Hass im Internet: Weitere Details zum geplanten Gesetz
Wir hatten über die Pläne der Bundesregierung berichtet, ein Gesetz gegen digitale Gewalt als Hebel gegen Pöbler und Verleumder vorzubereiten. Inzwischen gibt es weitere Details.
Bessere Rechte für Betroffene?
Betroffene von rechtsverletzenden Äußerungen im digitalen Raum sollen sich künftig leichter zur Wehr setzen können. Zu einem entsprechenden Gesetz, das die Bundesregierung noch in diesem Jahr auf den Weg bringen will, hat das Justizministerium ein Eckpunkte-Papier vorgelegt.
Hass im Netz könnte durch eine KI ermittelt werden, mit dem Risiko grober Fehler.
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Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) betonte, bei diesem Vorhaben gehe es nicht darum, die Meinungsfreiheit einzuschränken. „An den Spielregeln des demokratischen Diskurses wird das Gesetz nichts ändern. Was heute geäußert werden darf, darf auch künftig geäußert werden.“
Weniger Aufwand?
Verringert werden solle aber der Aufwand für diejenigen, die im Internet bedroht, verleumdet oder beleidigt würden. „Betroffene haben es oft unnötig schwer, ihre Rechte selbst durchzusetzen“, sagte Buschmann. Oft scheitere schon eine Identifizierung der handelnden Person an fehlenden Informationen oder am Faktor Zeit.
Projekt des Koalitionsvertrages
Zu dem geplanten „Gesetz gegen digitale Gewalt“ gibt es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP bereits eine relativ detaillierte Vereinbarung. Dort heißt es unter anderem: „Wir schaffen die rechtlichen Rahmenbedingungen für elektronische Verfahren zur Anzeigenerstattung und für private Verfahren und ermöglichen richterlich angeordnete Accountsperren.“
Die Hürden sollen allerdings relativ hoch sein für die vorübergehende Sperrung eines Accounts, über den beispielsweise notorisch falsche Angaben zu einem Unternehmen oder beleidigende Äußerungen über eine bestimmte Nutzerin gepostet werden. Unter anderem soll die Sperre nur angeordnet werden können, „wenn der Diensteanbieter den betroffenen Accountinhaber zuvor auf ein anhängiges Sperrersuchen hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat“.
Das geplante Gesetz soll zudem klarstellen, dass nicht nur Betreiber von Plattformen, sondern in einem zweistufigen Verfahren auch alle Anbieter von Messenger- und Internetzugangsdiensten unter bestimmten Voraussetzungen zur Herausgabe von Daten durch ein Gericht verpflichtet werden können.
Bisherige Gesetze schwer umsetzbar
Schon bei der Umsetzung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG), das eine zügige Löschung rechtswidriger Inhalte verlangt, läuft manches nicht rund. Das Bundesamt für Justiz hatte im vergangenen Herbst zwei Bußgelder in Höhe von rund 5,1 Millionen Euro gegen den Messenger-Dienst "Telegram" verhängt. Dabei geht es um mögliche Verstöße gegen die Pflicht zur Vorhaltung gesetzeskonformer Meldewege sowie gegen die Pflicht zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten nach dem NetzDG. Unzufrieden zeigte sich das Bundesamt kürzlich auch mit dem Beschwerdemanagement des Kurznachrichtendienstes Twitter.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Eigentlich ist es tieftraurig, dass solche Gesetze überhaupt notwendig sind. Es fehlt ein unausgesprochener gesellschaftlicher Grundkonsens, was geht und was nicht geht. Der ist weltweit abhanden gekommen. Es ist ein Irrglaube, im Internet könne Mann/Frau "anonym" alles tun, was gerade so einfällt - und das völlig ohne Konsequenzen.
Eigentlich ist doch klar: Wenn jemand im Netz dazu auffordert, andere Menschen zu töten oder ihnen Gewalt anzutun, ist eine Grenze überschritten.
Auch klar: Wenn es eine(r) wirklich drauf anlegt, wird das durch permanentes Neuanlegen von Accounts oder dem Posten aus vermeintlich "sicheren" Netzen zum Hase-Igel-Spiel. Es kann am Ende eher dazu führen, dass eine anonyme Nutzung des Internets weiter eingeschränkt wird.
Regelmäßig beschäftigt sich teltarif.de mit rechtlichen Themen.