Soziale Netzwerke

Polizei setzt bei Verbrecherjagd auf WhatsApp & Facebook

Niedersachsens Polizei ist Pionier der Facebook-Fahndung. Rund 650 Suchaufrufe nach unbekannten Tätern oder vermissten Personen hat das Landeskriminalamt seit 2012 gepostet.
Von Marleen Frontzeck-Hornke mit Material von dpa

Digitale Verbrecherjagd: Was nützen Facebook und Co. der Polizei? Digitale Verbrecherjagd: Was nützen Facebook und Co. der Polizei?
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Im Juni vor fünf Jahren ging die niedersächsische Polizei zum ersten Mal mit einer zentralen Facebook-Seite auf Verbrecherjagd und war damit Vorreiter in Deutschland. Die Terrorgefahr der jüngsten Zeit macht die sozialen Medien für die Ermittler unverzichtbar - beim Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt Ende 2016 informierte die Polizei die Bürger fortlaufend über Twitter. "Die Polizei muss schon vorher eine gewisse Menge an Followern aufbauen, um in Krisensituationen möglichst viele Menschen zu erreichen", sagt der Cyber-Kriminologe Thomas-Gabriel Rüdiger von der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg. Der Experte ist überzeugt: "Die Polizei muss sich noch viel intensiver mit den sozialen Medien auseinandersetzen."

Die Zahl der Polizeiaccounts bei Facebook und Twitter ist in die Höhe geschnellt: 2016 waren es bundesweit etwa 90, Anfang 2017 schon 216. Aktuell schätzt Rüdiger die Zahl auf etwas unter 300, im Vergleich zu den meisten europäischen Nachbarn seien es jedoch wenige. In den Niederlanden gibt es dem Experten zufolge knapp 2400 Polizei­accounts. Der Leiter der Polizeiinspektion Leer/Emden 1, Johannes Lind, twittert sogar individuell.

Aufrufe werden auf Polizeiserver gespeichert

Digitale Verbrecherjagd: Was nützen Facebook und Co. der Polizei? Digitale Verbrecherjagd: Was nützen Facebook und Co. der Polizei?
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Die vom Landeskriminalamt betriebene Facebook-Fanpage der niedersächsischen Polizei hat inzwischen über 53 000 Likes und Followers. Sie werden mit "liebe Helfer(innen)" oder "liebe Supporter(innen)" angesprochen, der Ton ist locker. Die Beamten posten Fahndungsaufrufe mit Bildern aus Überwachungs­kameras nach Überfällen oder Geldautomaten­sprengungen. Berichtet wird auch von Festnahmen, verbunden mit "vielen Dank für die Mithilfe". Wegen rechtlicher Bedenken werden die Aufrufe auf einem Polizeiserver gespeichert und nur verlinkt. Sie sehe die Nutzung sozialer Medien von Behörden und Kommunen "nach wie vor sehr kritisch", sagt Niedersachsens Landes­datenschutz­beauftragte Barbara Thiel.

Von 650 Veröffentlichungen auf der zentralen nieder­sächsischen Seite führten laut LKA 216 zur Identifizierung des Tatverdächtigen beziehungsweise gesuchten Vermissten. "In 32 Fällen ging der entscheidende Hinweis belegbar nach der Veröffentlichung bei Facebook ein", sagt LKA-Sprecher Hans Retter.

Unterhaltung spielt eine große Rolle

Bei den Facebook-Auftritten von örtlichen Polizeien geht es häufig auch um Präventions­kampagnen, Sportwettkämpfe oder spaßige Meldungen, letztere mit großer Resonanz. So schlug der Polizei Osnabrück eine Welle von Sympathie entgegen, als sie Anfang Januar via Facebook den Besitzer eines vor einer Wache abgestellten Bobbycars suchte. Auch die Meldung "Falschparker stellt sich" mit dem Bild des dreijährigen Bobbycar-Eigentümers wurde fast 7000 Mal geliked.

Unterhaltung spielt eben eine große Rolle in den sozialen Medien. Die Polizei in Frankfurt am Main ist Pionier auf Instagram - auch dort findet der süße junge Drogenspürhund den meisten Anklang. Das bei Kindern und Jugendlichen beliebte Instagram werde auch bei der Polizei den Kanon um Twitter und Facebook erweitern, glaubt Experte Rüdiger. "WhatsApp hingegen nutzen annähernd alle von jung bis alt. Daher wäre es eine logische Schlussfolgerung den Messenger-Dienst vermehrt für polizeiliche Themen zu nutzen."

Der Cyber-Kriminologe fordert zudem einen breiten gesell­schaftlichen Austausch über die Präsenz der Polizei - und damit des Rechtsstaats - im öffentlichen digitalen Raum. "Das Internet ist für viele Menschen ein gefühlt rechtsfreier Raum. Zum Beispiel bei der Bekämpfung von Volksverhetzung im Internet - dem sogenannten Hatespeech - wäre daher eine Debatte etwa über virtuell sichtbare Polizeistreifen sinnvoll."

Die Polizei in Bayern arbeitet mehr mit digitalen Helfern. Dabei wollen die Beamten wohl nicht nur fremde Messenger, sondern künftig auch eigene Dienste einsetzen. So wurde erst kürzlich der Startschuss für einen Messenger-Dienst für Streifenbeamte bekannt gegeben. Dieser Dienst wird von Sever gesteuert und soll einen besonders sicheren Schutz vor den Zugriff durch Unbefugte haben. Die Datensicherheit sei der Polizei zufolge bei dem Messenger-Dienst sehr wichtig. Die entsprechende Serverstruktur stammt dabei von Vodafone. Weitere Informationen dazu erhalten Sie in einem separaten Artikel: Polizei setzt auf Messenger-Dienst.

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