Legale Fotos & Kinderpornografie: Gesetzesverschärfung soll für Klarheit sorgen
Der Bundestag hat eine Gesetzesverschärfung zu Nackt-Fotos von Kindern beschlossen
Bild: dpa
Jungs toben nackt durch den Garten, bespritzen sich
mit Wasser und raufen im Planschbecken herum. Mit solchen
Filmaufnahmen machen dubiose Händler im Internet viel Geld. Auch der
SPD-Politiker Sebastian Edathy bestellte bei einem kanadischen
Anbieter Fotos und Videos dieser Art im Netz. Alles legal - betonte
er und wies jeden Kinderpornografie-Vorwurf weit von sich. Der Fall
Edathy löste eine hitzige Debatte über die Abscheulichkeiten der
Kinderporno-Szene und die Grenzen der Legalität aus. Nun hat der
Bundestag eine Gesetzesverschärfung beschlossen
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. Das Ziel: für mehr
juristische Klarheit sorgen und Kinder besser schützen. Doch es
bleiben jede Menge offene Rechtsfragen und Probleme.
Die Abgrenzung zwischen legalen Bildern und Kinderpornografie ist seit jeher schwierig. Die Edathy-Affäre brachte der Diskussion darüber aber neue Wucht. Ursprünglich wollte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) unerlaubte Nacktaufnahmen generell unter Strafe stellen. Es folgte ein Aufschrei von Fachleuten und Rechtspolitikern in Bund und Ländern: Jeder Vater, der sein nacktes Kind beim Buddeln am Strand fotografiert, werde so zu einem Kriminellen gemacht, warnten sie. Auch andere Teile des Entwurfs stießen auf Kritik.
Maas schwächte seine Pläne an einigen Stellen ab
Der Bundestag hat eine Gesetzesverschärfung zu Nackt-Fotos von Kindern beschlossen
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Kurz vor der Abstimmung im Bundestag änderte Maas seine Pläne noch
und schwächte sie an einigen Stellen ab. Demnach macht man sich künftig
nur strafbar, wer Kinder und Jugendliche nackt fotografiert oder
filmt, um die Bilder dann zu verkaufen oder bei Tauschbörsen
anzubieten. Strandbilder für das Familien-Fotoalbum sind also
ausgeklammert. Nicht aber vermeintlich harmlose Aufnahmen tobender
Jungs im Garten - sofern sie denn am Ende zum Verkauf stehen. Zoomt
die Kamera noch dazu auffallend nah an die Genitalien der Kinder
heran, gelten solche Videos als Kinderpornografie und sind verboten.
Auch das wird nun noch etwas klarer gemacht im Gesetz.
Aber wie ist es mit den weniger eindeutigen Fällen? Was ist, wenn sich ein 16-Jähriger nackt für ein Jugendmagazin fotografieren lässt? Was ist mit einer 17-Jährigen, die für einen Unterwäsche-Katalog modelt? Nun ja, sagt der CSU-Rechtspolitiker Alexander Hoffmann, eine 17-Jährige habe in einem Dessous-Katalog seiner Meinung nach ohnehin nichts zu suchen. Aber wenn es denn sein müsse, könnten ihre Eltern das Ok für die Fotos geben, und die Sache wäre rechtlich einwandfrei. Die Grünen-Rechtsexpertin Katja Keul sieht das anders und meint, der Fotograf mache sich in solchen Fällen künftig strafbar. Die Rechtsauffassungen gehen weit auseinander.
Grüne: Gesetzesänderung schieße weit übers Ziel hinaus
Auch an anderer Stelle schieße die Gesetzesänderung weit übers Ziel hinaus, meinen Grüne, aber auch Linke. So wird verboten, Bilder weiterzugeben oder anderen zu zeigen, die "geeignet" sind, dem Ansehen des Betroffenen erheblich zu schaden. Oppositionspolitiker schütteln darüber den Kopf. Schon wer ein peinliches Foto von einem betrunkenen Partygast macht und es am nächsten Tag Freunden zeigt, könne so in Schwierigkeiten geraten, beklagen sie. In solchen Fällen könne nun jeder gleich Anzeige erstatten, sagt der Linke-Politiker Jörn Wunderlich. "Alles kann zur Strafbarkeit führen."
Das Gesetz sei in Teilen einfach miserabel gemacht, kritisiert Keul. "Das ist alles in letzter Minute gestrickt worden." Hätte es ein ordentliches parlamentarisches Verfahren gegeben, wären solche Fehler nicht passiert, meint sie. Auch andere Fachleute sind unzufrieden mit dem Ergebnis. Nun wird sich in der Rechtsprechung der Gerichte zeigen, wie praktikabel die neuen Regelungen sind.
Und bei der Kinderpornografie bleibt ein anderes Problem: Die Polizei in Bund und Ländern klagt seit langem, dass sie nicht genug Leute habe, um mit der Masse an solchen Verfahren überhaupt fertig zu werden. Bestes Beispiel ist der Fall Edathy: Da brauchte das Bundeskriminalamt (BKA) zwei Jahre, bis es in den Kundendateien des kanadischen Anbieters auf Edathys Namen stieß. Laut BKA waren die Mitarbeiter mit anderen Verfahren schlicht überlastet. Ermittler meinen, wer wirklich etwas gegen Missbrauch und Kinderpornografie tun wolle, müsse vor allem das Personal bei der Polizei aufstocken.