Themenspecial Senioren Großtasten-Telefon

Gigaset E560HX im Test: Das Möchtegern-AVM-FRITZ!Fon

Gigaset versucht, mit dem E560HX ein Senioren-Telefon auf den Markt zu bringen, das an jedem DECT-fähigen Router nutzbar sein soll. Wir haben an einer FRITZ!Box getestet, ob dies reibungslos funktioniert und ob alle Funktionen für Senioren sinnvoll sind.
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Gigaset E560HX im Test: Das Möchtegern-AVM-FRITZFon Gigaset E560HX im Test: Das Möchtegern-AVM-FRITZ!Fon
Bild: teltarif.de / Alexander Kuch
Gibt es heutzutage noch einen Markt für die klassischen Hersteller von Festnetztelefonen? Auf der einen Seite telefonieren dank günstiger Tarife viele Kunden nur noch mit dem Handy und nutzen den heimischen Breitbandanschluss ausschließlich zum Surfen - wenn sie ihn nicht schon komplett abgemeldet haben.

Und nun schaufeln seit einigen Jahren auch noch die Router-Firmen am Grab der klassischen Telefon-Hersteller, indem sie zu ihren Routern günstige und schicke IP-Telefone anbieten, die perfekt auf die Router-Funktionen abgestimmt sind. Gerade AVM besetzt hier mit den FRITZ!-Telefonen (aktuelle Modellübersicht hier) einen wichtigen Markt. Haben angesichts dieser Konkurrenz die bekannten Hersteller wie Gigaset, Auerswald, Tiptel, Panasonic, Philips, Grundig, Telefunken und andere überhaupt noch eine Chance auf nennenswerte Marktanteile?

Gigaset E560HX im Test: Das Möchtegern-AVM-FRITZFon Gigaset E560HX im Test: Das Möchtegern-AVM-FRITZ!Fon
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Hersteller wie beispielsweise Tiptel und Gigaset nehmen nun immerhin den Kampf auf. Im Dezember hat Gigaset eine neue Serie von Festnetztelefonen gestartet, die den Zusatz "HX" tragen. Diese DECT-Mobilteile kommen ohne DECT-Basisstation und haben nur noch eine Ladeschale. Der Kunde kann sie direkt am DECT-fähigen Router anmelden. Mitte Juli hat Gigaset mit dem E560HX nun das erste Großtasten-Telefon in dieser Serie vorgestellt, das auch für Senioren tauglich sein soll. Wir haben das Telefon getestet. Mobilteil, Ladeschale, Netzteil und Verpackung Mobilteil, Ladeschale, Netzteil und Verpackung
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Einrichtung: Feinarbeit wartet im Router

Das Gigaset E560HX kommt in der typischen Gigaset-Kartonverpackung in Weiß und Orange. Außer dem Telefon fanden wir zwei AAA-Akkus, die Ladeschale und das Netzteil in der Packung. Da es sich um ein reines DECT-Mobilteil handelt, ist in die Ladeschale keine DECT-Basisstation integriert und dem Telefon liegt kein TAE-Kabel bei. Die Ladeschale kann also frei in der Wohnung in der Nähe einer Steckdose platziert werden - selbstverständlich innerhalb des DECT-Empfangsradius von bis zu 30 Metern rund um den Router. Das Telefon gibt es übrigens auch unter dem Namen Gigaset E560 mit DECT-Basis und als E560A mit integriertem Anrufbeantworter.

Nicht seniorengerecht: kleine Beschriftung der Ringtasten Nicht seniorengerecht: kleine Beschriftung der Ringtasten
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In unserem Test haben wir das Gigaset E560HX an einer AVM FRITZ!Box 7490 getestet, die an einem Telekom-All-IP-Anschluss betrieben wird. Nach dem Einlegen der Batterien und dem Aufsetzen des Akkudeckels luden wir das Telefon erst einmal auf. Währenddessen schaltete es sich irgendwann ein und forderte uns zur Einrichtung auf. Diese war schnell erledigt: Zuerst muss auf dem Mobilteil Uhrzeit und Datum manuell eingestellt werden. Dann wird der Nutzer dazu aufgefordert, per "Anmelden" das Telefon mit dem Router zu koppeln. Als wir im Test diese Funktion betätigten und gleichzeitig die DECT-Taste an der FRITZ!Box drückten, dauerte es etwa zehn Sekunden, bis beide Geräte sich gefunden hatten - dann konnten wir sofort telefonieren.

Wer an einem All-IP-Anschluss mehrere Festnetznummern nutzt und/oder wer mehrere Festnetztelefone (zum Beispiel für privat und Büro) in Gebrauch hat, sollte nun die Feinarbeit über die Benutzeroberfläche des Routers vornehmen. In der Fritz!Box ist dies der Menüpunkt "Telefonie - Telefoniegeräte". Nach der automatischen Anmeldung per DECT-Taste erschien das Gigaset E560HX dort als "Mobilteil 3", da wir bereits zwei FRITZ!-Telefone mit dem Router gekoppelt haben. Eine ausgehende Rufnummer war nicht zugewiesen, diese mussten wir manuell festlegen. Vor dieser Festlegung nutzte das Telefon bei einem Testanruf die Hauptnummer unseres Anschlusses.

LED und Lautsprecher auf der Rückseite LED und Lautsprecher auf der Rückseite
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Bei den ankommenden Anrufen war eingestellt, das alle Anrufe auf allen drei Telekom-Nummern an das Gigaset weitergeleitet werden. Hier konnten wir auch per FRITZ!Box konfigurieren, dass nur Anrufe auf einer oder zwei der Nummern an das Gigaset-Mobilteil zugestellt werden. Als interne Rufnummer hatte die FRITZ!Box unserem Gigaset-Testgerät die Kurzwahl 612 zugewiesen - auch dies lässt sich selbstverständlich ändern.

In unserem Test war das Telefon also sofort nach dem Anmelden am Router ohne weitere Konfiguration einsatzbereit, die genauere Konfiguration im Router ist aber bei mehreren Mobilteilen und Rufnummern dringend zu empfehlen. Über dem Display: vier frei belegbare Kurzwahl-Tasten Über dem Display: vier frei belegbare Kurzwahl-Tasten
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Form, Haptik und Bedienung

Von der Form her erinnert das Gigaset E560HX stark an das bereits von uns getestete E630A: Auch die Anordnung der Tasten ist ähnlich, doch es gibt auch deutlich sichtbare Unterschiede: Denn das E560HX möchte speziell Senioren ansprechen, darum sind die Zifferntasten deutlich größer und haben eine extra große Ziffernbeschriftung, die auch für Sehbehinderte gut lesbar ist. Unter dem Display liegen drei Tasten, wobei die beiden äußeren für die auf dem Display angezeigten Menüfunktionen gedacht sind. Die mittlere schaltet den Lautsprecher ein und aus.

Zwischen grüner und roter Hörertaste liegt eine vierfach-Ringtaste. Drückt man in die Mitte des Rings, wird das Hauptmenü aufgerufen. Die Beschriftung für die einzelnen Ringfunktionen ist aber so klein, dass dies ein Sehbehinderter kaum entziffern kann. Rechts wird das Mikrofon stumm geschaltet, links ein interner Anruf gestartet. Die obere und untere Ringtaste sind für das Blättern im Menü gedacht, während ein Druck auf die untere Ringtaste auf dem Homescreen das Telefonbuch öffnet. Sehr gut ablesbar ist das Display, das an sich nicht besonders groß ist. Es zeigt die Zahlen aber sehr groß in nur zwei Zeilen an.

Batteriefach mit zwei AAA-Batterien Batteriefach mit zwei AAA-Batterien
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Das Gigaset E560HX verfügt zusätzlich über dem Display über vier Buchstaben-Tasten, die mit den Buchstaben A bis D beschriftet sind. Diese Tasten kann der Nutzer im Menü "Einstellungen-Direktwahltasten" frei belegen und die Tasten anschließend für Notrufe verwenden. Auch eine SOS-Nummer kann festgelegt werden, beispielsweise die Nummer naher Verwandter oder des Hausarztes.

Seitlich am Telefon gibt es zwei gut zu ertastende Lautstärke-Tasten. Auf unserem Testgerät des Gigaset E560HX hatten alle Tasten einen sehr guten Druckpunkt und wackelten nicht. Insgesamt fühlt sich das Telefon sehr wertig an und liegt auch gut in der Hand. Große Lautstärketasten seitlich Große Lautstärketasten seitlich
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HD-Sprachqualität und Router-Funktionen

Die Sprachqualität des Gigaset E560HX war in unserem Test durchweg gut bis ausgezeichnet. Bei mehreren Test-Telefonaten verstanden wir den Gesprächspartner stets ausgezeichnet und auch wir wurden gut verstanden. Beim Anschalten des Lautsprechers kam ein kleines Rauschen hinzu, dies störte die Klangqualität aber nicht wirklich. In einer Wohnung mit drei Zimmern kam es vereinzelt vor, dass die DECT-Verbindung zur Basisstation im hintersten Zimmer bei drei Zwischenwänden zum Router manchmal kurz abbrach. In diesem Fall muss man den ECO-DECT-Modus, der eine reduzierte Sendeleistung hat, abstellen und den regulären DECT-Modus verwenden.

Nutzer der FRITZ!-Telefone werden an dieser Stelle vielleicht fragen: Welchen Vorteil hat denn nun die Nutzung eines Gigaset-HX-Telefons gegenüber dem originalen AVM- oder Telekom-Telefon? Die Antwort ist recht einfach: Es gibt keinen Vorteil außer dem, dass die Gigaset-Telefone eben an jedem DECT-kompatiblen Router mit erweiterten Funktionen betrieben werden können, auch wenn man zwischendurch das Router-Modell wechselt. Der Betrieb eines AVM-Telefons an einem Telekom-Router bzw. umgekehrt ist nämlich wenig sinnvoll.

Große Ziffernanzeige auf dem Display für Sehbehinderte Große Ziffernanzeige auf dem Display für Sehbehinderte
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Das Gigaset E560HX ist allerdings für Senioren besser geeignet als die originalen FRITZ!-Telefone. Technik-Liebhaber werden aber sicherlich beim AVM-Telefon bleiben, da dieses Möglichkeiten der Router-Steuerung bietet, die dem Gigaset versagt bleiben, beispielsweise das Aktivieren oder Deaktivieren von WLAN über das Telefon-Menü. Auch FRITZ!-Funktionen wie Webradio, RSS-Feeds, Podcasts oder die Steuerung von Smart-Home-Funktionen sind über das Menü des Gigaset-Mobilteils nicht möglich.

Letztendlich sind über das Gigaset-Mobilteil nur zwei Router-Funktionen einigermaßen sinnvoll nutzbar, und zwar das Abhören des FRITZ!Box-Anrufbeantworters oder das Aufrufen des in den Router eingespeisten Telefonbuchs. Der Aufruf dieser Funktionen vom Gigaset-Mobilteil war in unserem Test allerdings so lahm, dass es keine Freude machte, das zu benutzen. Wenn man in einem umfangreichen Telefonbuch einen Eintrag sucht und dann schon zwei Sekunden warten muss, bis man zum nächsten Eintrag springen kann, macht das keinen Spaß. Eine wirklich sinnstiftende Kompatibilität mit der FRITZ!Box können wir dem Gigaset E560HX also keineswegs bescheinigen.

Schließlich testeten wir beim Gigaset E560HX noch eine typische Senioren-Funktion - die optische Anrufsignalisierung. Hierzu hat das Mobilteil auf der Rückseite oben ein weißes LED-Licht, das per Menüfunktion auch als Taschenlampe verwendet werden kann. Für eingehende Anrufe kann im Menü festgelegt werden, dass diese LED zusätzlich blinkt. In unserem Test war dies nur in einem dunklen Flur sichtbar, in einem hell erleuchteten Wohnraum ist das Feature sinnlos weil unsichtbar. Schwerhörige Nutzer müssen also weiterhin eine (am besten farbige) Lampe in der Wohnung installieren, die zusätzlich zum Klingel-Signal blinkt.

Fazit: Für Senioren zum Teil empfehlenswert, sonst unausgereift

Die Einrichtung des Gigaset E560HX geht einfach und bei den Grundfunktionen gibt sich das Telefon keine Blöße. Wie von Gigaset gewohnt ist die Sprachqualität exzellent. Für Senioren vorteilhaft sind die großen Zifferntasten und die gut lesbaren Ziffern auf dem Display sowie die Kurzwahltasten für Notrufnummern.

Damit endet allerdings die Beschreibung der Vorteile. Denn wer die Funktionen des Routers nutzen möchte, sollte unbedingt zum Original-Telefon des Router-Herstellers greifen. Insbesondere im Vergleich mit den FRITZ!-Telefonen von AVM schneidet das Gigaset E560HX in dieser Disziplin ganz schlecht ab. Für Technik-Interessierte ist das Gigaset E560HX daher definitiv keine Alternative.

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