Aircove im Test: ExpressVPN bietet eigenen WiFi-6-Router
VPN-Dienste gibt es fast wie Sand am Meer. Der Einsatz empfiehlt sich beispielsweise an offenen WLAN-Hotspots zum Aufbau einer verschlüsselten Datenverbindung. Zuhause ermöglicht das "Vorgaukeln" eines anderen Standorts über einen VPN-Server beispielsweise den Zugriff auf Streaming-Dienste, die nicht für das Land bestimmt sind, indem man sich aufhält. Oder man umgeht die Sperre einer Webseite speziell für Besucher in Europa, weil der Betreiber keine Anpassungen zur Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung durchführen möchte.
Die meisten VPN-Anbieter haben Apps für Android und iOS, Windows und macOS oder auch für verschiedene Streaming-Sticks (zum Beispiel Fire TV) und Smart-TVs (zum Beispiel Android TV) im Angebot. Für Interessenten, die gleich mehrere Geräte parallel über den VPN-Tunnel mit dem Internet versorgen wollen, eignet sich die VPN-Nutzung direkt im Router. Das aktuelle FRITZ!OS von AVM unterstützt das WireGuard-Protokoll, das auch von einigen kommerziellen VPN-Diensten verwendet wird.
Der Aircove-Router von ExpressVPN
Foto: teltarif.de
VPN-Tunnel direkt im Router betreiben
VPN direkt in der FRITZ!Box betreiben? Bislang scheint es noch keinen Anbieter zu geben, der das offiziell unterstützt, auch wenn WireGuard beispielsweise in Apps bereits eingesetzt wird. Hersteller wie Asus bieten Router an, bei denen man VPN-Zugangsdaten eintragen kann. Mit ExpressVPN: ExpressVPN bietet einer der Anbieter von Datenverbindungen zu virtuellen Internet-Standorten auch einen eigenen Router an. Dieser nennt sich Aircove und hat die VPN-Software bereits integriert.
Der Vorteil gegenüber der Kombination eines beliebigen Routers mit VPN-Funktion ist: Die Konfiguration entfällt, die je nach Router und VPN-Dienst nicht ganz trivial ist. Sollen verschiedene Serverstandorte genutzt werden, müssen die Einstellungen mehrfach vorgenommen werden. Wir wollten wissen, was Aircove in der Praxis leistet, wie sich das Gerät einrichten und nutzen lässt.
Menü für die Erstkonfiguration des Routers
Screenshot: teltarif.de
Technische Daten von Aircove
ExpressVPN verspricht Dualband-WLAN und die Unterstützung von WiFi-6 (802.11ax). Auf 2,4 GHz sollen bis zu 60 MBit/s und auf 5 GHz bis zu 1200 MBit/s möglich sein. Zudem soll der Router laut Datenblatt eine Fläche von bis 150 Quadratmetern mit einem drahtlosen Internet-Zugang versorgen können. Voreingestellt ist WPA2-Verschlüsselung. WPA3 kann optional genutzt werden, wenn die eigenen Geräte dieses Protokoll verstehen.
Der Aircove-Router verfügt über einen WLAN-Anschluss, der mit dem Internet-Modem (beispielsweise einer FRITZ!Box) verbunden werden muss. Über vier Ethernet-Anschlüsse können zum Beispiel Computer auch kabelgebunden mit dem Internet verbunden werden. Der Router hat vier externe Antennen an Bord und der Hersteller liefert ein 12-Volt-Netzteil mit verschiedenen Stecker-Adaptern mit. Auch ein Netzwerkkabel befindet sich im Lieferumfang.
So wird der Aircove-Router eingerichtet
Mitgeliefert wird auch eine kurze Anleitung, die aufzeigt, wie das Gerät in Betrieb genommen wird. Auf der Unterseite des Aircove-Routers befinden sich die vorläufigen Zugangsdaten, mit denen die WLAN-Verbindung beispielsweise zu einem Notebook aufgebaut werden kann. Nach Eingabe der Internet-Adresse expressvpnrouter.com) im Browser gelangt man ins Konfigurationsmenü.
Zum Start der Einrichtung lässt sich Deutsch als Menüsprache auswählen. Im nächsten Schritt können sich ExpressVPN-Bestandskunden mit ihren Zugangsdaten anmelden. Neue Interessenten haben die Möglichkeit, sich für einen 30-tägigen kostenlosen Test anzumelden. Wer den Dienst über diesen Zeitraum hinaus nutzen möchte, benötigt ein Abonnement.
Antennen und Anschlüsse auf der Rückseite
Foto: teltarif.de
Zugangsdaten personalisierbar
Während der Ersteinrichtung können individuelle Daten für SSID (also den Namen des WLAN-Netzes) und Passwort vergeben werden. Im nächsten Schritt wird ein Router-Administrations-Passwort festgelegt. Dieses wird benötigt, wenn später Änderungen an der Konfiguration vorgenommen werden sollen. Über das Administrationsmenü ist es beispielsweise auch möglich, den Serverstandort zu ändern.
Anschließend hat der Aircove eine neue Firmware-Version heruntergeladen. Leider wurde kein Changelog angezeigt. Somit ist nicht bekannt, welche Änderungen dabei durchgeführt wurden. Nun wurden die WLAN-Zugangsdaten nochmals angezeigt und die Konfiguration war abgeschlossen.
Speedtest mit Serverstandort an der US-Ostküste
Screenshot: teltarif.de
Einstellungen nachträglich anpassen
Standardmäßig werden auf 2,4 und 5 GHz automatisch ausgewählte Kanäle genutzt. Das lässt sich nachträglich ändern. Darüber hinaus ist es möglich, getrennte Netze in beiden Frequenzbereichen zu betreiben. Auf 5 GHz werden nur die Kanäle 36 bis 48 unterstützt. Der Hersteller will sich wohl die Radarerkennung auf den höheren Kanälen sparen. Nachteil ist die auf den unteren 5-GHz-Frequenzen übliche niedrige Sendeleistung, sodass der vom WLAN-Signal des Aircove erreichte Radius doch erheblich kleiner als beispielsweise bei einer FRITZ!Box 7590 AX ist.
Über das Admin-Menü lässt sich nicht nur die Netzwerk-Konfiguration anpassen. Hier kann auch die VPN-Nutzung ein- und ausgeschaltet und der gewünschte Serverstandort ausgewählt werden. Die Seite ist - wie bei AVM - responsive, sodass es beispielsweise auch vom Smartphone aus unkompliziert möglich, den Serverstandort zu wechseln oder das VPN zu deaktivieren.
ExpressVPN mit Aircove ausprobiert
Der Aircove-Router hinterlässt einen soliden Eindruck. Wünschenswert wäre ein Ein/Aus-Schalter für den Fall, dass das Gerät nur für das VPN-Netz zum Einsatz kommt, das wiederum nur dann eingeschaltet wird, wenn es benötigt wird. Darüber hinaus wäre die Unterstützung der hohen 5-GHz-Frequenzen wünschenswert, wo WLAN-Router mit höherer Leistung als auf den niedrigen Frequenzen senden dürfen.
Der ExpressVPN-Dienst funktioniert ähnlich wie vergleichbare Angebote von NordVPN und Cyberghost, VyprVPN und Surfshark, um nur einige Beispiele zu nennen. Bei der Nutzung in Verbindung mit dem Aircove-Router blieb die Verbindung auch über einen mehrtägigen Zeitraum stabil. Die Pingzeiten bei Servern an der US-Ostküste lagen im Test zwischen 150 und 200 Millisekunden. Das ist nicht gut, aber durchaus VPN-typisch. Im Downstream kamen wir an einem VDSL-100-Anschluss auf 90 bis 95 MBit/s im Downstream (ohne VPN knapp über 100 MBit/s), im Upstream auf knapp über 20 MBit/s (ohne VPN rund 40 MBit/s).
Router-Menü im Chrome-Browser am Smartphone
Screenshot: teltarif.de
Probleme mit einigen Serverstandorten
Nicht alle Serverstandorte funktionieren wie erwartet. Wir haben für die USA zunächst Standorte in New Jersey und New York getestet. Mit WLAN-Radios waren nicht alle geogeblockten amerikanischen Radiostationen zu hören. 95.5 KLOS aus Los Angeles und 96.3 KKLZ aus Las Vegas waren nicht erreichbar. Die Wiedergabe von K-EARTH 101 aus Los Angeles und WCBS-FM New York klappte hingegen.
Mit Serverstandort in Washington oder Los Angeles funktionierte der Stream-Zugriff auf alle USA-weit verfügbaren, geogeblockten Webradios. Offenbar werden die ExpressVPN-Server in New Jersey und New York nicht von allen Diensten mit dem vorgesehenen Standort erkannt. Kurios: KLOS und KKLZ waren am Smartphone mit Serverstandort New Jersey oder New York nutzbar, wenn die Android- bzw. iOS-App von ExpressVPN anstelle des Aircove-Hotspots zum Einsatz kam.
Mobile App von ExpressVPN
Screenshot: teltarif.de
Offenbar häufiger IP-Adresswechsel
Beim Video-Streaming mit Serverstandort Schweiz wurde nach wenigen Minuten eine Fehlermeldung angezeigt, nach der das Video nicht länger angezeigt werden kann, da zu oft die IP-Adresse gewechselt wurde. Diesen Fehler kannten wir bereits von früheren Tests mit NordVPN. Das ist offenbar kein Bug, sondern ein Feature, das dazu beitragen soll, den Standort des Nutzers bestmöglich zu verschleiern. Nach Umstellung auf den Server "Schweiz 2" konnten wir das Streaming aber auch über einen längeren Zeitraum fortsetzen.
Solche Unzulänglichkeiten sind ärgerlich, aber nicht ungewöhnlich. Schwachstellen gibt es wohl bei jedem VPN-Dienst. Vor einer langfristigen Bindung empfiehlt es sich daher, das ins Auge gefasste Angebot zunächst auszuprobieren. Mehrwert bei ExpressVPN ist der Aircove-Router, der sich auch von technisch weniger versierten Interessenten schnell und unkompliziert einrichten lässt.
In einer weiteren Meldung berichten wir darüber, dass AVM bei seinen FRITZ!Boxen gerade erst eine schwerwiegende Sicherheitslücke geschlossen hat.