Digitaler Aufbruch: Neue Gigabit-Strategie verabschiedet
Das Kabinett hat heute seine Gigabitstrategie beschlossen, die verschiedene Maßnahmen zu unterschiedlichen Ausbauaspekten enthält. So sollen Genehmigungsverfahren für (mobile) Mobilfunk-Masten ("MRT"), die nur für eine begrenzte Zeit an einem Ort stehen, gar nicht mehr nötig sein. An anderen Standorten soll das Behördenprozedere beschleunigt werden.
Schneller und einfacher
Digitalminister Volker Wissing stellt die Gigabitstrategie vor
Foto: Picture Alliance/dpa
Für die zügigere Verlegung von Glasfaser enthält das Papier Verbesserungsvorschläge: Dank einfacherer Verlegetechniken (z.B. Trenching) soll es schneller gehen. An bestimmten Orten soll die Glasfaser überirdisch an Holzmasten aufgehängt werden, das spart das zeitraubende Aufgraben.
Gigabit-Grundbuch
Ein "Gigabit-Grundbuch" soll eine bessere Übersicht über die aktuelle Versorgung und künftige Vorhaben vor Ort bieten. Welche Geschwindigkeiten gibt es an einem bestimmten Ort und welche Unternehmen planen dort wann genau welchen Ausbau?
Zustimmung von Ländern und Kommunen erforderlich
Die Strategie erinnert in Teilen eher an einen Appell, da die entscheidenden Kompetenzen bei den Ländern und Kommunen liegen. Bundesdigitalminister Volker Wissing (FDP) hat klare Vorstellungen: "Mit unserer Gigabitstrategie wollen wir den digitalen Aufbruch für Deutschland erreichen", erklärte er nach dem Kabinettsbeschluss. "Home-Office, Streaming im ICE und Empfang auf der Berghütte müssen endlich problemlos möglich sein."
Dafür würden überall leistungsfähige digitale Infrastrukturen gebraucht - das heißt Glasfaser bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard". Nun will er die Bedingungen, um den Ausbau schneller und effizienter zu machen.
Streit um Glasfaserförderung
Streit gibt es um das im Papier enthaltene Thema "Glasfaser-Ausbauförderung", Ende 2022 entfällt eine Schwelle von 100 Megabit pro Sekunde. Bisher konnte nur in Gegenden mit schlechteren Werten mit staatlichem Geld neue Kabel verlegt und Technik aufgebaut werden. Künftig wären Fördervorhaben in viel größeren Gebieten möglich.
Das sieht die Telekommunikationsbranche sehr kritisch: Sie warnt davor, dass dann viel zu viele Förderprojekte auf einmal gestartet würden. Die wenigen greifbaren Baufirmen wären dann erst recht völlig überlastet, weil der Ausbau erst einmal dort stattfände, wo nur wenige Haushalte seien und das Netz besonders schlecht ist oder gar nicht existiert.
Mehr Wirkung erzielen
Die Branche möchte lieber andernorts mehr Wirkung erzielen. Sie fürchtet also, dass der Ausbau ausgebremst werden würde, weil geförderter Ausbau zwei bis drei Mal so lange dauere wie eigenwirtschaftlicher Ausbau. Die Kritik formuliert beispielsweise Stephan Albers vom Glasfaser-Verband Breko. Seine Kollegen vom VATM äußern ähnliche Bedenken (wir berichteten).
Im Strategiepapier von Minister Wissing bleibt es beim Wegfall der 100-Megabit-Schwelle. Allerdings solle erarbeitet werden, wo das größte Ausbaupotenzial ist, das ist dann als Wegweiser gedacht.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wie hier schon mehrfach erwähnt, ist das Signal klar: Alle sollen und möchten "jetzt und sofort und gleich" schnelles Internet haben, egal ob mobil oder im Festnetz. Dabei möchten die Gegenden mit aktuell ganz wenig oder auch gar keinem Netz endlich "zuerst" dran kommen, selbst wenn das in vielen Fällen aufwändiger ist. Die privaten Glasfaser-Unternehmen möchten am liebsten alles "eigenwirtschaftlich" ausbauen und sich möglichst von niemand groß reinreden lassen, zumal sie ja irgendwo kostendeckend oder rentabel arbeiten müssen. Sobald aber eine staatliche Förderung ins Spiel kommt, muss genau geprüft und gerechnet werden, damit ja niemand bevorteilt wird oder wertvolle Steuergelder sinnlos verheizt werden.
Im Mobilfunk setzt sich die Erkenntnis durch, das ein gemeinsamer Ausbau kritischer Bereiche, sinnvoller, effizienter und kostengünstiger ist, sei es MOCN oder gemeinsame Projekte wie die Schwarzwaldbahn (Bericht folgt). Das funktioniert teilweise ganz hervorragend, kann aber - Beispiel Berliner U-Bahn - in einem Kompetenzdschungel lokaler Behörden stecken bleiben. Hier sollte die Politik den Druck massiv erhöhen, damit der Ausbau wirklich und endlich voran kommt.
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