Bezahlverfahren

Echtzeitüberweisung: „Instant Payment“ noch die Ausnahme

Geld sekun­den­schnell von A nach B über­weisen, das klingt gut und funk­tio­niert auch. In der EU gehören solche „Instant Payments“ inzwi­schen zum Stan­dard-Angebot von Banken und Spar­kassen. Doch die meisten Kunden greifen lieber auf herkömm­liche Verfahren zurück.
Von dpa /

Zeit ist Geld - dennoch sind in Deutsch­land Echt­zeit­zah­lungen nach wie vor die Ausnahme. "Instant Payment ist aus unserer Sicht noch nicht im Alltag der Menschen ange­kommen. Es wird von Banken eher als Nischen­pro­dukt plat­ziert und ist daher noch weit entfernt vom poli­tischen Willen und den Anfor­derungen des Handels als "New Normal" zu gelten", bilan­zierte Ulrich Binne­bößel, Zahlungs­ver­kehrs­experte beim Handels­ver­band Deutsch­land (HDE).

Seit November 2017 sind in Europa Über­wei­sungen von Konto zu Konto binnen Sekunden tech­nisch möglich. Die EU-Kommis­sion hatte das Ziel ausge­geben, Instant Payments bis Ende 2021 in der ganzen Euro­päi­schen Union zum Stan­dard zu machen.

Was versteht man unter "Instant Payments"?

Der Euro-Zahlungsverkehrsraum Sepa („Single Euro Payments Area“)  umfasst die 27 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz, Monaco, San Marino, Andorra, den Staat Vatikanstadt und das Vereinigte Königreich Der Euro-Zahlungsverkehrsraum Sepa („Single Euro Payments Area“) umfasst die 27 EU-Staaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, die Schweiz, Monaco, San Marino, Andorra, den Staat Vatikanstadt und das Vereinigte Königreich
Bild: picture alliance / dpa | Jens Büttner
Unter Instant Payments versteht man Zahlungen von Konto zu Konto, die rund um die Uhr in Sekun­den­schnelle abge­wickelt werden. Bei solchen Echt­zeit­zah­lungen kann der Empfänger sofort nach Absenden der Zahlung über den erhal­tenen Betrag verfügen. Wer zum Beispiel sein altes Auto privat verkauft, muss bei anderen Verfahren zumin­dest das Risiko einkal­kulieren, dass der Käufer nicht zahlt. Wird ein solches Geschäft per Echt­zeit­zah­lung abge­wickelt, kann der Verkäufer direkt kontrol­lieren, ob das Geld auf seinem Konto ange­kommen ist.

In Europa sind seit dem 21. November 2017 die "SCT Inst" genannten schnellen Über­wei­sungen möglich. Noch am selben Tag testete die zum italie­nischen Unicredit-Konzern gehö­rende Hypo­ver­eins­bank (HVB) das System, seit dem 27. November 2017 können HVB-Kunden über das Online-Banking Über­wei­sungen in Echt­zeit in Auftrag geben. Mitte Juli 2018 zogen die Spar­kassen nach, auch Deut­sche Bank und Commerz­bank sowie diverse Genos­sen­schafts­banken bieten den Service an.

Echt­zeit­über­wei­sung meist kosten­pflichtig

Nach Einschät­zung der Deut­schen Kredit­wirt­schaft (DK) haben sich "Echt­zeit-Über­wei­sungen als ein neuer Stan­dard neben der herkömm­lichen Über­wei­sung etabliert". Dennoch sei "der Wechsel auf Echt­zeit-Über­wei­sungen (...) nicht für alle Anwen­dungs­fälle für Kunden sinn­voll", teilte der Dach­ver­band der fünf großen Banken­ver­bände in Deutsch­land mit. "Kunden unter­scheiden bedarfs­ori­entiert sehr klar, für welche Trans­aktionen sie welches Über­wei­sungs­ver­fahren nutzen."

Aus der Branche ist zu hören: Die meisten Privat­kunden greifen nur in Ausnah­mefällen auf die meist kosten­pflich­tige Echzeit­über­wei­sung zurück. Für Unter­nehmen sind zwar inzwi­schen Sammel­über­wei­sungen per Instant Payment tech­nisch möglich, aller­dings müssen die IT-Systeme der Unter­nehmen entspre­chend aufge­rüstet werden, um zum Beispiel Gehalts­abrech­nungen für die Beleg­schaft auf diesem Weg abzu­wickeln.

"Die Nutzung von Instant Payments erfor­dert umfas­sende Anpas­sungen in den Systemen von Banken und Nutzern", erläu­terte Bundes­bank-Vorstand Burk­hard Balz Ende Oktober. "Zudem werden Instant Payments in Deutsch­land meist noch als teures Premi­umpro­dukt bepreist. Dementspre­chend stellt sich dann die Frage, ob die entspre­chenden Kosten den mögli­chen Mehr­wert aufwiegen."

Abde­ckung in Deutsch­land sei noch lücken­haft

Bei der Hypo­ver­eins­bank wird nach Angaben eines Spre­chers inzwi­schen gut jede zehnte Über­wei­sung in Echt­zeit ausge­führt. Die Nutzung sei nochmal stark ange­stiegen "seitdem Echt­zeit­zah­lungen auch per App möglich sind und weitere Insti­tute als Empfänger hinzu­kamen", teilte der HVB-Spre­cher mit.

Beim Hamburger Handels- und Dienst­leis­tungs­kon­zern Otto gehen derzeit zehn Prozent aller Zahlungen von Kunden als Instant Payments ein. Das liege "ziem­lich genau auf Markt­niveau", teilte ein Otto-Spre­cher mit. "Hürden für eine sich schneller oder breiter entwi­ckelnde Nutzung von Instant Payment erkennen wir beispiels­weise in dem Umstand, dass viele Banken für diese noch sepa­rate Gebühren erheben. Diese sollten unserer Meinung nach jedoch nicht anders bepreist werden als klas­sische Über­wei­sungen."

Dazu komme: Das Netz der Anbieter für das sekun­den­schnelle Bezahl­ver­fahren sei noch lücken­haft. "Die Abde­ckung in Deutsch­land sowie West­europa ist zwar schon ganz gut, aber in Nord- sowie Ost-Europa deut­lich ausbaubar", fasste der Otto-Spre­cher zusammen.

Über 1200 Banken in Deutsch­land bieten Instant Payment an

Der Euro­päi­sche Zahlungs­ver­kehrs­aus­schuss (European Payments Council) listete Anfang Dezember 2322 Zahlungs­dienst­leister aus 24 Ländern des Sepa-Raums auf, die Instant Payments anbieten. Das seien 60 Prozent der Zahlungs­dienst­leister in Europa. In Deutsch­land nehmen nach DK-Angaben mehr als 1200 Banken und Spar­kassen am EU-weiten Verfahren für Echt­zeit-Über­wei­sungen teil. "Mit der durch­gän­gigen Verbrei­tung der Echt­zeit-Über­wei­sung gehört die deut­sche Kredit­wirt­schaft zur Spit­zen­gruppe in Europa", teilte die DK mit.

Im Zahlungs­ver­kehrs­raum Sepa ("Single Euro Payments Area") sollen Über­wei­sungen, Last­schriften und Karten­zah­lungen grenz­über­schrei­tend stan­dar­disiert und so beschleu­nigt werden. Dieser einheit­liche Euro-Zahlungs­ver­kehrs­raum umfasst die 27 EU-Staaten sowie außerdem: Island, Liech­ten­stein, Norwegen, die Schweiz, Monaco, San Marino, Andorra, den Staat Vati­kan­stadt und das Verei­nigte König­reich.

Nach Ansicht des Otto-Spre­chers könnten Banken und Spar­kassen Kunden besser über das Bezahl­ver­fahren infor­mieren: "Einige Vorteile hat der Service ja durchaus, nicht zuletzt im euro­päi­schen Online-Handel, der von immer mehr Kundinnen und Kunden frequen­tiert wird. So wird bei vielen Händ­lern der Versand­pro­zess der verkauften Ware durch einen schnel­leren Zahlungs­pro­zess zügiger in die Wege geleitet sowie nach­fol­gend die Bear­bei­tung von Retouren beschleu­nigt."

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