Netflix testet kostenpflichtige Option für geteilte Accounts
Wem das TV-Programm von ARD, ZDF oder den Privaten zu "langweilig" ist, bucht sich gerne einen Streaming-Dienst. Bisher konnte man davon ausgehen, dass ein Abo bei Netflix oder Amazon Prime mehr als ausreichend sein müsste, denn "wann soll ich mir das alles anschauen?"
Netflix punktete mit aufwendigen Eigenproduktionen, hatte aber auch attraktive Filme und Produktionen großer Filmstudios im Programm. Seit einiger Zeit ist jedoch der Trend zu beobachten, dass jedes Filmstudio seinen eigenen Streaming-Dienst aufmacht und im Gegenzug die Rechte von Anbietern wie Netflix oder Amazon zurückholt bzw. nicht verlängert. Der interessierte Film-Freund müsste also bei zig verschiedenen Anbietern jeweils ein Abo buchen. Das geht mit der Zeit gewaltig ins Geld.
Steigende Preise und immer mehr Portale haben bei Netflix Spuren hinterlassen. Viele haben ihr Konto entweder gekündigt oder "teilen" es mit Freunden und Bekannten, um die Kosten im Griff zu behalten.
Netflix testet Option für Mehrfachnutzung
Netflix testet Account-Sharing-Option
Bild: Netflix
Netflix hatte seine Kunden daraufhin angesprochen, passiert war aber bislang nichts.
Wie das Magazin Rest of World berichtet, "probiert" Netflix offenbar in Peru in Südamerika aus, ob man dieses Sharing-Verbot durchsetzen bzw. eine Extra-Gebühr dafür erheben kann, damit die Nutzer ihre Zugänge "legal" sharen können. Es ist anzunehmen, dass bei "Erfolg" diese Lösung auch über die USA und Europa oder Asien "ausgerollt" wird.
Option für Haushaltsmitglieder an anderen Standorten
Dazu hatte das Magazin Kontakt zu einigen Netflix-Abonnenten aus Peru aufgenommen und diese zu der neuen Zusatzgebühr für erlaubtes Konten-Sharing befragt. Die meisten Befragten kannten das offenbar noch nicht, Netflix habe sie nicht darauf aufmerksam gemacht. Peru ist ein Land, dessen verfügbares Einkommen im Gegensatz zu den USA oder Europa deutlich niedriger ist, ergo werden solche Konten meistens mit anderen geteilt.
Offiziell heißt es, dass ein Netflix-Abo "mit Personen außerhalb des eigenen Haushalts" nicht geteilt werden darf. Mitte März 2022 kündigte Netflix an, in Peru eine monatliche Extra-Gebühr zu erheben, welche das Konten-Sharing erlaubt.
Aufpreis ca. 2 Euro
Diese Extra-Gebühr soll umgerechnet etwa 2 Euro pro Monat betragen, das Basis-Abo von Netflix kostet in Peru sonst etwas über 6 Euro. Für die 2 Euro Aufpreis können "Unterkonten für bis zu zwei Personen außerhalb des eigenen Haushalts" eingerichtet werden. Vergleicht man das mit hiesigen Preisen, würde diese Option in Deutschland vermutlich etwa 4 bis 5 Euro im Monat zusätzlich kosten.
Wie "Rest of World" weiter herausfand, ist diese Option den meisten Nutzern in Peru noch unbekannt oder sie wird schlicht ignoriert. Selbst wo eine Mitteilung zu dem Thema eingegangen sei, hätten die Betroffenen einfach wie bisher weiter gemacht, also ohne diese Option zu buchen. Passiert sei bis dahin nichts, die Konten seien wie gewohnt nutzbar.
Schrittweise Einführung - Kunden wechseln Anbieter
Netflix teilte dem Magazin auf Nachfrage mit, dass "noch nicht alle Kunden darüber informiert" wurden. Die neue Option solle "schrittweise eingeführt" werden. Kunden, die von der Zusatzgebühr betroffen sind, wechselten zu anderen Anbietern wie Amazon Prime Video, HBO Max oder zu Disney. Diese Anbieter würden gegen "gesharte" Abos derzeit nichts unternehmen.
Kurioserweise soll sogar eine Netflix-Hotlinerin gegenüber dem Magazin zugegeben haben, privat das Abo mit ihren Freunden zu teilen. Von einer Zusatzgebühr habe sie offiziell noch nicht gehört, auch Netflix-intern seien die Informationen zu der neuen Option eher unklar, eine offizielle Sprachregelung gebe es nicht. Wer explizit seine "Haushaltsmitglieder am anderen Standort" anmelden möchte, soll von Netflix dafür einen speziellen Freischaltcode bekommen.
Das Magazin berichtet weiter, dass sich Verbraucherschützer aus Chile, Costa Rica und Peru mit Netflix getroffen hatten, um über das Verfahren zu diskutieren. Die peruanische Aufsichtsbehörde Behörde forderte Netflix auf, die neuen Richtlinien klar und eindeutig zu kommunizieren.
100 Millionen Nutzer zahlen nichts?
Nach Angaben von Netflix sollen weltweit 100 Millionen Haushalte Netflix nutzen, ohne dafür explizit an Netflix zu bezahlen. Insgesamt habe Netflix weltweit etwa 221,6 Millionen zahlende Abonnenten, die Kundenzahlen sinken aber derzeit.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Es gibt den uralten Spruch vom "Krug, der zum Brunnen geht, bis er bricht". Die Rechtebranche ist bei Nutzern ohnehin unbeliebt, weil sie viel Geld mit Dingen verdienen, die dem Endverbraucher absolut "fremd bleiben". Was ist so ein Abo "wert"? Klar, die Produktion von Filmen und Videos kosten unter Umständen viel Geld und das soll auch wieder eingespielt werden.
Der ungebrochene Erfolg illegaler Streaming-Portale rührt einfach daher, dass es legal fast keine bezahlbaren Möglichkeiten mehr gibt, sich mit all den Filmen, die einen interessieren könnten, zu versorgen. Ein Abo hier und noch eins da und dort kann hierzulande monatlich schnell 100 Euro und mehr erreichen. Das ist selbst in besser verdienenden Ländern auf die Dauer unbezahlbar.
Wer sich für Sport interessiert, kennt diese Probleme: Hier nur diese Fußball-Liga, dort nur eine andere Liga, da Eishockey, dort Autorennen, nicht jeder Fan kann oder will diesen Unfug von mehrfachen Abos für alle Events mitmachen.
Die Großen könnten Flatrate durchsetzen
Wer erinnert sich noch an das anfangs illegale Musik-Portal "Napster" oder an "Audio-Galaxy" und ähnliche Dienste? Apple Music oder Spotify waren die ersten Global Player, welche der Musikindustrie seinerzeit die Flatrates schmackhaft machen konnten. Bei Filmen, Videos oder Sport braucht es vielleicht wieder einen Mega-Konzern wie Apple oder Google, um das zu ermöglichen.
Das Ziel sollte ein Anbieter sein, der legal ohne Aufpreis pro Einzelfilm oder -Event alle verfügbaren Inhalt liefern kann, wenn der Kunde sie schauen oder hören möchte.
In einer weiteren Meldung gehts es um: Netflix will künftig auch Live-Streaming anbieten.