Telefónica: Spaniens Regierung will selbst zehn Prozent
Nachdem bekannt wurde, dass die Saudi Telekom bei der spanischen Telefongesellschaft "Telefonica S.A." mit bis zu 9,9 Prozent einsteigen möchte, kontert die spanische Regierung bei der größten Telefongesellschaft des Landes mit dem eigenen Kauf von Aktien.
Die spanische Staatsholding SEPI (Sociedad Estatal de Participaciones Industriales) solle zehn Prozent an Telefónica erwerben, wurde gestern in einer Mitteilung des Unternehmens an die Börse bekannt gegeben. Bereits im November, zwei Monate nach dem angekündigten Einstieg des im Besitz des saudischen Staates befindlichen Unternehmens, hatte die spanische Regierung eine Prüfung von Aktienkäufen angekündigt.
Telefónica ist kritische Infrastruktur
Nach dem geplanten Einstieg von Saudi Telecom bei Telefónica möchte sich auch der spanische Staat mit 10 Prozent beteiligen.
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Telefónica gilt in Spanien als Teil der kritischen Infrastruktur. In Deutschland ist Telefónica unter der Marke o2 vertreten. Anfang September hatte Saudi Telecom mitgeteilt, über den Kauf von Aktien und "Finanzinstrumenten" für 2,1 Milliarden Euro eine Beteiligung von 9,9 Prozent erworben zu haben. Tatsächlich gekauft hat das Unternehmen zunächst nur 4,9 Prozent.
Seine "Finanzinstrumente" über weitere 5 Prozent will der saudische Konzern erst ausüben, wenn die behördlichen Genehmigungen vorliegen. Damit würde Saudi Telecom auf einen Schlag zum mit Abstand größten Aktionär des Konzerns.
Keine Kontrolle oder Mehrheitsbeteiligung geplant?
Eigentlich dürfen ausländische Investoren in Spanien ohne Beschränkungen bis zu 9,9 Prozent an börsennotierten Unternehmen erwerben. Bei Betreibern sogenannter "kritischer Infrastruktur" kann die Regierung aber schon eine geringere Beteiligung von ihrer Zustimmung abhängig machen.
Der saudische Telekomkonzern hatte betont, keine Kontrolle über Telefónica und keine Mehrheitsbeteiligung anstreben zu wollen. Telefónica hatte die Annäherung des arabischen Investors als "freundlich" bezeichnet.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die spanische Telefongesellschaft Telefónica ging aus dem ehemaligen staatlichen "Incumbent" Telefónica hervor, ist also mit der ehemaligen Deutschen Bundespost Telekom gut vergleichbar. (Als "Incumbent" bezeichnet man eine große, früher monopolistische, oft noch marktbeherrschende, ehemalige oder noch staatliche Telefongesellschaft eines Landes). Telefónica ist nicht nur in Spanien, sondern auch in vielen Ländern Südamerika und noch einigen Ländern Europas aktiv, in Deutschland unter dem Markennamen "o2". Telefónica war nach der Entstaatlichung bislang rein privatwirtschaftlich organisiert.
Jetzt kauft sich der spanische Staat seine Minderheitsbeteiligung um Zugriff auf "kritische Infrastruktur" zu haben. Die politischen Systeme von Spanien und Saudi Arabien sind stark unterschiedlich und Insider rätseln seit einiger Zeit, was man in Riad mit der Beteiligung in Spanien genau vorhat.
Schauen wir auf Deutschland. Hier gehören aktuell 30,4 Prozent der Deutschen Telekom dem deutschen Staat, die über die KfW-Bank (mit 16,6 Prozent) und vom Bund (mit 13,8 Prozent) direkt gehalten werden.
Immer wieder waren Forderungen aufgetaucht, diesen Anteil komplett zu verkaufen, die Telekom wäre dann eine private Gesellschaft, wie viele andere. Damit würde sich jede Form von "Sonderbehandlung" verbieten, was den weitaus kleineren Konkurrenten im Markt gut gefallen würde.
Realistisch könnte der deutsche Bundesanteil auf 25 Prozent plus 1 Aktie reduziert werden. Gerade in politisch turbulenten Zeiten ist Infrastruktur ein kritisches Thema und es gibt Strukturen und Angebote, die sinnvoll, notwendig oder politisch gewollt sind, auch wenn sie sich betriebswirtschaftlich überhaupt nicht rechnen.
Für die Hüter der Marktwirtschaft mag eine Null-Verschuldung ein spannendes Ziel sein. Schnelle Leitungen, leistungsfähige Server, gute IT-Ausbildung bei Lehrern und Schülern, zuverlässig befahrbare und mit Mobilfunk versorgte Bahngleise werden aber jetzt und hier und heute gebraucht. Vielleicht gelingt es Digitalminister Wissing seinem Parteifreund und Finanzminister Lindner, das besser zu vermitteln.
Die EU ist der Ansicht, dass Glasfasernetze viel schneller kommen müssten.