Interview

Vodafone: "Fernsehen ist Teil unserer DNA"

Mit GigaTV setzt Voda­fone im Gegen­satz zu seinen Mitbe­wer­bern auf ein eigenes Fern­seh­angebot. Wir haben uns über das Produkt und die künf­tigen Pläne mit Voda­fone-Privat­kun­den­chef Andreas Lauken­mann unter­halten.
Von Björn König

Foto: Vodafone Deutschland Vodafone-Privatkundenchef Andreas Laukenmann
Foto: Vodafone Deutschland
Zwar spielt das Thema Breit­band-Internet auch für Kabel­anbieter heute eine zentrale Rolle, die Wurzeln des Voda­fone-Kabel­netzes liegen aber im Fern­sehen. Und genau in diesem Bereich will Voda­fone auch in Zukunft den Takt im Wett­bewerb vorgeben. Darüber spra­chen wir mit Andreas Lauken­mann, Privat­kun­den­chef und Mitglied der Geschäfts­füh­rung von Voda­fone Deutsch­land.

Foto: Vodafone Deutschland Vodafone-Privatkundenchef Andreas Laukenmann
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teltarif.de: Herr Lauken­mann, früher domi­nierte Fern­sehen das Kabel­netz. Heute ist es der Inter­net­zugang. Welche Rolle spielt vor diesem Hinter­grund die eigene Voda­fone-Netz­infra­struktur für "GigaTV"?
Andreas Lauken­mann: Rund 14 Millionen TV-Kunden vertrauen uns und machen Voda­fone zum größten TV-Anbieter in Deutsch­land. Das Kabel steht für verläss­liche Technik und eine gute Bild- und Tonqua­lität. Zudem bietet es eine riesige Programm­viel­falt, mit der wir insge­samt 24 Millionen Kabel­haus­halte adres­sieren. Kurzum: Das Kabel­netz war, ist und bleibt die erfolg­reichste Fern­sehin­fra­struktur in Deutsch­land. Zugleich bietet das Kabel Millionen von Menschen einen Zugang zu super­schnellem Internet und damit zu den Ange­boten der Strea­ming-Anbieter. Die Brücke zwischen dem klas­sischen Fern­seh­angebot über DVB-C und den Strea­ming-Ange­boten aus dem Internet schlagen wir mit unserer TV- und Enter­tain­ment­platt­form GigaTV. Auf dieser fassen wir die rele­van­testen und popu­lärsten Inhalte unter einem Dach zusammen und sorgen dafür, dass sie einfach und komfor­tabel aufzu­finden und orts­unab­hängig abrufbar sind. "Alles. Für Dich. Jeder­zeit. Überall." ist der Leit­gedanke, der uns antreibt. Deshalb ist die GigaTV-Welt auch nicht nur auf den Kabel­emp­fang ausge­richtet. Zur GigaTV-Familie gehören eine App für den mobilen Zugang und unsere Android-basierte Strea­ming-Box GigaTV.Net, mit der wir unseren DSL-Kunden eine IP-basierte Fern­seh­lösung bieten. Und unsere Kabel­lösung vereint DVB-C und IPTV.

teltarif.de: Gerade beim Thema Fern­sehen stehen die klas­sischen Netz­betreiber auch in Konkur­renz zu OTT-Diensten wie waipu.tv, Joyn oder Zattoo und natür­lich der großen Auswahl an SVoD-Services von Netflix bis Amazon Prime Video. Sehen Sie hier primär Konkur­renz oder viel­leicht sogar die Möglich­keit zu Koope­rationen?
Andreas Lauken­mann: Die Nutzer von "Over the top"-Kommu­nika­tions­diensten kommen in der Regel nicht in den vollen Genuss des Komfort­fern­sehens, wie wir es heute im Wohn­zimmer am großen Bild­schirm genießen. Hohe Auflö­sungen oder zentrale Features wie Aufnehmen, Pausieren oder Restart sind in vielen dieser Ange­bote nicht oder nur sehr limi­tiert enthalten. Auch die Ange­bote selbst sind wenig verzahnt und nur Insel­lösungen. Dazu kommt eine Heraus­for­derung, die wir alle kennen: Wir sitzen abends vor dem Fern­seher und wissen ob des viel­fäl­tigen Ange­bots nicht mehr, wo und was wir schauen wollen. Netflix, Amazon Prime, DAZN, Media­theken, TV-Sender - die ersten Minuten vor dem Bild­schirm verbringen wir mit Suchen und Auspro­bieren. Das ist alles andere als ein entspannter Beginn eines Fern­seh­abends. Hier setzen wir mit GigaTV an und wollen helfen, damit unsere Kunden schneller die Inhalte finden, die ihren Wünschen entspre­chen. Das tun wir, indem wir durch Koope­rationen die rele­van­testen und belieb­testen Inhalte konso­lidiert auf einer Platt­form anbieten. Dazu setzen wir auf eine Empfeh­lungs­logik, die alle Inhalte berück­sich­tigt, und die unseren Kunden eine bessere Orien­tie­rung und mehr Durch­blick im Strea­ming- und TV-Dschungel geben soll. Für Lieb­haber von OTT-Diensten bieten wir mit unserer GigaTV-Stand-Alone-App aber auch eine Lösung an.

teltarif.de: Wie entwi­ckelt sich GigaTV mit Blick auf die Inte­gra­tion von Unity­media? Schließ­lich gab es dort mit HorizonTV ein eigenes Angebot.
Andreas Lauken­mann: Wir haben es geschafft, beide Unter­nehmen inner­halb eines Jahres eng mitein­ander zu verzahnen. Wir haben erfolg­reich eine Marke geschaffen und unsere Produkt­welten harmo­nisiert, zuletzt das TV-Port­folio. An einer einheit­lichen TV-Platt­form arbeiten wir und es ist kein Geheimnis, dass wir die Horizon-Welt zukünftig durch ein noch besseres Voda­fone-Angebot ersetzen werden.

teltarif.de: An der Horizon-Box von Unity­media gab es immer wieder Kritik, insbe­son­dere mit Blick auf die Soft­ware. Spielen diese Aspekte auch bei der Weiter­ent­wick­lung von GigaTV eine Rolle?
Andreas Lauken­mann: Unity­media hat Horizon 2013 einge­führt, das ist lange her. Auch wenn die TV-Platt­form in den letzten Jahren viele neue Funk­tionen erhalten hat, um Inhalte erwei­tert wurde und es sogar eine neue Hard­ware-Revi­sion gegeben hat, fehlen wich­tige Features. Darunter beispiels­weise die Möglich­keit, 4K-Inhalten abzu­spielen. Die Möglich­keiten für die tech­nische Weiter­ent­wick­lung von Horizon auf der bestehenden Platt­form sind stark begrenzt. Außerdem arbeiten wir schon seit 2015 an GigaTV und haben mit GigaTV eigene wert­volle Erfah­rungen sammeln können. Die Erfah­rungen, die unsere neuen TV-Kollegen und die Unity­media-Kunden gesam­melt haben, bringen wir in die Weiter­ent­wick­lung von GigaTV ein.

teltarif.de: Ihre Wett­bewerber Telefónica und 1&1 setzen beim Thema TV-Ange­bote auf White Label-Produkte in Koope­ration mit Exaring und Zattoo. Warum haben Sie sich für eine eigene Lösung entschieden?
Andreas Lauken­mann: Fern­sehen ist für uns ein Kern­geschäft und ist schon seit vielen Jahren ein Teil unserer Unter­neh­mens-DNA. Durch den Zukauf von Unity­media hat sich das noch­mals verstärkt. Wir sind nun der größte TV-Anbieter Deutsch­lands und verfügen über eine giga­bit­fähige und zukunfts­sichere Infra­struktur. Wir sind kein Mobil­funk-Konzern mehr, wir sind ein Digi­tali­sie­rungs­kon­zern, der Mobil­funk, IoT, Fest­netz, Tele­fonie und Fern­sehen unter einem Dach vereint. Wir treiben die Digi­tali­sie­rung in Deutsch­land voran, haben einen starken inter­natio­nalen Mutter­kon­zern im Rücken und den Anspruch und die Power, eigene Produkte und Lösungen für unsere Kunden zu entwi­ckeln. Deshalb ist es selbst­ver­ständ­lich, dass wir mit GigaTV eine eigene TV-Lösung entwi­ckelt haben.

teltarif.de: Wie ist bei Ihnen aktuell das Verhältnis zwischen linearer und On Demand-Nutzung?
Andreas Lauken­mann: Lineares Fern­sehen ist noch immer die domi­nie­rende Nutzungs­form. Aber auch wir sehen natür­lich, wie sich der Fern­seh­konsum verän­dert und welchen Zulauf die Strea­ming-Ange­bote in bestimmten Alters­gruppen haben. Entspre­chend bauen wir unser Angebot aus. Mit unserem Glas­faser-Kabel­netz, das bereits 1000 MBit/s für rund 21 Millionen Haus­halte bietet, sind wir sehr gut aufge­stellt. Bis spätes­tens 2022 werden wir die Aufrüs­tung des Kabel­netzes auf den Geschwin­dig­keitsturbo DOCSIS 3.1 abge­schlossen haben. Dann können insge­samt 25 Millionen Haus­halte in Deutsch­land mit Gigabit-Tempo im Internet surfen. Wir sind also gut gerüstet für den stei­genden Strea­ming-Konsum.

teltarif.de: Welche neuen Funk­tionen planen Sie für die künf­tigen Monate bei GigaTV?
Andreas Lauken­mann: Derzeit konzen­trieren wir uns darauf, neue Inhalte in GigaTV zu inte­grieren. Erst vor zwei Wochen haben wir als erster Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter Deutsch­lands mit DAZN das "Netflix des Sports" auf eine große TV-Platt­form gebracht. Weitere popu­läre Strea­ming-Dienste, die wir auf GigaTV einbetten, folgen bald.

teltarif.de: Die Deut­sche Telekom setzt bei Magenta TV auch auf ein vom Breit­band­anschluss unab­hän­giges OTT-Produkt. Ist eine solche Stra­tegie auch für Voda­fone sinn­voll?
Andreas Lauken­mann: Mit GigaTV Net verfügen wir seit November 2018 über eine Android-basierte Strea­ming-Box, die sich an jedem Inter­net­anschluss einsetzen lässt. Wir bedienen schließ­lich nicht nur unsere Kabel­kunden, sondern haben auch viele Glas­faser- und DSL-Kunden.

teltarif.de: Planen Sie für GigaTV auch die Produk­tion von eigenen On Demand-Inhalten?
Andreas Lauken­mann: "Sag niemals nie." Wir verstehen uns jedoch als Digi­tali­sie­rungs­kon­zern und Infra­struk­tur­anbieter, nicht als Holly­wood­studio. Mit mehr als 100 FreeTV- und 160 PayTV-Sendern (inkl. Sky) ist unser Angebot im euro­päi­schen Vergleich Spitze. Wir haben das schnellste Inter­net­angebot in Deutsch­land – dort, wo unsere Geschwin­dig­keiten anfangen, hören andere auf. Mit unseren Fest­netz-Ange­boten können wir uns deut­lich vom Wett­bewerb abgrenzen und müssen nicht zwin­gend in die Produk­tion eigener Inhalte inves­tieren.

teltarif.de: Welche konkreten Ände­rungen erwarten ehema­lige Unity­media-Kunden mit Blick auf das TV-Angebot?
Andreas Lauken­mann: In Folge des Zusam­men­schlusses von Voda­fone und Unity­media nehmen wir unter­neh­mens­weit Verän­derungen vor: Wir koppeln unsere Netze, verein­heit­lichen die Technik und glei­chen die Produkt­welten an. Die Weiter­ent­wick­lung unserer Kabel-Glas­faser-Infra­struktur und der dazu­gehö­rigen Ange­bote ist ein wesent­licher Bestand­teil unserer Gigabit-Stra­tegie, die uns im Hinblick auf die zukünf­tige Markt- und Band­brei­ten­ent­wick­lung einen wesent­lich größeren Gestal­tungs­spiel­raum bietet. Vor diesem Hinter­grund ist die Zusam­men­füh­rung der beiden TV-Welten von Unity­media und Voda­fone in ein gemein­sames TV-Universum für uns intern und auch für unsere Kunden ein span­nendes Projekt. Es ist aber noch zu früh für Details.

teltarif.de: Herr Lauken­mann, vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Andreas Lauken­mann
Andreas Lauken­mann ist seit fast 15 Jahren im Voda­fone-Konzern tätig. Er verant­wor­tete ab September 2004 in der Geschäfts­lei­tung von Voda­fone Tsche­chien zunächst den Bereich "Stra­tegy & Plan­ning" und dann als Vice Presi­dent das Busi­ness-Segment. 2007 wech­selte er zur deut­schen Voda­fone-Fest­netz­tochter Arcor. Im Zuge der Inte­gra­tion von Arcor kam er 2009 zu Voda­fone Deutsch­land, wo er verschie­dene Manage­ment-Funk­tionen inne­hatte, unter anderem in den Berei­chen Whole­sale und Commer­cial Manage­ment Consumer. Seit 2016 verant­wortet er als Bereichs­leiter im Marke­ting die Mobil­funk-Produkte, seit 2018 die gesamte Consumer-Produkt­palette von Voda­fone Deutsch­land. Vor seinem Eintritt bei Voda­fone war Andreas Lauken­mann Mitglied der Geschäfts­lei­tung bei der Münchner Manage­ment-Bera­tung Diamond Cluster.

In einem weiteren Inter­view spra­chen wir mit Telefónica-Bereichs­leiter Markus von Böhlen über o2 TV.

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