Zu wenig Glasfaser-Baufirmen: Telekom gründet selbst eine
Marie-Christine Berger und Sascha Balthun (beide Telekom Technik) mit einem Magenta-farbenen Bagger
Bild: Deutsche Telekom, Fotograf: Juergen Schwarz
Für den Glasfaser-Ausbau hat der Staat massiv Fördergelder bereitgestellt, und überall sprießen Glasfaser-Netzbetreiber aus dem Boden, um den flächendeckenden Glasfaser-Ausbau bis etwa 2030 zu schaffen.
Doch durch den Boom sind auch Schattenseiten sichtbar geworden, an die vorher möglicherweise niemand gedacht hat: Es gibt in Deutschland schlicht und ergreifend zu wenig Baufirmen, die all die Aufträge annehmen und in einer absehbaren Zeit abarbeiten könnten. Die Telekom geht daher nun einen speziellen Weg.
Erster Tätigkeitsschwerpunkt in NRW
Die Telekom teilt mit, eine eigene Tiefbau-GmbH zu gründen. Durch diesen Schritt sollen die dringend benötigten Kapazitäten für Tiefbauarbeiten auf dem Markt erhöht werden. Die hundertprozentige Tochter der Telekom Deutschland will sich auf die Erstellung von Hausanschlüssen fokussieren.
Marie-Christine Berger und Sascha Balthun (beide Telekom Technik) mit einem Magenta-farbenen Bagger
Bild: Deutsche Telekom, Fotograf: Juergen Schwarz
Geplant ist es, rund 230 Mitarbeiter sukzessive bis Ende 2024 einzustellen. Die Bauteams sollen sich auf das Verlegen der Glasfaser von der Straße in die Häuser und Wohnungen konzentrieren und hierfür "mit modernsten Maschinen" ausgestattet werden.
Die ersten Ausbauaktivitäten des neuen Unternehmens seien noch für dieses Jahr geplant und zunächst auf Nordrhein-Westfalen ausgerichtet. Hier soll in Bochum das Competence Center der GmbH entstehen. In den nächsten Schritten soll ein Netz von rund 15 strategisch platzierten Standorten in ganz Deutschland aufgebaut werden, beispielsweise in Offenburg, Nürnberg und Neuruppin. Dadurch will die Telekom-Tochter bundesweit schnell vor Ort sein und auf die spezifischen Bedürfnisse der Regionen eingehen.
Neben Fachkräften für den Tiefbau sollen auch Personen für die Bauleitung, Betriebsleitung, Personalplanung und das Fuhrparkmanagement eingestellt werden. Bewerbungen nimmt die Telekom über ihre Jobsuche an.
Trotzdem externe Firmen engagiert
Die Telekom will aber trotz der Gründung einer eigenen Gesellschaft weiterhin mit externen Tiefbaufirmen kooperieren und die Zusammenarbeit intensivieren. Durch die zusätzlichen internen Kapazitäten soll der Glasfaserausbau weiter beschleunigt werden. Davon sollen insbesondere die eigenen Kunden profitieren.
Durch die Tiefbau GmbH soll das Glasfaser-Team der Telekom weiter verstärkt werden. Über 1000 zusätzliche Glasfaserexperten seien bereits von der Fiber Factory in der ersten Jahreshälfte eingestellt worden. Weitere Fachkräfte sollen für die Montage, Technik und Baubegleitung folgen. Damit will die Telekom die Voraussetzungen für ihr Vorhaben schaffen, bis Ende 2024 mehr als zehn Millionen Anschlüsse an das Glasfasernetz (FTTH) zu ermöglichen. Alleine im Jahr 2023 sollen 2,5 bis drei Millionen neue Anschlüsse entstehen.
Neben dem Eigenausbau setzt die Telekom nach eigenen Angaben "stark auf Kooperationen", sowohl mit lokalen Netzbetreibern als auch großen Unternehmen. Dass Kooperationen ein wichtiger Teil der Ausbaustrategie sind, würden mehr als 20 geschlossene Partnerschaften aus allen Teilen Deutschlands zeigen (z.B. Kassel, Münster, Gigabit Region Stuttgart). Sowohl beim Eigenausbau als auch bei allen Kooperationen folge die Telekom dem Open Access-Ansatz, dem diskriminierungsfreien Zugang zum Netz. Netzpartner (z.B. Vodafone, Telefónica, 1&1) könnten "von Beginn an" das Netz unter eigener Marke vermarkten.
Wettbewerber werfen der Deutschen Telekom hingegen schon seit geraumer Zeit vor, lediglich lukrative Gebiete mit Glasfaser auszubauen und schwer erschließbare Randlagen außen vorzulassen. Dieses Cherry-Picking führe dazu, dass sich die Wettbewerber zurückziehen, so der Vorwurf. Auch für die betroffenen Bürger hat das Konsequenzen, wie ein aktuelles Beispiel zeigt.