Joint-Venture

Spanien: Gehen Orange und MásMóvil zusammen?

Der brutale Preis­kampf könnte in Spanien zur Konso­lidie­rung führen. Die Anbieter Orange und MásMóvil würden gerne fusio­nieren. Was meint die Euro­päi­sche Kommis­sion dazu?
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Der fran­zösi­sche Tele­kom­muni­kati­ons­kon­zern Orange (vormals France Télécom) hat am Dienstag bestä­tigt, dass aktuell Gespräche über eine Fusion der spani­schen Toch­ter­gesell­schaft mit seinem bishe­rigen Konkur­renten MásMóvil laufen.

Das Ziel sei ein Joint Venture zu glei­chen Teilen. Damit solle ein Anbieter geschaffen werden, der auf dem hart umkämpften spani­schen Markt besser konkur­rieren könnte.

Seit Monaten im Gespräch

Die spanischen Anbieter MásMóvil und Orange würden gerne fusionieren. Die spanischen Anbieter MásMóvil und Orange würden gerne fusionieren.
Logos: MásMóvil/Orange, Montage: teltarif.de
Seit Monaten wurde über diese "Fusion" speku­liert. Es geht um einen Unter­neh­mens­wert von 19,2 Milli­arden Euro, im Spiel sind mehr als 20 Millionen Mobil­funk-, 7 Millionen Fest­netz- und fast 1,5 Millionen TV-Kunden. Das fusio­nierte Joint-Venture wäre in Punkto Kunden­zahl in Spanien dann der Markt­führer vor dem "Incum­bent" Telefónica.

7,5 Milli­arden Umsatz und 450 Millionen Synergie?

Orange schätzt, dass das neue Unter­nehmen mehr als 7,5 Milli­arden Umsatz machen und ab dem dritten Jahr nach Vollzug der Trans­aktion jähr­lich mehr als 450 Millionen Euro an Syner­gien einspielen könnte.

Die Verein­barung sieht auf Wunsch von Orange die Möglich­keit vor, das neue Unter­nehmen an die Börse zu bringen.

Mit der geplanten Fusion verab­schiedet sich Orange-Konzern­chef Stephane Richard dann von der Bühne. Das Joint Venture mit MásMóvil sei "in der Lage, die notwen­digen Inves­titionen zur Weiter­ent­wick­lung des spani­schen Marktes" frei­zulegen.

Wer ist MásMóvil?

Aktuell befindet sich MásMóvil, die bei Touristen beispiels­weise durch die Marke Yoigo bekannt wurden, im Besitz einer in London ansäs­sigen Lorca JVCO Unter­neh­mens­gruppe, seitdem der Betreiber Ende 2020 von den Kapi­tal­fonds Cinven, KKR und Provi­dence über­nommen wurde.

50:50 Joint-Venture geplant

Zuvor war vorge­schlagen worden, das Eigentum des neuen Unter­neh­mens zwischen den beiden Part­nern zu glei­chen Teilen aufzu­teilen. Beiden Gruppen gehen davon aus, die Verein­barung im zweiten Quartal zu unter­zeichnen und die Trans­aktion ein Jahr später zu fina­lisieren. Aller­dings dürften die die spani­schen und euro­päi­schen Wett­bewerbs- und Regu­lie­rungs­behörden noch ein Wört­chen mitreden wollen.

Das Joint Venture würde ein "state-of-the-art" FTTH-Glas­faser-Netz für ganz Spanien haben, das über 16 Millionen Haus­halte errei­chen könnte. Das Mobil­funk­netz hätte "full national coverage" und könnte große Daten­volumen auf dem spani­schen Markt liefern.

Was meint die EU-Kommis­sion?

Ob die Euro­päi­sche Kommis­sion diese Mega-Fusion durch­winkt, könnte am Ende der Stol­per­stein sein. Dort wollte man bisher in jedem Land maximal viele Wett­bewerber, um die Preise günstig zu halten.

Welche Auswir­kungen hätte die Fusion?

Kester Mann, Analyst bei CCS Insight, glaubt, dass es "der erste große Test für die Lust der Regu­lie­rungs­behörden auf eine Markt-Konso­lidie­rung seit der Pandemie ist". Sie könnte "eine Reihe von Alli­anzen in anderen Märkten wie Italien, Portugal oder Groß­bri­tan­nien auslösen", sofern sie geneh­migt wird.

Sollte die Verein­barung zwischen Orange und MásMóvil funk­tio­nieren, wäre das ein Rück­schlag für den akti­vis­tischen Investor Cevian Capital, der schon einige Zeit die Voda­fone-Gruppe unter Druck setzt, ihre Akti­vitäten auf verschie­denen Märkten zu konso­lidieren.

Voda­fone Spanien wollte auch fusio­nieren

Voda­fone-CEO Nick Read hatte kürz­lich erklärt, dass sein Unter­nehmen proak­tive Schritte zur Markt­kon­soli­die­rung unter­nehme, obwohl er das jüngste Angebot von Iliad in Italien abge­lehnt hatte.

Alle Markt­teil­nehmer dürften eine Konso­lidie­rung auf dem spani­schen Markt als gute Nach­richt ansehen. Sowohl bei Orange als auch bei Voda­fone war der harte Wett­bewerb beklagt worden. Das habe die Unter­nehmen gezwungen, Personal abzu­bauen und "struk­turelle Verän­derungen" vorzu­nehmen, um ihre jewei­ligen Toch­ter­gesell­schaften neu auszu­richten.

Orange hatte im Juli 2021 noch mit einer starken Wert­abschrei­bung aufgrund der aktu­ellen Wett­bewerbs­situa­tion gerechnet.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Der Preis­krieg auf dem spani­schen Markt ist brutal. Alle Kunden, die Mobil­funk­preise gene­rell für "über­höht" halten, freut es natür­lich.

Wenn aber gar kein Geld mehr verdient wird, leidet am ehesten die Netz­qua­lität, weil Netz­ausbau erst einmal viel Geld kostet, und das Geld fehlt dann auch beim Kunden­ser­vice.

Aus vier mach drei mach vier?

In Deutsch­land führte der Preis­krieg bekannt­lich zur Fusion von E-Plus und o2. Da waren es nur noch drei Anbieter. Die Politik wünschte sich aber vier. Ob der vierte deut­sche Anbieter 1&1 einen neuen Preis­krieg entfes­selt oder ob der Start wie gewünscht klappt, weiß derzeit noch niemand.

Zurück nach Spanien: Für Voda­fone sieht es dort ungünstig aus, da sie sich nun gegen eine mäch­tige Orange-MásMóvil und gegen den "incum­bent" Anbieter Telefónica behaupten müssen. Entweder kauft ein in Spanien bislang nicht aktiver Investor das ganze Unter­nehmen oder betei­ligt sich wenigs­tens daran oder Voda­fone stellt den Betrieb in Spanien einfach ein.

Sollte die EU-Kommis­sion oder die spani­sche Kartell­behörde die Fusion von Orange und MásMóvil unter­sagen, könnte viel­leicht Voda­fone neu ins Spiel kommen.

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