Nokia managt digitalen Behördenfunk in Deutschland
Der finnische Netzwerkausrüster Nokia darf technische, Wartungs- und Managementdienste für das bundesweite BDBOS-Digitalfunknetz für die öffentliche Sicherheit erbringen. BDBOS ist die Abkürzung für Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.
Nokia hatte schon im Dezember 2020 erfolgreich angefangen, alle Dienstleistungs- und Logistikstandorte der Behördenfunker auszurüsten und startklar zu machen. Ferner wurden die Mitarbeiter von Nokia geschult und auf ihren Job vorbereitet.
Zunächst Vier-Jahres-Vertrag
Die Polizei funkt wie die Rettungsdienste, Feuerwehr und THW über das digitale Netz der BDBOS. Jetzt übernimmt Nokia Wartung und Service
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Zunächst wurde ein Vier-Jahres-Vertrag unterzeichnet. Nokia wird die "einsatzkritische" (Mission Critical) Kommunikationsinfrastruktur für die deutschen Behörden des öffentlichen Schutzes und der Katastrophenhilfe (PPDR) auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene unterstützen. Nokia soll über verschiedene "Managed Infrastructure Services" ein Höchstmaß an Netzverfügbarkeit sicherstellen.
Nokia wird auch die TETRA-Basisstationen updaten und das gesamte Netz auf das IP-Protokoll umstellen. Im Einzelnen geht es um mehr als 8000 technische Modifikationen. Nokia soll dazu beitragen, das Digitalfunk BOS-Netz von "TETRA TDM" (Trans European Trunking Radio Time Division Multiplex) auf IP zu migrieren. Dadurch soll die Systemarchitektur vereinfacht und die Flexibilität erhöht werden und sich verbundene Kommunikationssysteme besser integrieren lassen.
Frank Buddrus, Vizepräsident der BDBOS, lobt den Auftrag: "Mit seiner technischen Expertise, seiner Service-Erfolgsbilanz und seinen Kenntnissen im Bereich der öffentlichen Sicherheit wird Nokia dazu beitragen, die nächste Phase der Zukunft des BOS-Digitalfunknetzes zu bewältigen. Wir freuen uns auf die enge Zusammenarbeit mit Nokia, um die Standards für unseren Service für deutsche Bürger und Organisationen der öffentlichen Sicherheit noch weiter zu erhöhen."
Nokia übernimmt Service, Endgeräte und Wartung
Zusätzlich zu den technischen und wartungstechnischen Dienstleistungen wird sich Nokia um die Endgeräte kümmern, also Reparaturen, Software-Updates und auch den Bezug von Geräten von Fremdfabrikaten, die also nicht von Nokia selbst kommen müssen. Nokia dokumentiert das Netz und ist für den Netz-Service zuständig, dafür wurden genaue Regeln (Service Level Agreements) definiert. Nokia wird auch Produkte von Drittanbietern ins Netz in enger Abstimmung mit den Regulierungsbehörden integrieren.
Friedrich Trawoeger, bei Nokia für Cloud and Cognitive Services zuständig, ist mächtig stolz: "Das ist für Nokia sehr prestigeträchtig, als strategischer Partner mit der BDBOS am Digitalfunknetz zu arbeiten, was ein weltweit führendes PSDR-Kommunikationssystem (PSDR - Public Safety Digital Radio) ist. Zusätzlich zu unserem Dienstleistungs-Know-how werden wir auch unsere Erfahrung im Bereich der öffentlichen Sicherheit einbringen, die das Wissen um die spezifischen Prozess- und Verfahrensanforderungen beinhaltet, die für die Arbeit in einer hochkarätigen, missionskritischen öffentlichen Dienstumgebung unerlässlich sind. Wir freuen uns darauf, eine neue Ära für die BDBOS einzuläuten, indem wir unsere Rolle bei der Migration zu einer mehr IP-basierten Architektur spielen."
Holpriger Anlauf
Nach einer überaus holprigen Startphase hat das digitale Polizei- und Sicherheitsbehörden-Funk-Netz heute mehr als 962.000 Teilnehmer und wickelt jeden Monat etwa 47 Millionen Anrufe ab. Das Netz soll eine "schnelle, zuverlässige, landesweite und organisationsübergreifende Kommunikation" und die effiziente und sichere Durchführung komplexer Einsätze erleichtern - insbesondere in Krisen- und Katastrophensituationen ermöglichen.
Parallel dazu läuft aber immer noch das analoge BOS-Netz auf Frequenzen unterhalb des UKW-Rundfunkbereichs (ca. 85 MHz) und bei 170 MHz. Diese Technik ist noch analog, gilt als antik, aber auch robust. Die Funkgespräche lassen sich aber mit einfachsten Mitteln von "Dritten" abhören und waren auch der wesentliche Grund für die Einführung eines neuen Systems.
Anstatt sich als "Untermieter" kostengünstig auf bestehende Mobilfunksysteme wie "Chekker" (analoger Bündelfunk) oder den weltweiten GSM-Standard (GSM-BOS) aufzuschalten, bestanden die Behörden immer auf einer "eigenen Lösung", die viel Geld und einen Netzausbau bei Null erforderte und wesentlich länger als je gedacht dauerte.
Deutsches Netz ist größtes seiner Art
Das deutsche BDBOS-Netz ist - weltweit gesehen - das größte auf dem internationalen TETRA-Standard basierende Netz, das derzeit mehr als 4800 Basisstationen umfasst und eine Funkabdeckung für 99,2 Prozent der Bundesrepublik Deutschland bietet.
Nokia möchte die Behörden für öffentliche Sicherheit bei der Nutzung von Breitbandnetzen und digitalen Technologien unterstützen, um die Effektivität der Ersthelfer zu verbessern, Bedrohungen proaktiv zu begegnen und schnellere, fundiertere Entscheidungen zu treffen.
Wer ist Nokia?
Nokia Oy aus Finnland, ursprünglich als Hersteller von Gummistiefeln und Autoreifen gestartet, wurde mit der Produktion von Fernsehmonitoren und Mobiltelefonen (NMT, C-Netz und GSM ("D-Netz"/"E-Netz") weltweit bekannt und war lange Zeit Weltmarktführer, bis der Siegeszug der Touch-Screen-Smartphones verschlafen wurde. Daneben stieg Nokia früh in den Bau und die Planung von Netzen und Netzwerken und Netzsicherheit ein. Nach der Abtrennung von Nokia Mobile Phones an Microsoft fusionierte Nokia Networks mit Siemens Mobilfunk zu NSN (Nokia Siemens Networks) und erwarb später auch Alcatel-Lucent und "erbte" damit die renommierte Technologie-Schmiede "Bell Labs".
Die Smartphones und Handys unter dem Markennamen "Nokia" werden von dem Unternehmen HMD Global (gegründet von ehemaligen Nokia Mitarbeitern) hergestellt und vertrieben, die eine Lizenz besitzen, dafür den Markennamen Nokia zu nutzen.
Was ist die BDBOS?
Die Bundesanstalt für den Digitalfunk der öffentlichen Sicherheit (BDBOS) wurde am 2. April 2007 gegründet. Sie ist dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat unterstellt. Die Bundesanstalt hat ihren Hauptsitz in Berlin und verfügt über derzeit 770 Arbeitsplätze.
Sie ist verantwortlich für den Aufbau, den Betrieb und die Weiterentwicklung des öffentlichen Sicherheitsfunknetzes für BOS (Behörden und Organisation mit Sicherheitsaufgaben wie Polizei, Rettungsdienste, Feuerwehr, THW etc.), englisch Public Safety Digital Radio (PSDR). Das Netz wird gemeinsam von Bund und Ländern finanziert. Seit dem 1. Januar 2019 ist die Bundesanstalt auch für den Betrieb der Bundesnetze zuständig.
Apropos Sicherheit: Die EU möchte eine Obergrenze für Barzahlungen einführen.