Ausnahmen wie Bad Kreuz­nach bestä­tigen die Regel. Beim zweiten bundes­weiten DAB+-Multi­plex gibt es noch deut­liche Lücken - auch entlang der Auto­bahnen, während die Ballungs­gebiete bereits weit­gehend gut versorgt sind. Bleibt zu hoffen, dass sich ein weiterer Netz­ausbau für die Betreiber rechnet, sodass die Funk­löcher in den kommenden Jahren sukzes­sive geschlossen werden.

In einer weiteren Meldung lesen Sie, wie sogar der Chef eines DAB+-Sender­netz­betrei­bers das terres­tri­sche Digi­tal­radio nicht ganz unkri­tisch sieht.

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