Hintergrund

Zeiss zur Nokia-9-Kamera: "Vor kurzem noch unmöglich"

Das Nokia 9 PureView ist das erste Handy mit einer Array-Kamera. Zeiss-Projektleiter Oliver Schindelbeck erzählt teltarif.de über die Hintergründe.
Von Wolfgang Korne

Nokia wäre gerne schon früher mit der Kamera auf den Markt gekommen, aber hinter dem Projekt steckt ein immenser Entwicklungsaufwand. Nicht nur die Anfangs fehlende Rechenpower machte die Entwicklung schwierig, auch die entsprechenden Algorithmen zu entwerfen, die aus fünf getrennten Kamerabildern das optimale Einzelbild herausholen. „Die Optiken haben einen kleinen Versatz und nehmen zudem mit leicht unterschiedlichen ISO und Belichtungswerten auf. All das musste berücksichtigt werden“, gibt Schindelbeck zu bedenken.

Dabei drängte die Zeit. Je länger der Einstieg in den Markt dauerte, desto schwieriger wurde er, erzählt Schindelbeck. „Vor ein paar Jahren hatten die Leute noch wenige Ansprüche an ihre Handy-Cam. Da wäre es sehr einfach gewesen mit einer solchen Innovation zu punkten. Aber heute sind die Kunden es gewohnt, dass ihre Handy-Kamera sehr gute Ergebnisse liefert. Für viele hat das Smartphone die Kompaktkamera schon ersetzt“. Weswegen sich Nokia und Zeiss keinen Fehler erlauben durften. Die neue Technik muss gleich zu Anfang zu hundert Prozent funktionieren. Die Menschen für die Kamera zu begeistern wird aber trotzdem nicht einfach. Denn solche Dinge wie eine Tiefenkarte werden eben hauptsächlich engagierte Fotografen interessieren. Die breite Masse wird möglicherweise nur an den Schnappschussqualitäten des Nokia 9 PureView interessiert sein.

Die Technik hat Potenzial

Die wird sich auch eher von einer hohen Pixel-Auflösung beeindrucken lassen. „Ich sehe derzeit einen klaren Trend, der wieder hin zu hochauflösenden Sensoren im Bereich um die 40 Megapixel geht“, sag Schindelbeck. Die Array-Kamera ist hier vorläufig auch noch durch die Rechenpower beschränkt.

Aber ihre Entwicklung steht noch ganz am Anfang. „Die Technik hat enormes Potenzial“ glaubt Schindelbeck. Die Bauhöhe der Kameras ist sehr klein. Dadurch können die Geräte sehr kompakt gebaut werden, ohne Kamerabuckel. So sind auch Kompaktkameras in ganz neuem Format denkbar. „Wenn die Rechenleistung noch besser wird, kann man sicher auch noch die Anzahl der Kameras erhöhen und dann etwa auch eine Hybrid-Lösung mit einem Teleobjektiv bauen“, denkt Schindelbeck schon mal über neue Projekte nach.

Die Light F16 könnte in naher Zukunft ein Update mit der Zeiss-Technik bekommen. Die Light F16 könnte in naher Zukunft ein Update mit der Zeiss-Technik bekommen.
Bild: Light
Möglicherweise könne die Technik auch in ein Produkt des Ko-Entwicklers Light integriert werden. Light hat im Wesentlichen bei der Berechnungsalgorithmik und Entwicklung der zusätzlich benötigten Hardware zur Berechnung mitgewirkt. Vor gut einem Jahr hatte das Unternehmen die mittlerweile ausverkaufte Light 16 in den europäischen Markt gebracht. Die Kamera kombinierte die Bilder von 16 Einzelkameras und bot einem Zoom von 28-150 mm Kleinbildäquivalent und sollte durch ihre Kompaktheit Spiegelreflexkameras Konkurrenz machen. „Aber“, so beeilt er sich hinzuzufügen, „konkrete Projekte gibt es hier noch nicht“.

Das gilt auch für eine neuartige Frontkamera, die unter dem Display montiert wird. Aber immerhin gibt es hier bereits erste Patente. teltarif.de berichtete.

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