Koalition: Weiter Netzsperren bei Urheberrechtsverletzungen
Wie können verbotene Inhalt im Internet ohne Nebenwirkung gesperrt werden? DNS-Sperren lassen sich austricksen.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Die Bundesregierung hält weiterhin am umstrittenen Instrument der Netzsperren fest, um Urheberrechtsverletzungen im Internet zu erschweren. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag (Drucksache 19/30050) hervor, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Der Bundesgerichtshof hatte schon 2015 geurteilt, dass Internetprovider prinzipiell zur Sperrung von Webseiten verpflichtet werden können.
Hohe Hürden für Sperrpflicht
Wie können verbotene Inhalt im Internet ohne Nebenwirkung gesperrt werden? DNS-Sperren lassen sich austricksen.
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Diese Sperrpflicht wurde allerdings sehr eng gefasst und an hohe Hürden für Kläger geknüpft. Außerdem verbietet die Netzneutralitätsverordnung der EU, dass Provider willkürlich Angebote sperren.
Im März wurde mit dem "Segen" der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes eine private Clearingstelle CUII eingerichtet, über die Urheber illegale Netzangebote sperren lassen können.
Dort sind die großen Provider an Bord: Deutsche Telekom, Telefónica, Vodafone, 1&1 und Mobilcom-Debitel (Freenet AG). Dazu kommen Urheberrechtsverbände wie die Motion Picture Association MPA, der Bundesverband Musikindustrie, aber auch die Deutsche Fußball Liga (DFL). Eine Beteiligung der Zivilgesellschaft war nicht vorgesehen.
Netzsperren bleiben umstritten
Netzsperren, wie sie nun in der Clearingstelle verhängt werden können, sind vor allem aus zwei Gründen umstritten. Zum einen besteht die Gefahr, dass bei den technischen Sperrmaßnahmen auch Angebote blockiert werden, die völlig legal im Netz stehen. Zum anderen sind die Manipulationen an dem Domain Name System (DNS) leicht zu überlisten.
Die Bundesregierung erklärte nun auf Anfrage der Grünen, DNS-Sperren könnten zu einer Eindämmung des Zugangs zu strukturell Urheberrecht verletzenden Webseiten (SUW) führen. Den Rechteinhabern könne damit das Vorgehen gegen die illegalen Angebote, die meist aus nicht-europäischen Ländern betrieben würden, erleichtert werden. "Selbst wenn DNS-Sperren sich technisch umgehen lassen, schaffen DNS-Sperren eine Hürde zum Zugang zu SUW und sensibilisieren Nutzer im Hinblick auf Verletzungen von Urheberrechten von Rechteinhaberinnen und -inhabern", heißt es in der Antwort.
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz entgegnete, die Bundesregierung habe die Chance vertan, sich gegen das "höchstproblematische Instrument der Netzsperren" auszusprechen. "Das ist schlecht, denn die Sperren haben erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Informationsfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer."
Netzsperren sind ineffektiv
Seit Jahren wiesen Experten auf die Ineffektivität aufgrund der einfachen Umgehungsmöglichkeit und die hohe Fehler- und Missbrauchsanfälligkeit hin. "Das scheint die GroKo alles nicht zu stören." Tabea Rößner, Fraktions-Sprecherin für Netzpolitik, betonte, für die Grünen gelte nach wie vor das Grundprinzip "löschen statt sperren". "Der Einsatz von grundrechtssensiblen Instrumenten wie Netzsperren kann nur Ultima Ratio sein und muss grundsätzlich an hohe Voraussetzungen geknüpft werden, die vom demokratisch-legitimierten Gesetzgeber selbst festzulegen sind."
Mit dem Thema Netzsperren durch die CUII hatten wir uns vor längerem schon beschäftigt.