Themenspezial: Verbraucher & Service Suchmaschinen-Treffer

Google & Co.: BGH urteilt zum "Recht auf Vergessenwerden" (Update)

Im Internet findet man immer wieder alte Geschichten - ganz gleich, ob sie stimmen. Für Betrof­fene kann das sehr unan­genehm werden. Höchst­rich­ter­lich ist nun entschieden worden, unter welchen Bedin­gungen Such­maschinen-Betreiber zum Löschen der Treffer verpflichtet sind.
Von dpa /

Es geht um das soge­nannte Recht auf Verges­sen­werden im Internet: Der Bundes­gerichtshof (BGH) will heute (12 Uhr) verkünden (Update s. unten), wann Betrof­fene ein Recht darauf haben, dass Google frag­wür­dige Artikel über sie aus seinen Tref­fer­listen entfernt. Die Karls­ruher Richter dürften sich an einem Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH) orien­tieren, wonach der Such­maschinen-Betreiber nicht verpflichtet ist, aktiv nach kriti­schen Arti­keln zu forschen.

Der Betrof­fene hat demnach selbst nach­zuweisen, dass die Angaben über ihn offen­sicht­lich unrichtig sind. Gelinge ihm das, müsse Google die Links zu den bean­stan­deten Inhalten entfernen. Der sechste Zivil­senat am BGH muss diese Vorgaben nun auf den konkreten Fall anwenden. Wann haben Betroffene ein Recht darauf, dass Google fragwürdige Artikel über sie aus seinen Trefferlisten entfernt? Dazu will der BGH entscheiden Wann haben Betroffene ein Recht darauf, dass Google
fragwürdige Artikel über sie aus seinen Trefferlisten entfernt? Dazu will der BGH entscheiden
Bild: picture alliance/dpa | Uli Deck
Dabei geht es um ein Paar aus der Finanz­dienst­leis­tungs­branche, das sich im Internet in Miss­kredit gebracht sieht. Die Kläger wollen, dass mehrere kriti­sche Artikel über ihr Anla­gemo­dell nicht mehr als Treffer auftau­chen, wenn man bei Google nach ihren Namen sucht.

Google entfernte die Links nicht

Eine US-ameri­kani­sche Inter­net­seite hatte die Texte veröf­fent­licht. Deren Betrei­berin war wiederum Vorwürfen ausge­setzt, sie lanciere gezielt nega­tive Berichte, um die Betrof­fenen damit zu erpressen.

Google entfernte die Links zu den Arti­keln nicht. Zur Begrün­dung hieß es, man könne nicht beur­teilen, ob etwas an den Vorwürfen dran sei.

Das Kölner Ober­lan­des­gericht hatte im Jahr 2018 entschieden, dass Google die bean­stan­deten Texte größ­ten­teils weiter anzeigen darf. Die Kläger hätten eine offen­sicht­liche Rechts­ver­let­zung nicht auf die erfor­der­liche Weise darge­legt. Der Vorsit­zende Richter am BGH, Stephan Seiters, deutete in der münd­lichen Verhand­lung Ende April an, dass dies für den Senat wohl mit den EuGH-Vorgaben in Einklang steht.

Muss Google Nach­for­schungen anstellen?

Dass sich die Luxem­burger Richter mit dem Thema befasst hatten, geht eben­falls auf das Verfahren zurück: Der BGH hatte sich 2020 schon einmal dem Fall gewidmet. Weil es für den Daten­schutz EU-weit einheit­liche Stan­dards gibt, hatte der Senat den EuGH zurate gezogen.

Insbe­son­dere wollten die obersten Zivil­richter Deutsch­lands wissen, ob Google in solchen Fällen in eigener Verant­wor­tung Nach­for­schungen anstellen muss - mit dem Risiko, dass dann womög­lich lieber ein Bericht mehr als einer zu wenig blockiert werden dürfte. Seit Dezember 2022 liegt die Luxem­burger Entschei­dung dazu vor.

Auch "Thumb­nails" sind Thema

In der münd­lichen Verhand­lung im April wurde länger über kleine Vorschau­bilder ("Thumb­nails") disku­tiert, die bei der Google-Suche neben Links in der Tref­fer­liste auftau­chen. Die Kläger wehren sich gegen bestimmte Bilder aus einem Artikel, die sie unter anderem im Cabrio oder bei einem Hubschrauber-Flug zeigen - angeb­lich ein Beleg dafür, dass "Hinter­männer und Initia­toren" in Luxus schwelgen würden.

Hier pochten die Google-Anwälte darauf, dass die Motive nicht gene­rell zu löschen seien, sondern höchs­tens dann, wenn sie mit dem Link zu dem bean­stan­deten Artikel hinter­legt sind. Ein Total­verbot sei nicht rech­tens, weil es Google zur aktiven Filte­rung zwinge.

Update: Falsche Angaben müssen nach­gewiesen werden

Such­maschinen wie Google müssen frag­wür­dige Artikel über Menschen nach einem Urteil des Bundes­gerichts­hofs (BGH) nur dann aus ihren Tref­fer­listen löschen, wenn die Betrof­fenen offen­sicht­lich falsche Angaben hinrei­chend nach­weisen können. Die Betreiber sind nicht verpflichtet, dies­bezüg­lich selbst zu ermit­teln und auf die Betrof­fenen zuzu­gehen. Das entschied heute der sechste Zivil­senat am BGH. Die Karls­ruher Richter orien­tierten sich dabei an einem Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs (EuGH).

Im konkreten Fall ging es um ein Paar aus der Finanz­dienst­leis­tungs­branche. Die Kläger wollten, dass mehrere kriti­sche Artikel über ihr Anla­gemo­dell nicht mehr als Treffer auftau­chen, wenn man bei Google nach ihren Namen sucht. Der BGH gab ihnen aller­dings nur in dem Punkt Recht, dass keine Fotos mit ihnen ohne jegli­chen Kontext in den Tref­fer­listen ange­zeigt werden dürfen - soge­nannte Vorschau­bilder. (Az. VI ZR 476/18) Update Ende

In einer weiteren Meldung geht es um: Urteil: Handy-Tarife dürfen auch im Router genutzt werden.

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