Mediennutzung: Pay-TV in Europa auf Wachstumskurs
In den USA kündigen immer mehr Zuschauer ihre Pay-TV-Abonnements und wechseln zu Netflix, HBO Max und Disney. In Europa sieht es jedoch ganz anders aus, hier verbuchen Pay-TV-Anbieter wie Sky regen Zulauf. Doch wie lässt sich dieser völlig gegenläufige Trend erklären? Mit dieser Frage hat sich die renommierte Wochenzeitung "The Economist" (Paid) in einem aktuellen Beitrag näher beschäftigt. Dabei wird schnell deutlich, dass es dabei vor allem um Preise und Inhalte geht, welche sich zumindest derzeit noch grundlegend zwischen beiden Märkten unterscheiden.
Höhere Kosten in den USA
In den USA ist Kabelfernsehen generell teurer als in Europa. Rechnungen von 100 US-Dollar im Monat für den Anschluss und entsprechend zugebuchte TV-Pakete sind dort keine Seltenheit. Allein schon deshalb haben sogenannte "Cord Cutter" auf der anderen Seite des Atlantiks gehörigen Aufschwung. Dabei handelt es sich um Kunden, die ihren Kabelanschluss für ein deutlich günstigeres Streaming-Abonnement kündigen.
Streaming-Zweckehe: ViacomCBS-Chefin Shari Redstone und Comcast-CEO Brian Roberts
Foto: Fox Business
Diese Abos liegen preislich auch in den USA in der Regel bei unter zehn Euro im Monat, weshalb sich solche Angebote für viele US-Haushalte lohnen. Hinzu kommt der Umstand, dass die Lizenzsituation für Pay-TV-Anbieter in Amerika deutlich komplizierter ist. Alle Major Studios haben dort bereits wichtige Inhalte auf ihre eigenen Plattformen abgezogen, weshalb sich die hohen Monatspreise noch weniger rechtfertigen lassen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist außerdem, dass die Studios in Europa stärker mit Pay-TV-Anbietern kooperieren, anstatt mit ihnen zu konkurrieren. Ein Beispiel hierfür ist Sky: Das Unternehmen hatte erst kürzlich ein umfassendes Abkommen mit ViacomCBS geschlossen. So erhalten Abonnenten in Deutschland kostenfreien Zugriff auf dessen neuen Streaming-Dienst "Paramount+", außerhalb der Sky-Kernmärkte gehen Comcast und ViacomCBS im kommenden Jahr mit einem neuen Streamer names "SkyShowtime" an den Start.
Abos in Deutschland werden günstiger
Ein ganz entscheidender Grund für die positive Entwicklung von Pay-TV in Europa dürfte allerdings nicht zuletzt auch der fallende Preis sein. So hat vor allem der zunehmende Wettbewerb durch US-Streamer zu einer deutlichen Veränderung der Vertragskonditionen bei Sky geführt. Zweijahresverträge sind dort mittlerweile Vergangenheit, Abonnenten können nun selbst bei Premium-Angeboten nach einem Jahr Mindestlaufzeit zum Monatsende kündigen.
Als Reaktion auf die Marktentwicklungen hatte Sky außerdem vor längerer Zeit ein eigenes, monatlich kündbares SVoD-Produkt unter der Marke Sky Ticket gelauncht. Mit dem potenziellen Start von HBO Max in Europa wird sich der Wettbewerb nochmals verschärfen, was voraussichtlich weitere Preissenkungen zur Folge hat. Sehr wahrscheinlich ist, dass sich Pay-TV-Anbieter unter dem bestehenden Wettbewerbsdruck sogar vollständig von Mindestvertragslaufzeiten verabschieden.
Pay-TV kein Auslaufmodell
Selbst wenn es immer wieder von Marktbeobachtern prophezeit wird: Lineares Premium-Pay-TV hat voraussichtlich auch in Zukunft einen festen Platz in der Medienlandschaft. Viele Zuschauer lassen sich nach wie vor gerne vom Programm berieseln, sind auf der anderen Seite aber auch nicht mit der Qualität von werbefinanziertem Privatfernsehen zufrieden. Hinzu kommt der technische Aspekt: Pay-TV funktioniert nach wie vor ohne Breitbandanschluss über Kabel und Satellit.
Last but not least ist vor allem das umfassende Angebot an Livesport ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. So setzt Sky insbesondere auf sein Zugpferd Formel 1, wohingegen auf der anderen Seite viele Rechte im Bereich Fußball an den Streaming-Mitbewerber DAZN gingen. Für Sky wird also in Zukunft viel davon abhängen, vor allem mit Sport zu punkten. Bei Filmen und Serien hingegen dürfte die Luft im Wettbewerb zunehmend dünner werden, denn die Major Studios haben nichts zu verschenken.
Die Übernahme von Sky durch Comcast hat in Unterföhring zu vielen Veränderungen geführt.