Förderung

Pfirschbach bekommt eigenen Mobilfunk-Sendemast

Die 263-Seelen-Gemeinde Pfirsch­bach (Orts­teil von Höchst/Oden­wald) bekommt einen Mobil­funk-Sende­mast, der von allen drei Anbie­tern genutzt werden kann und soll.
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Die Sommer­zeit nutzen Poli­tiker, um übers Land zu fahren. Im Herbst wird im Bundes­land Hessen der Landtag neu gewählt. Ideale Gele­gen­heit, "Gutes" für die Bürger zu tun oder wenigs­tens anzu­kün­digen.

Land fördert Sende­mast zu 90 Prozent

Die hessi­sche Digi­tal­minis­terin, Prof. Dr. Kris­tina Sinemus (CDU), hat auf ihrer Sommer­reise dem ersten Beigeord­neten Rein­hold Göbel (SPD) der Gemeinde Höchst im Oden­wald eine "Absichts­erklä­rung des Landes Hessen" über­reicht, wonach der Bau eines Sende­mastes aus Landes­mit­teln mit bis zu 90 Prozent der zuwen­dungs­fähigen Ausgaben geför­dert werden soll.

Das Dorf Pfirsch­bach ist ein Orts­teil der Gemeinde Höchst im Oden­wald im südhes­sischen Oden­wald­kreis und hat 263 Einwohner (Stand 2015). Es wurde erst­malig im Jahr 1314 erwähnt. Nun soll in Höchst-Pfirsch­bach ein neuer Mobil­funk­mast gebaut werden.

Dazu hatte sich die Kommune Höchst bereits ein Gelände für den Mastbau gesi­chert, das vorher in Privat­besitz war. „Das zeigt die wich­tige Rolle der Kommunen im Mobil­funk­ausbau. Nur gemeinsam können wir die Mobil­funk­ver­sor­gung in Hessen verbes­sern“, freut sich Prof. Sinemus, und der Beigeord­nete Göbel pflich­tete ihr bei: „Der neue Mobil­funk­mast ist eine deut­liche Verbes­serung der örtli­chen Infra­struktur, gerade auch im Hinblick auf die beab­sich­tigte Errich­tung eines Wald­kin­der­gar­tens in Pfirsch­bach."

Länd­lichen Raum nicht abhängen

Digitalministerin Prof. Dr. Sinemus (2.v.l.) übergibt die Absichtserklärung an Reinhold Göbel (3.v.l.), den 1. Beigeordneten der Gemeinde Höchst im Odenwald, sowie an Sandra Funken (MdL) Digitalministerin Prof. Dr. Sinemus (2.v.l.) übergibt die Absichtserklärung an Reinhold Göbel (3.v.l.), den 1. Beigeordneten der Gemeinde Höchst im Odenwald, sowie an Sandra Funken (MdL)
Foto: Staatskanzlei Hessen
Poli­tisch ist die Linie klar: „Kommunen des länd­lichen Raums dürfen bei Mobil­funk­ver­sor­gung nicht abge­hängt werden. Erklärtes Ziel der Hessi­schen Landes­regie­rung ist es, den länd­lichen Raum zu stärken und zukunfts­fest zu machen. Dazu zählt auch eine ausrei­chende Mobil­funk­ver­sor­gung. Da der Ausbau in diesen Gebieten aber oftmals nicht markt­getrieben erfolgt, hat Hessen ein eigenes Mobil­funk­för­der­pro­gramm aufge­legt. Denn die Kommunen des länd­lichen Raums dürfen nicht abge­hängt werden“, unter­strich die Minis­terin.

Die Hessi­sche Landes­regie­rung hat in etwa 290 Kommunen, also für deut­lich mehr als die Hälfte aller hessi­schen Kommunen, soge­nannte "Markt­erkun­dungs­ver­fahren für weiße Flecken“ durch­geführt. Dabei werden die aktiven Netz­betreiber gefragt, ob sie einen Ort oder eine Fläche ausbauen wollen. Alleine im südhes­sischen Oden­wald­kreis wurden mehrere „weiße Flecken“ mit unzu­rei­chender Mobil­funk­ver­sor­gung gefunden ("iden­tifi­ziert"). Aktuell liefen Abstim­mungen mit den Mobil­funk­netz­betrei­bern sowie den Kommunen zum weiteren Vorgehen, so die Auskunft aus Wies­baden.

Mobil­funk­netz­betreiber sind inter­essiert

Das Luftbild zeigt es deutlich: Pfirschbach liegt in einem engen Tal und wird von anderen Sendern nicht erreicht. Das Luftbild zeigt es deutlich: Pfirschbach liegt in einem engen Tal und wird von anderen Sendern nicht erreicht.
Foto: Staatskanzlei
„Die Deut­sche Telekom enga­giert sich massiv für die Verbes­serung der Mobil­funk­ver­sor­gung in Hessen, beson­ders im Oden­wald. Es ist ein wich­tiges Anliegen, die letzten noch ‚weißen Flächen‘ zu versorgen" erläu­terte Dr. Kris­tina Both, Landes­beauf­tragte Politik von der Deut­schen Telekom, die Stra­tegie ihres Unter­neh­mens und lobte die Förder-Initia­tive des Landes als "wich­tigen Beitrag". Die Telekom hat eine Absichts­erklä­rung zur Mitnut­zung des neuen Stand­orts in Höchster Orts­teil Pfirsch­bach gezeichnet.

"Auch o2-Telefónica wird mit von der Partie sein, um die letzten ‚weißen Flecken‘ zu schließen", betonte Chris­tian Groe­neveld, bei Telefónica für das Bundes­land Hessen zuständig. Für Voda­fones Vertreter Michael Jung­wirth ist „Hessen ist auf der digi­talen Über­hol­spur – weil Politik und Netz­betreiber hier vertrau­ens­voll und effektiv zusam­men­arbeiten." Jung­wirth lobte die "einfa­chen Geneh­migungs­ver­fahren", womit 5G beson­ders schnell ins Land gebracht werden könne. "Mit Hilfe von Förder­pro­jekten bringen wir verläss­liche Netze auch in die Regionen, in denen der Ausbau beson­ders schwierig ist." Jung­wirth ist sich bewusst, dass "Funk­löcher nerven" und „immer seltener werden“ sollten.

Mobil­funk­ausbau in Hessen: aktu­elle Zahlen

„Die Versor­gung hat sich wesent­lich verbes­sert, so können heute 99,8 Prozent der Haus­halte mindes­tens ein LTE-Netz nutzen und mehr als 95 Prozent der Haus­halte empfangen sogar alle drei LTE-Netze gleich­zeitig. Das liegt insbe­son­dere an der gemein­samen und erfolg­rei­chen Zusam­men­arbeit, die uns von allen Anbie­tern beschei­nigt wurde. In Hessen ist zudem bereits prak­tisch ein flächen­deckendes Glas­faser­netz bis in fast jeden Orts­teil entstanden. Hiervon profi­tiert auch der Mobil­funk­ausbau, da darüber Mobil­funk­masten ange­bunden werden können“, so die Auskunft von Sinemus.

Ein Mobil­funk­aus­bau­beschleu­nigungs­gesetz sei bundes­weit einmalig: Bis Ende 2024 sollen in Hessen rund 4000 Mobil­funk­stand­orte neu errichtet oder aufge­rüstet werden, das ist Teil des „Zukunfts­pakt Mobil­funk für Hessen“, den die Landes­regie­rung im Januar 2022 mit den drei Unter­nehmen Deut­sche Telekom, Telefónica Deutsch­land und Voda­fone unter­zeichnet hat. Stand Quartal 2/23 seien mehr als 2700 Maßnahmen und damit weit über die Hälfte umge­setzt worden, 382 Mobil­funk­stand­orte wurden neu in Betrieb genommen und 2338 mal wurde LTE auch mit 5G erwei­tert.

Die Landes­regie­rung betont, dass Hessen im bundes­weiten Vergleich "eines der wald­reichsten Bundes­länder mit heraus­for­dernden topo­gra­phi­schen Voraus­set­zungen" sei. Realis­tisch sei "eine hundert­pro­zen­tige Flächen­deckung mit Mobil­funk nicht möglich", ande­ren­falls müssten in jedem Tal oder jeder Senke ein Mast errichtet werden.

Die aktu­ellen Zahlen des Breit­ban­datlas zeigten, dass im Oden­wald­kreis 98,6 Prozent der Haus­halte und 91,8 Prozent der Fläche mit LTE versorgt seien.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Da der Autor im Oden­wald­kreis lebt, kann er gut einschätzen, was poli­tischer Anspruch und tatsäch­liche Wirk­lich­keit in puncto Breit­band­ver­sor­gung (im Fest­netz und Mobil­funk) ist. Ja: Es hat sich einiges getan, einige nervige Funk­löcher wurden nach jahre­langen Vorbe­rei­tungen und Verhand­lungen gestopft, Sender wurden von 2G auf 4G und 5G aufge­rüstet, aber die ganzen Abläufe gehen einfach (gefühlt) viel zu langsam. Gerade in Flächen­län­dern wie Hessen ist der gewünschte Ausbau nur mit staat­licher Hilfe reali­sierbar. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik auch nach den Wahlen zu ihren Verspre­chungen steht.

Es fällt auf, dass die Telekom in solchen Gebieten am ehesten den Mut aufbringt, auch in scheinbar "unren­table" Regionen zu inves­tieren, was ihr aber lang­fristig eine loyale Kunden­basis sichert. Zufrie­dene Kunden wech­seln den Anbieter eher selten. Die gemein­same Nutzung von Sende­masten gibt aber auch den Konkur­renten ein echte Chance.

Es fällt auf, das Stationen start­klar aufge­baut wurden und dann gefühlt "ewig" nicht in Betrieb gehen. Vor dem Einschalten eines Stand­ortes muss einiges vorbe­reitet werden, z.B. die Nach­bar­schaften auf den Frequenzen müssen geklärt werden. Die Telekom akti­viert ihre Sender im Rahmen von soge­nannten "Netz­defi­nitionen", die nur zu bestimmten, vorher nicht öffent­lich bekannt­gege­benen Terminen erfolgen. Bei den Wett­bewer­bern dürfte es ähnlich sein.

Voda­fone rekla­miert für sich (theo­retisch) 90 Prozent der Bevöl­kerung mit 5G errei­chen zu können.

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