BNetzA: Kritische Prüfung der Handynetz-Versorgung
Wie schon berichtet, haben die Mobilfunknetzbetreiber "Telefónica Germany GmbH & Co. oHG", Telekom Deutschland GmbH", "Vodafone GmbH" und "1&1 Mobilfunk GmbH" ihre Berichte zur Erfüllung der Versorgungsauflagen aus der Versteigerung 2019 vorgelegt. „Wir prüfen die Berichte sehr genau und werden auch vor Ort Messungen vornehmen, ob die gemeldete Versorgung tatsächlich vorhanden ist. Wenn die Auflagen nicht erfüllt sind, werden wir alle verfügbaren Sanktionen ergreifen“, betont Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur in einer heute veröffentlichten Erklärung.
In den letzten Monaten hatten die Netzbetreiber "erkennbare Anstrengungen unternommen", um die Auflagen zu erfüllen und es wurden erhebliche Verbesserungen bei der Versorgung mit mobilem Breitband gemeldet. Zum Teil wurden temporäre mobile Standorte errichtet, die künftig durch fest aufgebaute Mobilfunkmasten ersetzt werden sollen. Es bleiben aber vereinzelt auch noch Lücken, stellt die Netzagentur fest.
Angaben der Unternehmen
Klaus Müller, aktueller Chef der Bundesnetzagentur will sich die Ausbauberichte der 4 Anbieter genauer ansehen.
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Wie berichtet, haben alle drei Mobilfunknetzbetreiber "nach eigenen Angaben" die geforderte Versorgung von 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 MBit/s je Bundesland erreicht. Auch die Verkehrswege im Sinne der Auflage seien nahezu vollständig mit 100 MBit/s versorgt. Die auferlegte Verpflichtung zur Inbetriebnahme von jeweils 1.000 5G-Basisstationen sei überwiegend erreicht worden.
Es gibt noch Lücken
Allerdings fehlen auch noch vereinzelte Standorte, beispielsweise an Verkehrswegen und insbesondere Bahn- oder Straßen-Tunnel. Nach Ansicht der Mobilfunknetzbetreiber konnten diese Standorte nicht fristgerecht fertig gestellt werden, weil Genehmigungen fehlten, die Mitwirkung Dritter erforderlich war, die Akzeptanz in der Bevölkerung für Mobilfunkstandorte fehlte oder auch Naturschutzaspekte gegen einen Ausbau sprechen.
Problemfall 1&1
Nach eigenen Angaben hat der Neueinsteiger 1&1 im Dezember 2022 ein 5G-Mobilfunknetz für die öffentliche Endkundennutzung in Betrieb genommen, allerdings wurde die Versorgungsauflage zu Inbetriebnahme von 1000 5G-Basisstationen nicht fristgerecht erreicht. Auch hierfür wurden Verzögerungsgründe vorgetragen. 1&1 habe zugesagt, das Ziel in diesem Jahr zu erreichen.
Überprüfung durch die Bundesnetzagentur
Die Bundesnetzagentur überprüft derzeit die Angaben der Mobilfunknetzbetreiber und wird sich speziell die vorgetragenen Verzögerungsgründe anschauen. Dabei sollen auch stichprobenartige Messungen durch den Prüf- und Messdienst der Bundesnetzagentur vor Ort erfolgen.
Das hat 2022 bereits stattgefunden. Da schaute sich der Prüf- und Messdienst die Mobilfunkversorgung der Netzbetreiber bereits stichprobenartig auf einer Fläche von rund 15.000 km² und einer Messfahrstrecke von rund 50.000 km genauer an. Entlang der Bundesautobahn A7 wurde außerdem die Mobilfunkversorgung in beiden Richtungen mit einer Gesamtfahrstrecke von rund 2.000 km messtechnisch erfasst.
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung will die Bundesnetzagentur über die Erfüllung der Versorgungsauflage entscheiden und prüfen, welche Maßnahmen sie ergreifen wird, damit die Versorgungsziele wirklich erreicht werden. Diese Prüfungen sollen im März 2023 abgeschlossen werden.
Zum Hintergrund: Die Versorgungsauflagen
2019 wurden Frequenzen versteigert. In ihrer Funkgenehmigung ("Zuteilung") hatte die Bundesnetzagentur dazu Auflagen gemacht, dass die Mobilfunknetzbetreiber bis Ende letzten Jahres 98 Prozent der Haushalte bundesweit, alle Bundesautobahnen, die wichtigsten Bundesstraßen sowie die wichtigsten Schienenwege mit einer Mindestdatenrate von 100 MBit/s pro Antennensektor zu versorgen haben. Für alle Bundesautobahnen und Bundesstraßen wird zudem eine Latenz von 10 Millisekunden vorgeschrieben. Zusätzlich sind je Betreiber 1.000 Basisstationen für 5G und 500 Basisstationen in „weißen Flecken“ bis Ende 2022 zu errichten. Für den Newcomer 1&1 gelten gesonderte Versorgungsauflagen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Liest man sich die Versorgungsauflagen nochmal in Ruhe durch und vergleicht das mit dem eigenen Alltagserlebnis, kommen einem gewisse Zweifel, ob die Jubelmeldungen mit der Wirklichkeit immer zusammenpassen. Eins ist klar: Der Neuling 1&1 hat mit nur drei (!) aktiven Stationen sein Ziel von eintausend Stationen nicht erreicht und gelobt feierlich Besserung.
Keine Frage: Alle Netzbetreiber haben den Ernst der Lage begriffen. Es wurde (bei den etablierten Drei) viel gebaut und sie bauen weiter, aber der Teufel steckt im Detail: Bedenken vor Ort, langatmige Genehmigungen und möglicherweise auch Lieferprobleme bei Bauteilen. Nur: Der Druck der Politik und der Bundesnetzagentur sollte nicht nachlassen. Es muss noch viel ausgebaut werden und das kann nur gemeinsam gelingen. Und die Politik sollte ihre Hoffnungen auf lukrative Frequenz-Auktionen schnell beerdigen, weil sie sonst die Gans, die goldene Eier legen soll, schlachten würde.
Die Aufgaben der Bundesnetzagentur erklären wir in einem eigenen Artikel.