Urheberrecht

Raubkopien: Netzsperre ist nur letztes Mittel

Netz­sperren sind bei Piraten-Webseiten ein scharfes Schwert - doch es kann nicht ohne Weiteres gezückt werden. Was bei Urhe­ber­rechts­ver­let­zungen zunächst zu tun ist, hat der BGH nun konkre­tisiert.
Von dpa /

BGH-Urteil zu Netzsperren BGH-Urteil zu Netzsperren
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Gegen Piraten-Webseiten kann man notfalls mit einer Netz­sperre vorgehen - doch davor müssen Rech­teinhaber alle anderen mögli­chen Wege ausge­schöpft haben. Dies bekräf­tigte der Bundes­gerichtshof (BGH) heute und konkre­tisierte zugleich die Voraus­set­zungen für Netz­sperren bei Urhe­ber­rechts­ver­let­zungen. Was zumutbar ist, sei eine Frage des Einzel­falls. Der Versuch, die Rechte gericht­lich durch­zusetzen, dürfe nicht unver­tretbar lang sein. Bei einem in der EU ansäs­sigen Betreiber sei ein Verfahren des einst­wei­ligen Rechts­schutzes aber grund­sätz­lich zumutbar.

Damit waren Wissen­schafts­ver­lage mit ihrer Revi­sion in einem Verfahren gegen die Telekom (Az. I ZR 111/21) erfolglos. Die Verlage aus Deutsch­land, den USA und Groß­bri­tan­nien hatten eine Sperre von Inter­net­seiten der Dienste "LibGen" und "Sci-Hub" verlangt, weil dort Artikel und Bücher ohne Zustim­mung der Rech­teinhaber veröf­fent­licht wurden. Das Ober­lan­des­gericht (OLG) München hatte die Klage abge­wiesen: Die Verlage hätten sich zunächst an den in Schweden ansäs­sigen Host-Provider der beiden Inter­net­dienste wenden müssen. Host-Provider sind Anbieter, die Server für die Inhalte anderer Nutzer bereit­stellen.

Access-Provider haftet nur subsi­diär

BGH-Urteil zu Netzsperren BGH-Urteil zu Netzsperren
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Der BGH monierte zwar, dass das OLG offen gelassen habe, ob die Kläge­rinnen in Schweden ihren Anspruch gegen den dort ansäs­sigen Host-Provider über einen einst­wei­ligen Rechts­schutz hätten geltend machen können. Sie hätten aber zumin­dest vor einem deut­schen Gericht versu­chen müssen, im Wege einer einst­wei­ligen Verfü­gung einen Auskunfts­anspruch gegen den schwe­dischen Host-Provider geltend zu machen. Ein Access-Provider, der ledig­lich allge­mein den Zugang zum Internet vermittle, hafte nur subsi­diär.

Nach dem Tele­medi­enge­setz kann eine Sper­rung verlangt werden, wenn das Recht am geis­tigen Eigentum verletzt wurde. Die Sper­rung muss aber verhält­nis­mäßig sein. "Eine Sper­rung ist das letzte Mittel", betonte der Vorsit­zende BGH-Richter Thomas Koch bei der Urteils­ver­kün­dung. Netz­sperren sind umstritten: Zum einen können auch Ange­bote blockiert werden, die legal im Netz stehen, zum anderen sind Sperren beim Domain Name System (DNS) leicht zu umgehen.

Der BGH blieb damit auf der Linie seiner bishe­rigen Rechts­spre­chung: Er hatte 2015 entschieden, dass die Telekom und andere Internet-Provider prin­zipiell zur Sper­rung von ille­galen Webseiten verpflichtet werden können - aber nur dann, wenn die Rech­teinhaber alles unter­nommen haben, um gegen die Raub­kopierer vorzu­gehen.

Dass dies sehr schwierig sein kann, hatte bei der münd­lichen Verhand­lung im Juni der Anwalt der Verlage erläu­tert. "Die Verletzer sind nicht greifbar." Sie würden sich auch bei einer mit beträcht­lichen Kosten verbun­denen Ausschöp­fung der Rechts­wege und nach vielen über­flüs­sigen Korre­spon­denzen allen Maßnahmen der Voll­stre­ckung entziehen. Der Telekom-Anwalt hatte dagegen darauf verwiesen, dass mit DNS-Sperren die Verbrei­tung von Inhalten nicht unter­bunden werden könne. Auch habe der Inter­net­zugangs­anbieter keinen Einblick in die Inhalte der Webseiten.

Die Blockade von Strea­ming-Inhalten bei Verwen­dung einer auslän­dischen IP-Adresse bleibt auch inner­halb der EU ein Ärgernis. Und genau dieses Geoblo­cking kann über Star­link passieren. Wir haben bei RTL nach­gefragt.

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