Flächendeckend

Netztests 2017/18: Das blieb bei Chip und connect unberücksichtigt

Bei den vor wenigen Tagen veröffentlichten Netztests blieb unter anderem die Mobilfunkversorgung innerhalb von Gebäuden unberücksichtigt. Aber auch bei den Messungen außerhalb der Ballungszentren gibt es Defizite.
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In den vergangenen Tagen sind gleich zwei renommierte Netztests veröffentlicht worden, deren Ergebnisse recht ähnlich sind. Sowohl bei Chip als auch bei connect ist die Deutsche Telekom Testsieger. Dabei hat das Bonner Telekommunikationsunternehmen nur einen knappen Vorsprung vor Vodafone, während Telefónica - wohl auch aufgrund der noch laufenden Netzintegrationsarbeiten - jeweils auf dem dritten Platz landet.

Bei connect war das Telefónica-Ergebnis schlechter als bei Chip, während die Resultate für Telekom und Vodafone recht ähnlich waren. Doch wie aussagekräftig sind die Netztests wirklich? Beide Redaktionen treiben für die Messungen einen hohen Aufwand, der mit unserem teltarif.de-Netztest, den wir jeweils im Frühjahr durchführen, nicht vergleichbar ist. Allerdings gibt es zwei Nutzungsszenarien, die für viele Kunden von Bedeutung sind, aber bei den Tests keine Rolle spielen.

Telekom mit Defiziten in Gebäuden

Defizite bei den Netztests Defizite bei den Netztests
Grafik: Connect/Kenishirotie - fotolia.com, Montage: teltarif.de
In den Großstädten wurden die Messungen sowohl zu Fuß als auch im Auto vorgenommen, allerdings gibt es keine Hinweise auf Versuche, die innerhalb von Gebäuden durchgeführt wurden. Hätten die Tester auch die Indoor-Versorgung berücksichtigt, so wäre das Ergebnis für das Netz der Deutschen Telekom vermutlich schlechter ausgefallen, denn genau dort schwächelt oft noch die LTE- und UMTS-Abdeckung, sodass Kunden, die im Freien über 4G einen Breitband-Internetanschluss zur Verfügung haben, etwa beim Betreten eines Kaufhauses mit EDGE-Performance vorliebnehmen müssen.

Die Telekom hat ihr LTE-Netz in den Städten zunächst auf 1800 und 2600 MHz ausgebaut. Das sorgt für ein engmaschiges und hochperformantes Netz (zweimal 20 MHz Bandbreite, mit Carrier Aggregation hohe Datenübertragungsraten möglich). Diese Frequenzbereiche eignen sich aber für die Indoor-Versorgung aus physikalischen Gründen nur sehr schlecht, da beispielsweise Mauern oder Fenster für starke Abschirmung sorgen.

Ausbau auf 800 und 900 MHz sorgt für Verbesserung

Erst nach und nach erfolgt nun auch der Ausbau auf 800 und 900 MHz, wo zwar keine so hohen Datenraten (10 MHz Bandbreite auf 800 MHz, nur 5 MHz auf 900 MHz), dafür aber eine bessere Inhouse-Abdeckung möglich ist. Vodafone und Telefónica haben ihre 4G-Netz von Anfang an auch in den Städten auf 800 MHz aufgebaut und haben - ganz unabhängig von der Performance, hinsichtlich der Versorgung innerhalb von Gebäuden Vorteile.

Chip und connect haben auch Karten von den Strecken veröffentlicht, die für die Netztests zurückgelegt wurden. Dabei sprechen beide Redaktionen neben Städten auch von Verbindungsstraßen. Es fällt aber auf, dass die Messungen fast ausschließlich auf Autobahnen und Bundesstraßen, nicht aber beispielsweise auf kleineren Landstraßen und Kreisstraßen durchgeführt wurden.

Touristische Ziele bei Netztests nicht berücksichtigt

Ländliche Regionen, zu denen auch touristische Ziele wie der Schwarzwald, der Bayerische Wald oder der Harz zählen, blieben bei den Netztests gänzlich unberücksichtigt. Das gleiche gilt für Naherholungsziele wie Taunus oder Hunsrück, um nur einige Beispiele zu nennen. Dabei trennt sich genau dort die Spreu vom Weizen. In Städten und Ballungszentren sind alle Netzbetreiber bemüht, einen möglichst guten Ausbau - auch mit LTE - zu realisieren. Wer aber investiert in die Flächendeckung und sorgt auch auf dem platten Land für mobiles Highspeed-Internet?

Auf diesen Strecken waren die Chip-Tester unterwegs Auf diesen Strecken waren die Chip-Tester unterwegs
Foto: Chip
Wir haben uns im Rahmen unseres diesjährigen Netztests auch die Abdeckungskarten von Telekom, Vodafone und Telefónica angesehen und dabei festgestellt, dass vor allem bei der Telekom der LTE-Ausbau in die Fläche gegenüber dem vergangenen Jahr Fortschritte gemacht hat, während bei Vodafone hier fast Stillstand herrschte, wobei die Düsseldorfer dafür in eine noch bessere 4G-Abdeckung in den Ballungsgebieten investiert haben.

Telefónica hat später mit dem LTE-Ausbau begonnen, sodass der Versorgungsgrad noch hinter den Mitbewerbern zurückbleibt. Dafür verfügt der Münchner Mobilfunk-Netzbetreiber immerhin über ein auch in vielen ländlichen Regionen ordentlich ausgebautes UMTS-Netz, dessen Technik nicht mehr ganz zeitgemäß sein mag, aber dennoch für viele Anwendungen ausreicht, sofern der Betreiber eine brauchbare Performance bereitstellt.

Wo befinden sich noch Funklöcher?

connect hat neben Deutschland auch in Österreich und der Schweiz die Mobilfunknetze getestet connect hat neben Deutschland auch in Österreich und der Schweiz die Mobilfunknetze getestet
Foto: connect
Die Berücksichtigung ländlicher Regionen bei den Netztests würde auch Funklöcher aufdecken, die es auch im Jahr 2017 noch gibt, was in der Natur der Sache eines Mobilfunknetzes liegt. So müssen Kunden beispielsweise auf der Bundesstraße 37 zwischen Bad Dürkheim und Kaiserslautern teilweise noch gänzlich auf Mobilfunk verzichten - in allen Netzen.

Welcher Betreiber hat in welcher Region noch die meisten Defizite bei der Abdeckung? Wer investiert wo noch in den GSM-Ausbau, um weitere Funklöcher zu schließen? An welchen Standorten hat sich die Versorgung möglicherweise sogar verschlechtert? Diesen Fragen sollten die Netztests in den kommenden Jahren ebenso nachgehen wie den Veränderungen in den Gegenden, in denen schon bisher getestet wurde.

Ebenfalls spannend ist die Funkversorgung ohne Berücksichtigung des LTE-Standards, da vor allem in den Netzen von Telekom und Vodafone noch viele Kunden auf den 4G-Zugang verzichtet haben. Wir haben im vergangenen Jahr einen Netztest speziell für UMTS durchgeführt und berichten in einer weiteren Meldung über die dabei gemachten Erfahrungen.

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