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Birkach: Warum ein o2-Sendemast vier Jahre brauchte

Beim Orts­termin in Birkach gab es viele inter­essante Details zu erfahren. Ausgiebig wurde gemessen und disku­tiert, warum z.B. das iPhone 5G auf 700 MHz nicht mag.
Aus Schwabmünchen-Birkach berichtet

Ein 30 km² großes Funk­loch in Birkach im Land­kreis Augs­burg zu stopfen, stand bei Telefónica (o2) schon länger auf der Agenda. Bereits 2018 wurden die ersten Vor-Anfragen gestellt. Doch je konkreter die Sache wurde, desto größer waren vor Ort die Bedenken. Ein Sender so nahe am Ort? Nein, lieber nicht.

2018 erster Antrag gestellt

Das Luftbild mit möglichen Standorten. Ursprünglich hätte der Mast etwas weiter rechts gebaut werden sollen. Das Luftbild mit möglichen Standorten. Ursprünglich hätte der Mast etwas weiter rechts gebaut werden sollen.
Luftbild: Telefónica / Foto: Henning Gajek / teltarif.de
o2 beschäf­tigt sich stän­dige mit dem Aus- und Umbau seines Netzes. Aktuell laufen 1.300 Projekte - alleine in Bayern, 50 Experten sind bei Telefónica (o2) dafür im Einsatz. Eine wich­tige Aufgabe: Die Kommu­nika­tion mit Schnitt­stellen zu Politik, Verwal­tung und Öffent­lich­keit. 2018 also wurde der Such­antrag gestellt und schmorte dann neun Monate in den "Gremien". Auf dem Bild wird klar, welche Ausleuchtung der neue Sendemast (rechtes Bild) bringt, vorher war ein großes Funkloch (links) Auf dem Bild wird klar, welche Ausleuchtung der neue Sendemast (rechtes Bild) bringt, vorher war ein großes Funkloch (links)
Grafik: Telefónica / Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Schließ­lich gab es am 2. November 2018 einen offi­ziellen Prüf­auf­trag: Die Station sollte am "Reiter­stadl" in Birkach, einem Vorort von Schwab­mün­chen, in Rich­tung Wald gestellt werden. An der Wald­kante des Berges wäre dieser Standort in der Lage gewesen, noch besser zu versorgen, so die Über­legung der Planer.

2019 befasste sich der Stadtrat von Schwab­mün­chen mit der Geschichte. Eine Bürger­initia­tive formierte sich und forderte vehe­ment die Verschie­bung um 300 Meter in den Wald hinein. Dabei unter­schrieben auch Mitmen­schen, die gar nicht in dem Orts­teil leben. Man fand schließ­lich einen Kompro­miss, weiter oben auf dem Berg im Wald. Unschöner Neben­effekt: Durch die Verle­gung des Stand­ortes wurde die Strom­ver­sor­gung deut­lich teurer als vorher geplant.

Schließ­lich wurde am 22. August 2019 ein Bauan­trag gestellt. Das Bauamt prüfte und sagte schließ­lich: "Nein, das ist ein Schutz­wald, das geht da nicht". Also alles umsonst? Oben sind 3 Sektoren und die Richtfunk-Antenne ("Suppenschüssel") zu erkennen. Die luftige Konstruktion passt gut in die Umgebung. Oben sind 3 Sektoren und die Richtfunk-Antenne ("Suppenschüssel") zu erkennen. Die luftige Konstruktion passt gut in die Umgebung.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
So gab es im Februar 2020 einen Orts­termin mitten im Wald. Und siehe da: Der Flächen­ver­brauch für den Mast sei doch nicht so schlimm, das könnte man machen. Und so traf im September 2020 die Bauge­neh­migung ein. Die Pläne für den Mastbau waren fertig, es hätte also gebaut werden können.

Antennen veraltet

Kurz vor dem Aufbau stellte sich heraus, dass die geplanten Antennen bereits "tech­nisch veraltet" waren. Neue Antennen waren kein Problem, haben aber einige geän­derte Funk­para­meter, da musste erst die Bundes­netz­agentur infor­miert werden. Auch dieses Problem konnte schluss­end­lich gelöst werden: In den ersten September Tagen des Jahres 2022 ging die Anlage in den Wirk­betrieb.

Die verbaute Technik

Ein Antennenmast aus dem Baukasten. Das senkt Kosten und könnte Genehmigungen vereinfachen. Ein Antennenmast aus dem Baukasten. Das senkt Kosten und könnte Genehmigungen vereinfachen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Wie schon berichtet, sendet o2 von diesem Mast auf 700 MHz mit NR (5G), auf 800 MHz mit LTE und auf 900 MHz mit GSM. Die verbauten Antennen können später aber auch für andere Funk­technik auf diesen Frequenzen genutzt werden. Die Sende­technik kommt vom Hard­ware-Liefe­ranten Huawei und folgt noch dem Single-RAN-Konzept. Dass bedeutet: Signal­auf­berei­tung und Sende­end­stufen sind "aus einem Guß". Die Open-RAN-Technik probiert o2 im nahe­gele­genen Lands­berg/Lech bereits aus. Da sind noch einige Tests und Verbes­serungen von Hard- und Soft­ware notwendig, Haus­auf­gaben für die Hersteller, war am Rande des Termins zu erfahren.

Wer kann 5G "richtig" nutzen?

Wer 5G in Birkach oder anderswo im Land "richtig" nutzen will, braucht dazu ein topak­tuelles Gerät, das 700 MHz (NR) mit dem Anker­band auf 800 MHz (LTE) verbinden kann. Diese Geräte sind derzeit noch ziem­lich rar, beispiels­weise das Samsung Galaxy S22 Ultra 5G (nur mit Exynos Chip­satz) kann das. Tech­nisch inter­essierte finden auf www.cacombos.de zu gängigen Modellen die Infor­mation ob "n28_20" kombi­niert werden kann.

iPhones mit/ohne 5G?

Am Eröff­nungstag lag die iPhone-Dichte direkt vor dem Sender bei gefühlt 90 Prozent. Poli­tiker und Minis­teri­albe­amte, wie auch der o2-Chef setzen auf das iPhone. Nur kommt das bekannt­lich mit der 700er-5G-Band­kom­bina­tion nicht klar und sehr zur Enttäu­schung vieler tech­nisch inter­essierter Anwender kann es auch das neue iPhone 14 (einschließ­lich Pro) nicht. Die Sende-Empfangseinheit: Das Innenleben kommt von Huawei und sendet auf 700, 800 und 900 MHz in Single-RAN-Technologie. Die Sende-Empfangseinheit: Das Innenleben kommt von Huawei und sendet auf 700, 800 und 900 MHz in Single-RAN-Technologie.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Das iPhone 12, berichten Anwender am Rande des Termins, komme mit 5G besser klar, als das iPhone 13. Das iPhone 13 zeigte dort oben "5G" an, weil es ja "in der Luft" vorhanden, aber mit dem iPhone nicht nutzbar ist. Auch der in jedem iPhone verfüg­bare Netz­monitor stif­tete zusätz­liche Verwir­rung. Er sugge­rierte die Exis­tenz von 3,6 GHz (Band n78), was aber nur auf der Anreise über Lands­berg/Lech kurz zu empfangen war. Man erkennt das spätes­tens an der "LastSeen" Uhrzeit oben im Display. Wer den Netz­monitor des iPhones auspro­bieren möchte, "ruft" einfach die merk­wür­dige "Rufnummer" *3001#12345#* gefolgt von "Abheben" an.

Liegt es an den Antennen?

Technik-Insider wissen auch, warum die iPhones die 700/800-Band­kombi nicht mögen: "Es liegt wohl am Anten­nen­design". Reine Speku­lation ist die Frage, ob Apple darauf vertraut, das alle Netz­betreiber bald 5G-SA für ihre Kunden frei­geben. Die Netz­betreiber (wie Telekom und o2) schre­cken vor einer gene­rellen Frei­gabe noch zurück, aus verständ­lichen Gründen: Soll das gene­rell oder nur auf Kunden­wunsch frei­geschaltet werden? 5G-SA wäre zunächst deut­lich "lang­samer" als aktu­elles 5G-NSA mit Carrier-Aggre­gation. Zwar ist auch eine 5G-5G-Carrier-Aggre­gation denkbar, aber dazu müsste man z.B. noch 1,8 GHz, 2,6 GHz oder 3,6 GHz zur Verfü­gung haben und nur wenige Geräte können das bereits.

Wie schnell ist Birkach?

Wir konnten es nur mit einem iPhone 13 (mini) testen und erzielten via LTE knapp 30 MBit/s im Down­load, bei 25ms Ping. Das ist in vielen Fällen mehr als ausrei­chend.

Und der Wett­bewerb?

Bauherr und Inhaber der Sende­anlage ist die American Towers Corpo­ration (ATC), das ist das Sende­standort-Unter­nehmen für die Telefónica-Gruppe, analog zu Vantage Towers (Voda­fone) und DFMG (Telekom). ATC und Telefónica weisen darauf hin, dass der Mast auch den Netz­betrei­bern Telekom und Voda­fone zur Verfü­gung stehe.

In einem weiteren Artikel werden wir auf die ausführ­liche Rede von Minister Aiwanger eingehen, der der Bundes­netz­agentur nicht traut und lieber Verträge mit Unter­nehmen abschließen, anstatt teure Auktionen veran­stalten will.

Über das Event in Birkach haben wir bereits berichtet.

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